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Veröffentlicht am 15.12.2025 11:49, aktualisiert am 15.12.2025 19:04

Ukraine-Verhandlungen: Fortschritte, aber kein Durchbruch

Kanzler Merz ist nach den Ukraine-Gesprächen etwas zuversichtlicher als Präsident Selenskyj. (Foto: Michael Kappeler/dpa)
Kanzler Merz ist nach den Ukraine-Gesprächen etwas zuversichtlicher als Präsident Selenskyj. (Foto: Michael Kappeler/dpa)
Kanzler Merz ist nach den Ukraine-Gesprächen etwas zuversichtlicher als Präsident Selenskyj. (Foto: Michael Kappeler/dpa)

Bei den Verhandlungen über eine Friedenslösung in der Ukraine in Berlin sind nach Darstellung von Bundeskanzler Friedrich Merz deutliche Fortschritte erzielt worden - vor allem bei den Sicherheitsgarantien für das von Russland angegriffene Land. „Was die USA hier in Berlin an rechtlichen und an materiellen Garantien auf den Tisch gelegt haben, ist wirklich beachtlich. Das ist ein ganz wichtiger Fortschritt“, sagte Merz bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj. Einzelheiten nannte er nicht.

Bei der schwierigsten Frage der Gebietsabtretungen der Ukraine an Angreifer Russland gab es dagegen keine sichtbare Bewegung. Selenskyj sprach von nach wie vor „unterschiedlichen Positionen“ zwischen den Kriegsparteien. „Ich finde, dass die Gebietsfrage schmerzhaft ist. Wir wissen zu 100 Prozent, was die Russen wollen“, sagte er. 

Merz: „Die Chance ist real“

Merz zeigte sich trotzdem zuversichtlich, dass es zu einer Friedenslösung kommen kann. „Diese Pflanze ist noch klein, aber die Chance ist real“, sagte er. „Es liegt jetzt nur noch an Russland, ob es bis Weihnachten gelingt, einen Waffenstillstand zu erzielen.“ Der Kanzler warb dafür, dass zumindest über die Feiertage die Waffen schweigen sollten. 

Selenskyj sagte, der Ukraine sei es gelungen, den US-Unterhändlern ihre Position zu verdeutlichen. „Die Ukraine wird gehört“, sagte er. Die US-Vertreter hätten in Berlin die Position Moskaus überbracht und würden nun die ukrainische Haltung dort vortragen.

Auch die US-Seite berichtete von Fortschritten. Kreise der Regierung wiesen auf Russlands Offenheit für einen Beitritt der Ukraine in die Europäische Union hin - was allerdings nie der eigentliche Konfliktpunkt war. Moskau will dagegen den von der Ukraine angestrebten Nato-Beitritt mit allen Mitteln verhindern. Neben dem Thema Sicherheitsgarantien sei der EU-Beitritt einer der Punkte im vieldiskutierten Friedensplan zur Beendigung des Ukraine-Krieges gewesen, bei denen Moskau sich bereit gezeigt habe, diese zu akzeptieren, sagte ein hochrangiger US-Regierungsbeamter. 

Telefonat mit Trump geplant

Die Gespräche in Berlin zwischen den USA, der Ukraine und ihren europäischen Verbündeten hatten bereits am Sonntag begonnen. Am Abend sollten sie mit einem Gipfel führender europäischer Staats- und Regierungschefs mit Selenskyj und der US-Delegation unter Leitung des Sondergesandten Steve Witkoff abgeschlossen werden. Auch ein Telefonat mit US-Präsident Donald Trump war noch geplant. Ein genauer Zeitpunkt wurde von US-Seite aber nicht genannt.

Grundlage der schon seit November laufenden Ukraine-Gespräche ist ein von den USA vorgelegter Friedensplan, der 20 Punkte umfasst. Es geht vor allem um drei Knackpunkte: 

  • Territorium: Russland fordert Gebietsabtretungen der Ukraine, die für das angegriffene Land nicht akzeptabel sind. Es geht dabei insbesondere um Gebiete in der Ostukraine, die die ukrainische Armee noch kontrolliert. Es gibt zwar Lösungsansätze, aber wirkliche Bewegung ist noch nicht in Sicht.
  • Garantien: Selenskyj hatte schon auf dem Weg nach Berlin seine Einsicht erkennen lassen, dass ein Nato-Beitritt für ihn derzeit aussichtslos ist. Als neues Verhandlungsziel gab er verbindliche „bilaterale Sicherheitsgarantien“ mit den USA und anderen Ländern aus. Die Garantien sollten dabei in etwa dem Artikel fünf des Nato-Vertrages entsprechen, der militärischen Beistand im Angriffsfall garantiert. „Das ist bereits ein Kompromiss von unserer Seite“, teilte Selenskyj mit. Aber wie das umgesetzt werden soll, ist völlig offen.
  • Finanzen: Die dritte Frage ist die der finanziellen Unterstützung der Ukraine. Die Europäer wollen das in der EU eingefrorene Vermögen der russischen Staatsbank von etwa 185 Milliarden Euro für die Aufrüstung der Ukraine nutzen. Ohne dieses Vermögen könnten die finanziellen Möglichkeiten der Europäer bald an ihre Grenzen kommen. Und bei US-Präsident Trump gibt es ohnehin keinerlei Bereitschaft mehr, für den Krieg Geld auszugeben.

Merz spricht von „Schlüsselfrage“ für die EU

Auf einem Wirtschaftsforum bezeichnete Merz die Frage des russischen Vermögens als „Schlüsselfrage“ für die EU, die jetzt gelöst werden müsse. Wenn das nicht geschehe, sei die Handlungsfähigkeit Europas über Jahre „massiv beschädigt“. 

Bei dem Thema geht es auch für Merz persönlich um viel. Er hat die führende Rolle unter den Befürwortern einer Nutzung des russischen Vermögens eingenommen. Erfolg oder Misserfolg werden daher auch mit seiner Person verbunden sein.

Als Erfolg kann er nun allerdings erst einmal verbuchen, dass das Ukraine-Treffen in Berlin stattgefunden hat. Damit wurde manifestiert, dass die Europäer eine Rolle bei den Verhandlungen über die Ukraine spielen - und nicht einfach über ihre Köpfe hinweg entschieden wird. 

Was ist mit Russland?

An den USA liegt es nun, die Ergebnisse mit Russland weiter zu diskutieren. Kremlsprecher Dmitri Peskow hielt sich dazu zunächst bedeckt. Russland sei über die Gespräche bisher nicht unterrichtet worden, sagte Peskow. „Erst danach, wenn sie ihre Arbeit abgeschlossen haben, erhalten wir von unseren amerikanischen Gesprächspartnern die Sichtweise, die heute erörtert wird.“ Auf die Frage, ob eine Friedenslösung bis Weihnachten gefunden werden könne, sagte Peskow nur, dass er keine konkreten Daten nennen wolle. Vor den Gesprächen hatte sich Moskau argwöhnisch geäußert.

Rüstungskooperation soll vertieft werden

Der Besuch Selenskyjs war auch ein sogenannter bilateraler Besuch in Deutschland, zu dem Treffen mit den wichtigsten Politikern des Landes gehören. So wurde Selenskyj vor dem Schloss Bellevue von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier mit einer Umarmung empfangen und war anschließend bei Bundestagspräsidentin Julia Klöckner im Reichstagsgebäude. 

Die Bundesregierung legte am Rande des Besuchs einen Zehn-Punkte-Plan vor, um die Rüstungskooperation mit der Ukraine weiter auszubauen. Er sieht unter anderem die Eröffnung eines Verbindungsbüros der ukrainischen Rüstungsindustrie in Berlin und eine enge Zusammenarbeit beim Bau von Zehntausenden von der Ukraine entwickelten Kampfdrohnen in Deutschland vor. Deutschland will außerdem digitale Gefechtsfelddaten der Ukraine und Erkenntnisse über den Einsatz deutscher Waffen im Abwehrkampf gegen Russland nutzen, um das Training von Soldaten und die Entwicklung von Strategien zu verbessern.

© dpa-infocom, dpa:251215-930-425520/9


Von dpa
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