Spanien droht eine Regierungskrise: Die linksgerichtete Minderheitsregierung von Ministerpräsident Pedro Sánchez verliert im Madrider Parlament einen wichtigen Partner. Die Partei Junts des katalanischen Separatistenführers Carles Puigdemont beschloss, den Unterstützungspakt mit der Sozialistischen Partei (PSOE) von Sánchez aufzukündigen.
Der 50-köpfige Vorstand von Junts traf diese Entscheidung bei einem Treffen im französischen Perpignan übereinstimmend, wie die Partei mitteilte. „Wir gehen in die Opposition“, verkündete Puigdemont. „Wir werden nicht denen helfen, die Katalonien nicht helfen.“ Zur Zukunft der PSOE sagte er: „Sie werden vielleicht an der Macht bleiben, sie werden aber nicht regieren können.“
Die Parteibasis muss zwar noch den Bruch mit der Regierung absegnen. Das grüne Licht der Mitglieder von Junts gilt aber als höchstwahrscheinlich bis sicher. Die Abstimmung soll am Mittwoch und Donnerstag stattfinden.
Für Sánchez ist das eine sehr schlechte Nachricht. Denn ohne die Stimmen der sieben Junts-Abgeordneten im Madrider „Congreso de los Diputados“ hätte die linksgerichtete Regierung trotz Unterstützung anderer kleinerer Parteien keine Mehrheit mehr, um wichtige Projekte und Gesetzesvorhaben durchzusetzen.
Zudem droht Sánchez nach Experteneinschätzungen ein Misstrauensvotum. Der seit 2018 regierende Sozialist könnte in dem Fall mit den Stimmen von Junts sowie der konservativen Volkspartei (PP) von Oppositionsführer Alberto Núñez Feijóo und der Rechtspopulisten von Vox gestürzt werden. Es wird in Madrid derweil nicht völlig ausgeschlossen, dass Sánchez Neuwahlen ausruft.
Der Unterstützungspakt mit Junts - sowie ähnliche Abkommen mit weiteren Parteien, die ebenfalls nicht der Koalition angehören - hatten nach der vorgezogenen Wahl vom Juli 2023 die Wiederwahl von Sánchez im Parlament ermöglicht, obwohl die PSOE hinter der PP nur Platz Zwei belegt hatte.
Der Bruch der Katalanen mit dem Ministerpräsidenten hat mehrere Gründe: Sánchez hatte der Puigdemont-Partei Junts unter anderem zugesagt, sich für die Anerkennung des Katalanischen als EU-Amtssprache einzusetzen. Doch diese Pläne scheiterten bisher am Widerstand Deutschlands in Brüssel.
Ein weiterer Streitpunkt ist die Umsetzung des Amnestiegesetzes für katalanische Separatisten. Zwar konnten mehrere Exilpolitiker nach Inkrafttreten des Gesetzes im vergangenen Jahr unbehelligt nach Spanien zurückkehren. Doch in einigen Fällen – darunter bei Puigdemont selbst – hoben die Richter die Haftbefehle bislang nicht auf. Der 62-Jährige frühere Regionalpräsident lebt seit dem von ihm initiierten Unabhängigkeitsreferendum von 2017 weiter im Exil. Deshalb fand das Junts-Vorstandstreffen auch in Perpignan statt.
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