Nach dem Skandal um Misshandlungsvorwürfe gegen Mitarbeiter der Justizvollzugsanstalt (JVA) in Augsburg-Gablingen wechselt das Justizministerium in München den zuständigen Abteilungsleiter aus. Wie ein Ministeriumssprecher sagte, werde der bisherige Leiter der Vollzugsabteilung im Ministerium künftig die Abteilung Haushalt, Bau, Organisation und Geschäftsstatistik leiten.
Neuer Chef der Vollzugsabteilung wird ab 1. August Hannes Hedke. Er war früher Pressesprecher des Ministeriums und ist aktuell Vizepräsident des Landgerichts München I. Gründe für den Wechsel, über den mehrere Medien berichtet hatten, wurden nicht genannt.
Die Augsburger Staatsanwaltschaft ermittelt seit einiger Zeit wegen verschiedener Vorwürfe gegen mehr als ein Dutzend Justizbedienstete aus Gablingen, auch gegen die frühere Anstaltsleiterin und ihre Stellvertreterin. Es geht hauptsächlich darum, ob Gefangene in speziellen Sicherheitszellen der JVA vom Personal misshandelt wurden. In diesen Räumen werden aggressive oder suizidgefährdete Häftlinge untergebracht.
Der bisherige Abteilungsleiter im Justizministerium hatte im Kontext der JVA Gablingen einen Disput mit der Nationalen Stelle zur Verhütung von Folter. Diese Anti-Folter-Kommission besucht unangemeldet Gefängnisse und andere Orte, an denen Menschen eingesperrt werden, um die dortigen Zustände zu dokumentieren. Grundlage ist ein UN-Übereinkommen gegen Folter.
Nachdem die Nationale Stelle im August 2024 die JVA nahe Augsburg besucht hatte, gab es seitens des Abteilungsleiters die Aufforderung, künftig von unangekündigten Besuchen abzusehen. Die Anti-Folter-Kommission wies dies empört zurück. Auch Justizminister Georg Eisenreich (CSU) distanzierte sich von seinem Mitarbeiter. Die „individuelle Äußerung“ des Abteilungsleiters entspreche nicht der Position des Ministers, schrieb Eisenreich an die Nationale Stelle.
Die Kommission hatte nach dem damaligen Besuch in Gablingen auch den Verdacht geäußert, dass Justizmitarbeiter die Zustände in dem Gefängnis vertuscht haben könnten. Grund ist, dass die Kontrolleure nicht sofort die Zellen besichtigen konnten, sondern etwa 20 Minuten warten mussten. Eisenreich berichtete in dem Schreiben, dass der Täuschungsverdacht Gegenstand der laufenden Ermittlungen der Staatsanwaltschaft sei.
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