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Veröffentlicht am 05.01.2023 10:41

Kunstwerke als Zeitdokumente

Viele der in der Johanniterscheune präsentierten Exponate haben eine besondere Geschichte. Dr. Karl-Heinz Schneider lüftete bei der Führung einige Geheimnisse. (Foto: Margit Schwandt)
Viele der in der Johanniterscheune präsentierten Exponate haben eine besondere Geschichte. Dr. Karl-Heinz Schneider lüftete bei der Führung einige Geheimnisse. (Foto: Margit Schwandt)
Viele der in der Johanniterscheune präsentierten Exponate haben eine besondere Geschichte. Dr. Karl-Heinz Schneider lüftete bei der Führung einige Geheimnisse. (Foto: Margit Schwandt)

Rund 140 Rothenburg-Bilder, zwischen 1810 und 1970 von Künstlern gemalt, die zumindest zeitweise in der Stadt lebten, sind noch bis Sonntag in der Johanniterscheune zu sehen. So lange läuft auch die Spendenaktion für den Kauf eines Erich-Heckel-Werkes. Über dieses und andere Exponate hatte Dr. Karl-Heinz Schneider bei einer Führung viel zu erzählen.

Viele der Exponate seien Leihgaben aus Rothenburger Privatbesitz. Dazu kämen Bilder aus der Stiftung Mittelalterliches Kriminalmuseum, berichtete Schneider. Als besonders interessant bezeichnete er vier Innenansichten der Franziskanerkirche. Eine davon hat der Berliner Künstler Paul Graeb (1842–1892) um 1890 auf Leinwand in Öl gemalt.

Figuren detailliert dargestellt

Schneider verwies auf die exakte Abbildung des Säulendenkmals derer von Peulendorf, erläuterte die äußerst detaillierten Darstellungen der Figuren bis hin zum Opferstock und zeigte den Einfluss des Lichtes auf die romantische Stimmung und die Strahlkraft des Bildes. Mit „Ger. Jakobi-Gett“ ist ein Aquarell von 1917 signiert, das eine Innenansicht der Franziskanerkirche zeigt. Über den Künstler oder die Künstlerin finden sich keine weiteren Lebensdaten.

Stadtansichten sind zu bestaunen, dazu kleine Souvenirblätter, die gesammelt wurden und sich sogar auf dem Briefpapier wiederfinden. In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts hätten sich die Menschen zunehmend für die Natur begeistert, so Schneider. Diese Neigung habe sich auch in der Kunst wiedergefunden.

Als bemerkenswert wertete er auch eine vor 1873 entstandene Darstellung des Bahnhofs in Steinach von Hermann Reindel (1808–1880). Das sei ein Zeitdokument, denn der für den Fremdenverkehr so wichtige Bahnanschluss nach Rothenburg sei darauf noch nicht abgebildet. Reindel war Pfarrer von Ermetzhofen. Er schuf kleinformatige Bilder, auf denen er – fein ausgeführt in zeitüblicher Art – seine Umwelt festhielt.

Auch Mitbegründer des Künstlerbundes vertreten

Werke von drei Künstlern, die den Rothenburger Künstlerbund mit begründet haben, empfangen den Betrachter der Ausstellung im zweiten Stock. Es handelt sich um Gemälde von Peter Philippi (1866–1945), Rudolf Schacht (1900–1974) und Adolf Hosse (1875–1958). „In der Sommerfrische“ sei wohl das wichtigste Werk von Peter Philippi, gemalt von der Altane des „Hirschen“, mit verfremdeter Darstellung der Stadtsilhouette im Hintergrund, so Schneider.

Ein wenig steif sitzen sie da, die drei Personen, bei denen man die Beziehung zueinander nur erahnen kann, denn kommunikativ sind sie nicht. Die Faszination des Bildes ist die detaillierte Darstellung des Geschehens. Ein kaffeetrinkender, zeitunglesender Mann sitzt einer wohlfrisierten älteren Dame mit Haube gegenüber, die in ihrer Kaffeetasse rührt, an ihrer Seite ein weintrinkender, jüngerer Herr mit Hut und Nickelbrille.

Das karierte Muster des Stuhls ist genau abgebildet, dazu blühende Sommerpflanzen, die geschnitzten Tischbeine, die weiße Tischdecke mit erkennbarer Bügelfalte, unter dem Tisch ein Hund mit Halsband.

Beispiele für Genremalerei

Immer wieder überraschte Schneider die Teilnehmer der Führung mit außergewöhnlichen Perspektiven und spannenden Darstellungen der Künstler, so mit Erläuterungen zur Genremalerei, wie beispielsweise beim Ölbild „Der Feuerleinserker“ von Johann Lohse (1789-1860). Hier fügte der Künstler mehrere Motive zu einem neuen Ganzen zusammen, mit dem Pfarrhaus auf der linken Seite, einem nicht vorhandenen Querschiff und einem dünnen Treppenturm an der Jakobskirche, im Vordergrund der Feuerleinserker.

Werke der Klassischen Moderne sind ebenfalls zu bestaunen wie der „Blick vom Röderturm“ des aus Böhmen stammenden und in Rothenburg wirkenden Joseph Haburaj (1947-1996), der den Blick auf die Stadt großformatig in Acryl auf Leinwand gemalt hat.

Lange Vorbereitung lohnte sich

Fünf Jahre habe es gedauert, die Ausstellung vorzubereiten, so Schneider. Die Recherche der Biografien der Künstler habe etwa zwei Jahre beansprucht. Die Arbeit scheint sich gelohnt zu haben, denn rund 70 000 Besucher fanden bisher den Weg in die Johanniterscheune.

Am Abschlusstag der Sonderschau, also am Sonntag, 8. Januar, sind Interessierte zu einer Finissage eingeladen, die um 13.30 Uhr beginnt und eine weitere Themenführung mit Dr. Schneider beinhaltet. Bereits am Freitag, 6. Januar, wird um 10.30 Uhr zu einer Matinée in die Johanniterscheune gerufen.

Überweisungen und Barspenden möglich

Der Heckel soll bleiben – wer helfen will, die restliche Summe bis 8. Januar zusammenzubekommen, kann Geld in die Schatztruhe in der Johanniterscheune werfen oder überweisen – auf das Sparkassenkonto des Museums mit der IBAN-Nummer DE45 7655 0000 0007 0689 43 (Verwendungszweck „Heckel“).

Margit Schwandt

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