Die verurteilte NSU-Terroristin Beate Zschäpe hat als Zeugin in einem Prozess gegen eine mutmaßliche Vertraute stundenlang ausgesagt - und Reue gezeigt. „Ich schäme mich“, sagte die inzwischen 50-Jährige bei ihrer detaillierten Zeugenaussage vor dem Oberlandesgericht Dresden. Sie habe ihre Verurteilung von 2018 inzwischen in vollem Umfang angenommen, das habe aber eine Weile gedauert.
Es war der erste öffentliche Auftritt der NSU-Terroristin seit ihrer Verurteilung zu lebenslanger Haft. Erst im Prozess habe sie angefangen, ihre Schuld einzusehen, sagte Zschäpe. Die Banküberfälle ihres Trios - neben ihr gehörten Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos dazu - habe sie als weniger schlimm betrachtet.
Die Auswirkungen ihrer Taten auf Zeugen habe sie erst durch die Aussagen bei Gericht verstanden. Ein Zeuge habe etwa nicht mehr arbeiten können. „Natürlich macht das was mit einem“, sagte Zschäpe. Zu Opfern und Angehörigen habe sie keinen Kontakt aufgenommen. „Ich würde das als übergriffig empfinden“, sagte Zschäpe.
Ihre lebenslange Haftstrafe verbüßt die Terroristin in der JVA Chemnitz. Zschäpe berichtete, begleitend eine Ausbildung zur Modenäherin zu absolvieren. Diese habe sie vor anderthalb Jahren begonnen. Das Programm soll noch bis Ende 2026 dauern.
Der in dem Prozess in Dresden angeklagten Susann E. wirft die Bundesanwaltschaft vor, die Terrorgruppe „Nationalsozialistischer Untergrund“ (NSU) unterstützt zu haben. Sie soll Zschäpe ihre Krankenkassenkarte und ihre Personalien zur Verfügung gestellt haben. Zudem war sie laut Anklage am Abholen eines Wohnmobils beteiligt, das der NSU am 4. November 2011 beim letzten Raubüberfall in Eisenach verwendete.
Seit spätestens Anfang 2007 soll E. von den rassistisch motivierten Morden des NSU gewusst haben. Ihr Ehemann André E. wurde 2018 zu zweieinhalb Jahren Haft verurteilt.
Drei Justizbeamtinnen hatten Zschäpe am Morgen in Handschellen in den Verhandlungssaal des OLG in Dresden geführt. Im Zeugenstand hatte da bereits ihr Anwalt Platz genommen. Die Vorsitzende Richterin Simone Herberger leitete die Befragung mit allgemeinen Fragen zum NSU ein, bevor sie auf das Verhältnis zur Angeklagten einging.
Nach etwa vier Stunden beschwerte sich Zschäpe über die Fragen der Richterin. „Ich fühle mich ein bisschen unwohl, nicht klassisch wie bei einer Zeugenaussage“, sagte sie. „Ich habe das Gefühl, ich sitze auf der Anklagebank.“ Herberger betonte daraufhin, wie bereits zu Beginn des Verhandlungstages, dass Zschäpe als einziges überlebendes NSU-Mitglied zur Aussage verpflichtet sei. „Ich kann Ihnen die Beantwortung dieser Fragen nicht ersparen.“ Sie könne Zschäpe aber länger Zeit geben, sich damit auseinanderzusetzen.
Für eine Besprechung mit ihrem Anwalt unterbrach Herberger die Sitzung. Erst nach 40 Minuten ging es weiter, Zschäpe setzte ihre Aussage fort.
Zuvor hatte Zschäpe von gemeinsamen Urlaubsreisen mit Böhnhardt und Mundlos auf der Insel Fehmarn berichtet. Das Trio habe dort jahrelang immer wieder Reservierungen auf Campingplätzen gehabt, sagte Zschäpe. Dafür hätten sie die Personalien der nun angeklagten Susann E. und ihres Ehemanns verwendet. Immer wieder betonte Zschäpe, dass sie sowie Mundlos und Böhnhardt selbst für Urlaube und andere Ausgaben gezahlt hätten.
Die Identität der Angeklagten habe sie zum ersten Mal kurz entschlossen verwendet, als die Polizei sie Anfang 2007 zu einer Zeugenaussage wegen eines Wasserschadens im damaligen Wohnhaus des NSU-Trios vorlud. André E., der Ehemann der Angeklagten, habe sie zum Polizeirevier begleitet.
Ihre spätere Freundin und enge Vertraute habe sie zu diesem Zeitpunkt allerdings noch nicht gekannt, so Zschäpe. Ein erstes Treffen habe es erst danach gegeben.
Die Neonazi-Terrorzelle NSU bestand aus Beate Zschäpe, Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos. Ab dem Jahr 2000 verübte das Trio jahrelang unerkannt zehn Morde in ganz Deutschland. Die Opfer: neun Gewerbetreibende türkischer und griechischer Herkunft sowie eine deutsche Polizistin.
Mundlos und Böhnhardt verletzten zudem Dutzende Menschen bei zwei Bombenanschlägen in Köln. Die beiden Männer töteten sich 2011 in Eisenach, um ihrer Festnahme zu entgehen. Erst dann flog der NSU auf.
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