Der Kapitän sitzt in Duisburg, sein Schiff fährt 400 Kilometer entfernt durch einen Kanal bei Lüneburg: Ein sechsmonatiger Test soll zeigen, ob die Technik zur Fernsteuerung von Binnenschiffen ausgereift ist. Die Kölner Reederei HGK Shipping hat erstmals für sechs Monate die Genehmigung erhalten, ein Schiff ferngesteuert über den Elbe-Seitenkanal fahren zu lassen: die „Niedersachsen 2“.
Die Technik gilt in der Branche als vielversprechender Ansatz gegen den akuten Personalmangel. Während Binnenschiffer bislang in der Regel mindestens 14 Tage am Stück unterwegs sind, hätten Schiffsführer in der Fernsteuerzentrale einen geregelten Bürojob - und nach Feierabend wäre ein normales Privatleben möglich.
„Beim Werben um qualifizierte Arbeitskräfte ist dies ein wirkungsvoller Hebel, um die Attraktivität des Berufsbildes zu erhöhen“, sagt Steffen Bauer, Chef der HGK Shipping.
Auch andere Unternehmen verfolgen einen solchen Ansatz. Die Reederei Rhenus will bis 2030 einen eigenen Fahrstand für die Fernsteuerung der Flotte aufbauen, gleichzeitig sollen immer mehr Schiffe mit der nötigen Technik ausgerüstet werden. „Wir denken, dass wir damit in der Zukunft für unsere Schiffsführer weitere attraktive Arbeitsplätze schaffen“, sagt Herbert Berger, Geschäftsführer von Rhenus Schiffsmanagement.
Die Politik hat großes Interesse daran, dass das Projekt gelingt. „Fakt ist, dass die Binnenwasserstraße der einzige Verkehrsträger mit freien Kapazitäten ist, den wir in Deutschland haben“, sagt Bundesverkehrsminister Patrick Schnieder (CDU). Der Fachkräftemangel dürfe dieses Potenzial nicht ausbremsen.
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