Mehr als zwei Monate nach dem tödlichen Unfall einer Surferin sind die Wellenreiter zurück an Münchens berühmter Eisbachwelle. Am Freitagmorgen hatte Münchens Oberbürgermeister Dieter Reiter - frisch zurück aus dem mehrwöchigen Krankenstand - mitteilen lassen, dass die seit dem Unglück gesperrte Welle „ab sofort“ wieder freigegeben sei. Am Nachmittag herrschte dort - nach einiger Verzögerung bei der Entfernung der Zäune an den Ufern - wieder reger Betrieb.
Allerdings gelten dort laut Stadt als Lehren aus dem tragischen Todesfall jetzt neue Regeln - in Absprache mit der Vertretung der Surferinnen und Surfer Münchens (IGSM). Demnach ist Surfen nur noch erfahrenen und fitten Wellenreitern in Begleitung erlaubt - und nur zwischen 5.30 bis 22.00 Uhr, um Rettungseinsätze bei Dunkelheit zu vermeiden.
Außerdem müssen Surfer eine selbst öffnende Leine („Leash“) für ihre Bretter verwenden. Dies soll verhindern, dass Surfer im Gefahrenfall unter Wasser geraten, weil sie sich nicht von ihrem Brett lösen können - wie es bei dem Unglück der Fall war. Reiter betonte, die Regeln sollten „das Surfen so sicher wie möglich machen“. Es würden auch entsprechende Schilder vor Ort angebracht, sagte der SPD-Politiker in einem Video auf Instagram. „Aber ganz allgemein gilt: Passt auf Euch auf! Seid vorsichtig, schaut aufeinander.“
Die zügige Freigabe kam am Freitag überraschend - einen Tag, nachdem Münchens Zweiter Bürgermeister, Dominik Krause (Grüne), noch mitteilen ließ, er sei zuversichtlich, was eine mögliche Freigabe „spätestens übernächste Woche“ angehe.
„Ich bin überrascht, dass es so schnell ging“, sagte Maximilian Malsy-Mink, Surfer und Mitinitiator eines offenen Briefes an Reiter, in dem die Freigabe der Welle gefordert wurde. „Positiv überrascht.“ Er selbst wolle am Abend wieder loslegen, sagte er am Freitagvormittag. „Ich denke, wenn die Nachricht sich verbreitet, dass es innerhalb einer Stunde voll sein wird. Die Leute warten ja alle drauf.“
Zuvor hatte die Staatsanwaltschaft München I ihre Ermittlungen zu dem Unglück im April eingestellt, bei dem eine 33 Jahre alte Surferin ums Leben gekommen war. Trotz umfangreicher Ermittlungen könne man die Umstände nicht weiter aufklären, sagte Behördensprecherin Anne Leiding. Eine strafrechtliche Verantwortung der Stadt sah die Staatsanwaltschaft nicht.
Vor dem Unglück in der Nacht zum 17. April war die 33-Jährige mit ihrem Lebensgefährten - beide laut Staatsanwaltschaft geübte Surfer - zum Surfen bei Scheinwerferlicht an die Welle am Englischen Garten gekommen. Gegen 23.30 Uhr hörte der Lebensgefährte plötzlich Hilfeschreie und sah, wie seine Freundin samt Brett unter der Wasseroberfläche verschwand. Während der Mann bei starker Strömung erfolglos versuchte, die Frau zu retten, riefen Passanten die Feuerwehr.
Erst speziell ausgebildete Rettungskräfte konnten die 33-Jährige aus den Fluten ziehen. Die Frau kam in lebensbedrohlichem Zustand ins Krankenhaus, wo sie etwa eine Woche später starb.
Nach der Sperrung infolge des Unfalls hatten sich mehrere tausend Unterstützer an Münchens OB Reiter gewandt und darum gebeten, die Welle wieder zugänglich zu machen. Der SPD-Politiker hatte als Reaktion um Geduld gebeten - die Stadt müsse die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft abwarten. Unterdessen wurde mindestens ein Surfer gesichtet, der illegal auf der gesperrten Welle unterwegs war.
Auch der frühere Football-Star Tom Brady hatte sich mit den Münchner Surfern solidarisiert, die eine Wiederöffnung der Eisbachwelle forderten. Auf Instagram postete der NFL-Star ein Foto von sich vor dem berühmten Surfspot und einem Schild mit der Aufschrift: „Surfing is not a crime“ (Surfen ist kein Verbrechen).
Auf der mittlerweile weltbekannten Welle darf erst seit 2010 offiziell gesurft werden - die Stadt duldet dort das Wellenreiten. Lange hatte die Surfer-Community in der Landeshauptstadt zuvor darum gekämpft. Schon etwa um 1975 hatten sich die ersten Surfer in den Eisbach gewagt - damals illegal.
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