Zur Kirchweih 1963 schrieb ein Berichterstatter der Fränkischen Landeszeitung: „Die Lehrberger sind kluge Leute. Wenn die meisten Gemeinden weit und breit ihre Feste schon gefeiert haben, rüsten sie in der Marktgemeinde an der Rezat zur Kirchweih.”
„Mag hin und wieder auch ein herbstliches Lüftchen wehen und die Sonne schon etwas früher hinter dem Geißbuck versinken, was macht es einem fröhlichen Völkchen, das nach der Ernst und des Alltags Mühen das Fest der großen Dorffamilie feiert! Und die Lehrberger haben nicht weniger Grund dazu als die anderen, höchstens mehr, denn über 950 Jahr hat ihr altehrwürdiges Gotteshaus auf dem steinernen Buckel. Sein mächtiger Turm mit der kühn geschwungenen Haube ragt weit über den Rezatgrund, und das eherne Geläut wird auch an diesem Wochenende an den Ursprung und den Sinn des Festes erinnern und die Gemeinde zum Gottesdienst rufen.“
Der Berichterstatter beschreibt dann weiter das Wachsen der Marktgemeinde nach dem Zweiten Weltkrieg. „Längst jedoch begnügt sich Lehrberg nicht mehr mit den alten, aber adretten Häusern zu beiden Seiten der Bundesstraße 13, die in diesen Wochen eine Schlagader des Fremdenverkehrs ist. Der Ort klettert an den Hängen hinauf und wächst mit blitzsauberen Neubauten hinaus nach Buhlsbach. Die Rezat freilich hat weniger Wasser in diesen Monaten, aber sie schmückt sich so raffiniert mit Seerosen, dass es kaum auffällt.
An der Bahnlinie sind dabei die Masten für die Elektrifizierung der Hauptstrecke Würzburg–München zu setzen. Vor wenigen Wochen wurde ein neues, modernes Schulhaus eingeweiht, und in den nächsten Jahren werden die beiden gefährlichen Bahnübergänge der Straße nach Würzburg und nach Rothenburg verschwinden und durch eine großzügige Überführung ersetzt. Es gibt keinen Stillstand in Lehrberg. Die Marktgemeinde ist erfüllt von einem tatkräftigen und lebensstarken Optimismus.
Und dazu gehört, dass sie bei aller Arbeit und allem Fortschritt, trotz Fleiß und Sparsamkeit einmal im Jahr, an den Kirchweihtagen einlädt, dann können seine Besucher gewiss sein, woher sie auch kommen – dass sie aufgenommen werden in die fröhliche Gemeinschaft und das es ihnen an nichts fehlen wird, was zu einer Kirchweih gehört. Es ist an alles gedacht, ob es knusprig braun aus dem Backofen oder verführerisch duftend den Pfannen und Töpfen kommt, ob es in Maßkrügen schäumt oder in Gläsern funkelt – oder ob es vom Podium in alten und neuen Rhythmen schallt.“
Alexander Biernoth