Ganz schmerzfrei ist Emma Malewski noch nicht. Am Boden musste die 18 Jahre alte Chemnitzerin bei der zweiten Weltmeisterschafts-Qualifikation der Turnerinnen am Samstag in Rüsselsheim noch auf die Zähne beißen.
Am Schwebebalken, wo sie im Sommer bei den Europameisterschaften überraschend Gold gewonnen hatte, huschte dann schon bei jedem gelungenen Element ein Lächeln über ihr Gesicht. Mit 50,332 Punkten gewann sie diesen letzten Leistungstest und sicherte sich das Ticket für die Titelkämpfe, die vom 29. Oktober bis 6. November in Liverpool stattfinden.
„Ich war ziemlich aufgeregt“, sagte die Schülerin zu ihrem Auftritt vor 1800 Zuschauern in der ausverkauften Großsporthalle. „Ich wusste, das hier ist die erste und letzte Quali für mich.“ Die erste Überprüfung zwei Wochen zuvor in Ketsch hatte Malewski noch auslassen müssen. Wenige Tage zuvor war sie im Training bei einem Abgang vom Balken abgerutscht und hatte sich am Fuß verletzt. Erst vor Kurzem war sie wieder voll ins Training eingestiegen.
Nun ist der Flug der gebürtigen Hamburgerin auf die Insel gebucht. Bundestrainer Gerben Wiersma ist froh, dass überhaupt eine seiner Turnerinnen aus dem Team, das bei der EM Bronze gewann, fit für den Vierkampf ist. Stufenbarren-Europameisterin Elisabeth Seitz (Stuttgart), gerade erst von einer Corona-Erkrankung genesen, und die WM-Zweite am Balken, Pauline Schäfer (Chemnitz), werden wie schon in München nicht an allen Geräten antreten. Die Kölnerin Sarah Voss fällt wegen einer Wadenverletzung für die WM ganz aus.
Plötzlich zählt Malewski zum Stamm. Um die Fünfer-Riege für die WM zu komplettieren, muss Wiersma zwei jüngere, auf diesem Niveau noch unerfahrene Turnerinnen mitnehmen. Die 17-jährige Karina Schönmaier (Buchholz) hatte die erste Qualifikation gewonnen und war in Rüsselsheim mit 49,70 Punkten Dritte.
Der letzte deutsche WM-Platz ging an die diesmal zweitplatzierte Anna-Lena König (Bodersweier/49,866). Die viertplatzierte Chemnitzerin Lea Quaas (48,699) wird nur als Ersatzturnerin dabei sein. Der angestrebte Einzug ins Mannschaftsfinale wird mit dieser Formation eine echte Herausforderung sein.
Die neue Rolle fürchtet Emma Malewski ebenso wenig wie den Druck. „Ich versuche, das auszublenden“, sagt sie. „Vielleicht reicht es auch bei der WM fürs Finale. Aber ich nehme mir nichts vor und gehe mit Spaß da rein. Dann kommt hoffentlich etwas Gutes heraus.“
Anders als seinem Kollegen stehen Männer-Bundestrainer Valeri Belenki alle seine EM-Starter zur Verfügung. Lukas Dauser aus Unterhaching gewann mit 82,732 Punkten auch die zweite WM-Qualifikation. Der EM-Dritte am Pauschenpferd, Nils Dunkel (Halle), rehabilitierte sich als Zweiter mit 82,632 nach seinem schwarzen Tag zwei Wochen zuvor in Kienbaum.
Der Cottbuser Lucas Kochan (79,398) und der Hannoveraner Glenn Trebing (78,165) folgten dahinter. Ein Team ohne Andreas Toba, den EM-Dritten am Reck von 2021, der wegen seiner körperlichen Beschwerden nur an vier Geräten startete, kann sich Belenki „nicht vorstellen.“ Auch Toba wurde offiziell nominiert.
© dpa-infocom, dpa:221016-99-145485/3