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Veröffentlicht am 29.07.2025 12:55, aktualisiert am 29.07.2025 15:36

Wassercent kommt: Rund fünf Euro Kosten pro Person und Jahr

Wasser kostet in Bayern künftig etwas mehr - das hat das Kabinett von Markus Söder beschlossen. (Foto: Peter Kneffel/dpa)
Wasser kostet in Bayern künftig etwas mehr - das hat das Kabinett von Markus Söder beschlossen. (Foto: Peter Kneffel/dpa)
Wasser kostet in Bayern künftig etwas mehr - das hat das Kabinett von Markus Söder beschlossen. (Foto: Peter Kneffel/dpa)

Die Menschen in Bayern müssen ab Mitte 2026 mit zusätzlichen Wasser-Kosten von durchschnittlich rund fünf Euro pro Jahr rechnen. Nach jahrelangen Diskussionen brachte das Kabinett nun den mühsam ausgehandelten Gesetzentwurf zur Einführung eines sogenannten Wassercents auf den Weg. „Es dient dem Schutz des Wassers“, sagte Ministerpräsident Markus Söder (CSU).

Konkret soll künftig jeder, der im Freistaat Grundwasser entnimmt oder verbraucht, eine Abgabe von einheitlich zehn Cent pro Kubikmeter dafür bezahlen müssen. Es gibt aber eine Freimenge, von der unter anderem Unternehmen profitieren, sowie eine ganze Reihe von Ausnahmen. Daran und an einer fehlenden Zählerpflicht gibt es weiterhin breite Kritik.

Wer muss den Wassercent bezahlen?

Grundsätzlich gilt: Alle Entnehmer und Verbraucher von Wasser müssen die neue Gebühr bezahlen, also Wasserversorger, Wasserzweckverbände und Nutzer eigener Brunnen, auch Unternehmen und die Industrie. Entgeltpflichtig sind dabei Entnahmen über einer Freimenge von 5.000 Kubikmeter pro Jahr. 

Privatpersonen wird der Wassercent nicht direkt in Rechnung gestellt, sondern dem Wasserversorger - der das Entgelt aber auf die Kunden umlegen dürfte. Deren Belastung hält sich in Grenzen: Gemessen am durchschnittlichen Wasserverbrauch von knapp 140 Liter pro Person und Tag kommen auf Privathaushalte rund fünf Euro pro Person und Jahr an zusätzlichen Kosten zu. Fällig werden soll der neue Wassercent mit Wirkung zum 1. Juli 2026.

Welche Ausnahmen gibt es?

Zum einen gibt es die genannte Freimenge von 5.000 Kubikmetern pro Jahr - das heißt, man zahlt erst für die Menge, die die 5.000 Kubikmeter übersteigt. Privatpersonen profitieren davon nicht: Die Freimenge gilt nicht für den einzelnen Kunden, sondern für den Wasserversorger, für Wasserzweckverbände und Nutzer eigener Brunnen sowie für Unternehmen und die Industrie.

Zum zweiten werden für bestimmte Wassernutzungen gar keine zusätzlichen Gebühren erhoben, etwa für Entnahmen für den „landwirtschaftlichen Hofbetrieb“, für die Wasserversorgung von Nutztieren, für die Fischerei, zum Kühlen oder für die Nutzung erneuerbarer Energien wie Wärmepumpen.

Konkret heißt das für Landwirte: Für das Wasser, das sie auf dem Hof etwa für ihre Tiere brauchen, müssen sie den Wassercent nicht bezahlen - wohl aber für die Bewässerung ihrer Felder. Auch für Oberflächenwasser, etwa von Flüssen oder Seen, wird kein Entgelt fällig - außer es wird für die Trinkwassergewinnung verwendet.

Wie wird der Verbrauch ermittelt?

Daran gab und gibt es viel Kritik, doch die Koalition blieb dabei: Eine flächendeckende Verpflichtung zum Einbau von Zählern, wie sie in Privathaushalten üblich sind, gibt es nicht. Es genüge „die Glaubhaftmachung der tatsächlich entnommenen Menge an Wasser“, heißt es im Kabinettsbericht. Und: Es gelte „der Grundsatz von Vertrauen und Selbstverantwortung“.

Wofür werden die Einnahmen verwendet?

Die Einnahmen sollen streng zweckgebunden verwendet werden: etwa für den allgemeinen Wasser- und Trinkwasserschutz, für Projekte zur Verbesserung der Wasserqualität oder nachhaltige Bewässerungsmaßnahmen. Söder bezifferte die erwarteten Wassercent-Einnahmen auf rund 80 Millionen Euro pro Jahr.

Was regelt der Gesetzentwurf noch?

Um die Versorgung zu sichern, wird festgelegt, dass Wasserentnahmen „zum Zwecke der öffentlichen Trinkwasserversorgung“ Vorrang vor anderen Nutzungen haben. Und: Wenn jemand eine wasserrechtliche Erlaubnis zur Grundwassernutzung hat und diese weitergeben will, müssen künftig die Behörden darüber informiert werden. „Wer ein Wassergewinnungsrecht hat, kann das nicht handeln“, sagte Umweltminister Thorsten Glauber (Freie Wähler). „Wasser kann und wird in Bayern nicht privatisiert werden.“

Beim Hochwasserschutz will das Kabinett das Tempo weiter steigern: Für Hochwasserschutzmaßnahmen wird ein „überragendes öffentliches Interesse“ festgelegt, sie bekommen also bei Planungen mehr Gewicht. Zudem sollen Kommunen künftig auf eigene Kosten Hochwasserschutzmaßnahmen umsetzen können, auch wenn eigentlich der Staat zuständig wäre, es dort aber dauert.

Das kritisiert der Bayerische Gemeindetag scharf: Damit würden Kommunen unter massiven Handlungsdruck gesetzt, während sich der Freistaat seiner Pflicht entziehe - und das in Zeiten leerer kommunaler Kassen. Man behalte sich vor, das Vorhaben des Freistaats rechtlich prüfen zu lassen.

Kompromiss nach langem Streit - aber viel Kritik

Den Wassercent gibt es schon in 13 Bundesländern, teils seit vielen Jahren. Die Höhe ist sehr unterschiedlich und reicht bis zu rund 30 Cent pro Kubikmeter. In Bayern dagegen hatten sich die Koalitionspartner CSU und Freie Wähler nach langem Streit erst im Dezember auf Eckpunkte für den neuen Wassercent verständigt. Doch an dem Kompromiss gab es postwendend Kritik - etwa weil Betriebe und Private bei den Freimengen ungleich behandelt würden.

Und die Kritik ebbt weiterhin nicht ab, von verschiedensten Seiten: vor allem daran, dass die Freigrenze zu hoch sei und es keine Zählerpflicht gibt. „Alle Wasserentnahmemengen aus öffentlichen und privaten Brunnen müssen gemessen werden“, verlangt beispielsweise der Bayerische Gemeindetag - schon allein, um dem Grundsatz der Gleichbehandlung Rechnung zu tragen.

Der Bund Naturschutz kritisiert, weil viele industrielle und landwirtschaftliche Betriebe unter der Freigrenze lägen, könne der Wassercent keine echte Lenkungswirkung entfalten - zumal es auch noch viele Ausnahmen geben solle.

© dpa-infocom, dpa:250729-930-851887/2


Von dpa
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