Für Fahrer von Elektroautos soll es künftig mehr Schnellladesäulen an Tankstellen geben. Die Bundesregierung plant dazu eine Versorgungsauflage für große Tankstellenketten. Das Bundeskabinett brachte eine entsprechende Gesetzesänderung auf den Weg.
Demnach sollen Unternehmen mit mindestens 200 Tankstellen ab dem 1. Januar 2028 grundsätzlich an jeder Tankstelle mindestens einen öffentlich zugänglichen Schnellladepunkt mit einer Leistung von mindestens 150 Kilowatt betreiben müssen. Von der Verpflichtung sei voraussichtlich etwa ein Dutzend Unternehmen betroffen, wie es in einem Papier des Verkehrsministeriums heißt. Der Bestand werde berücksichtigt.
Ziel der Bundesregierung ist es, dass bis zum Jahr 2030 in Deutschland 15 Millionen Elektroautos zugelassen sind. Zum Jahresanfang 2024 waren es nach Zahlen des Kraftfahrt-Bundesamts rund 1,4 Millionen. Es ist also noch viel zu tun. Die Bundesregierung betont die Notwendigkeit einer flächendeckenden, bedarfsgerechten und nutzerfreundlichen Ladeinfrastruktur. Regierungssprecher Steffen Hebestreit sprach von einer Lücke, die im Ladenetz noch zu schließen sei.
Im Gesetzentwurf heißt es zur Begründung für die Versorgungsauflage, der Ausbau von Schnellladeinfrastruktur an Tankstellen habe bereits begonnen. „Allerdings erfolgt dieser bislang noch nicht flächendeckend und regional heterogen.“
Verwiesen wird auf die Bedeutung von Tankstellen. „Zum einen stellen Tankstellen mit ihren verkehrsgünstigen Standorten die deutschlandweite Versorgung von Kraftfahrzeugen mit Kraftstoff sicher. Zum anderen gelten sie im Alltag als vertraute und attraktive Anlaufstellen.“
Durch die Versorgungsauflage wird dem Entwurf zufolge mit zusätzlich rund 8000 neuen Schnellladepunkten gerechnet. Nach Ministeriumsangaben sind mit Stand April von rund 115.000 öffentlich zugänglichen Ladepunkten knapp 22.000 Schnellladepunkte.
Geplant ist ein sogenannter Flexibilisierungsmechanismus. Demnach darf ein Unternehmen für maximal 50 Prozent seiner Tankstellen die Vorgaben abweichend umsetzen - und einen Schnellladepunkt entweder an einem Standort in einem Umkreis von 1000 Metern oder zusätzlich an einer anderen Tankstelle errichten. Berücksichtigt werden sollen etwa örtliche Gegebenheiten. Zudem soll eine Härtefallregelung greifen, wenn es zu wirtschaftlich unzumutbaren Belastungen kommen sollte.
„Wir lehnen die geplante Versorgungsauflage ab. Das erinnert an Planwirtschaft und funktioniert nicht“, sagte Aral-Vorstandschef Achim Bothe. Aral ist mit rund 2400 Tankstellen größter Anbieter auf dem deutschen Tankstellenmarkt. Insgesamt gibt es in Deutschland rund 14.000 Tankstellen.
Bothe sagte, die Verpflichtung würde zu Fehlinvestitionen führen: „Wir bauen unser ultraschnelles Ladenetz bereits massiv aus und haben mehr als 2600 Ladepunkte am Netz.“ Bis 2030 wolle Aral bis zu 20.000 Ladepunkte in Deutschland errichten. „Wir sollten uns auf Standorte konzentrieren, an denen wir das größte Potenzial für Nachfrage und Nutzung sehen. Es wird also an vielen Aral Tankstellen und weiteren Standorten Ladepunkte geben, aber nicht jede Tankstelle braucht eine Ladesäule“, sagte er.
Der Hauptgeschäftsführer des Wirtschaftsverbands Fuels und Energie en2x, Christian Küchen, sagte, die Tankstellengesellschaften bauten da, wo es am sinnvollsten für E-Autofahrer sei: „nicht nur an Tankstellen, sondern auch an Supermärkten, am Straßenrand, zu Hause und am Arbeitsplatz.“ Ein Ladesäulenzwang an Tankstellen wäre „reine Symbolpolitik“, sagte Küchen. Es müssten teure Schnellladesäulen an Standorten aufgestellt werden, an denen es absehbar nur wenig Nachfrage nach Ladestrom gebe. Nach Verbandsangaben befindet sich schon heute bei zwei Dritteln aller Tankstellen in Deutschland eine Schnellladesäule im Umkreis von 5 Kilometern.
Der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städte- und Gemeindebunds, André Berghegger, sagte: „Es reicht nicht aus, wenn nur an den Hauptverkehrsachsen und in Ballungsräumen Schnellladepunkte entstehen. Für die Bewohner ländlicher Räume, für Menschen auf der Durchreise, für Touristen und nicht zuletzt für die Wirtschaft muss auch in der Fläche ein Mindestmaß an Ladeinfrastruktur zugänglich sein.“ Die geplante Versorgungsauflage für Tankstellen stelle einen wichtigen Baustein dar, da die Flächen für Ladeinfrastruktur bereits erschlossen und verkehrlich günstig gelegen seien. Ausnahmen für die Betreiber müssten klar begrenzt sein. „Ländliche und womöglich weniger lukrative Standorte dürfen daher nicht in hohem Maße durch Ladepunkte in Ballungsräumen ersetzt werden können.“
Vom ADAC hieß es, die Versorgungsauflage sei zwar ein starker Eingriff in den Markt. „Aber in der Umsetzung sind viele Flexibilitäten vorgesehen, sodass die gesetzliche Vorgabe vertretbar ist.“ Aus Verbrauchersicht eigneten sich Tankstellen als Ort für schnelles Laden besonders gut.
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