Ein Arbeitszeugnis sollte Berufstätige nicht daran hindern, in ihrer Karriere voranzukommen. Das haben Gesetzgeber und Gerichte so festgelegt. Heißt das, ausscheidende Beschäftigte müssen mindestens ein gutes Zeugnis bekommen?
Nein. „Der Arbeitgeber ist nicht verpflichtet, ein gutes Zeugnis auszustellen“, stellt Anke Marx, Juristin bei der Arbeitskammer des Saarlandes klar. Das Zeugnis müsse aber wohlwollend und wahrheitsgemäß sein und dürfe das berufliche Fortkommen eines oder einer Beschäftigten nicht unnötig erschweren.
Hier ergibt sich für Arbeitgeber oft ein Spannungsfeld. Was, wenn ein Mitarbeiter oder eine Mitarbeiter wirklich keine guten Leistungen erbracht hat? Aus diesem Grund habe sich eine Zeugnissprache entwickelt, „die Leistungen und Verhalten von Arbeitnehmern häufig verklausuliert beschreibt“, sagt Marx. Eine kurze Recherche im Internet oder Fachliteratur kann oft helfen, solche Formulierungen richtig zu übersetzen.
Unzulässige „Geheimcodes“ dürfen der Juristin zufolge aber nicht ins Zeugnis. Auch die tabellarische Form mit Schulnoten ist der Rechtsprechung zufolge unzulässig, wie das Bundesarbeitsgericht in einem Urteil (Az. 9 AZR 262/20) entschieden hat. Dafür können Arbeitgeber auf Schluss- und Dankesformeln verzichten, wenn sie möchten. Nach ständiger Rechtsprechung bestehe darauf in der Regel kein Anspruch, so Marx.
Wer mit einem Zeugnis nicht einverstanden ist, kann es beim Arbeitgeber reklamieren. Ist es weiter inhaltlich nicht korrekt, „bleibt nach erfolgloser Reklamation nur die Klage“. Arbeitgeber müssten Bewertungen, die schlechter als „befriedigend“ sind, vor Gericht beweisen, erklärt die Rechtsexpertin.
Wollen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer hingegen eine bessere Note als „befriedigend“, ist es ihre Pflicht, vor Gericht zu beweisen, dass sie ein besseres Zeugnis verdient haben.
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