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Veröffentlicht am 18.05.2023 12:52

Tor-Magerkost nach Lewandowski-Epoche

Die Tore von Robert Lewandowski fehlen in der Bundesliga. Der Pole jubelt nun für den FC Barcelona. (Foto: Joan Monfort/AP/dpa)
Die Tore von Robert Lewandowski fehlen in der Bundesliga. Der Pole jubelt nun für den FC Barcelona. (Foto: Joan Monfort/AP/dpa)
Die Tore von Robert Lewandowski fehlen in der Bundesliga. Der Pole jubelt nun für den FC Barcelona. (Foto: Joan Monfort/AP/dpa)

Der Blick auf die Bundesliga-Torschützenliste schmerzt WM-Rekordtorjäger Miroslav Klose nicht. „Ehrlicherweise nein. Ich freue mich zwar jede Woche über die spannende Saison in Bundesliga, 2. Liga und 3. Liga. Aber Tore einzelner Spieler zähle ich nicht“, sagt der frühere Weltklasse-Stürmer.

Viel müsste der 44-Jährige da auch nicht zählen, denn in dem vom Bremer Niclas Füllkrug mit 16 Treffern angeführten Klassement droht ein Negativrekord. Zweimal ging in fast 60 Jahren Bundesliga die Torjägerkanone mit 17 Treffern an den Mann. Weniger Tore gab's im Kampf um die Trophäe, die Supertorjäger Robert Lewandowski in den letzten Jahren abonniert hatte, noch nie.

„Natürlich sind die Zahlen in der Saison nach Robert Lewandowski kleiner geworden“, sagt Klose, der selbst in der Saison 2005/06 mit 25 Treffern die prestigeträchtige Tore-Wertung gewann, der Deutschen Presse-Agentur. Lewandowski, der insgesamt siebenmal und zuletzt fünfmal am Stück gewann, schießt jetzt für Barcelona seine Tore.

Kaum noch Neuner

Erling Haaland als weiterer Topstürmer des Vorjahres trifft für Manchester City fast nach Belieben. Und der Bundesliga? Der fehlen die Top-Neuner. „Ja, das muss man wohl sagen, vor allem fehlt ein Lewandowski. Er hat über Jahre viele Tore erzielt. Ihm bei der Arbeit zuzuschauen, war für mich ein Vergnügen“, erinnert sich Klose, einst ein Jahr im Trainerstab des Lewandowski-Teams. 

Hinter Füllkrug, der als Torschützenkönig eine besondere Saison mit Länderspiel-Debüt und WM-Teilnahme krönen möchte, folgen Randal Kolo Muani von Eintracht Frankfurt und Freiburgs Elfmeterspezialist Vincenzo Grifo mit je 14 Toren. Marcus Thuram (Gladbach), Christopher Nkunku (Leipzig) und als bester Bayern-Star Serge Gnabry trafen je 13-mal. Gnabry belegt noch einmal statistisch, wie sehr die Münchner am Abgang von Lewandowski, der die Rekordmarke von 41 Toren in einer Bundesliga-Saison hält, zu knabbern haben.

Die rund einmonatige Zwangspause des verletzten Werder-Stürmers Füllkrug, der seit Mittwoch zumindest wieder teilweise mit der Mannschaft trainiert und auf ein Kurz-Comeback am Samstag (15.30 Uhr/Sky) gegen den 1. FC Köln hofft, konnte die in dieser Saison mitunter selbst angeschlagene Konkurrenz nicht mit einem Tor-Lauf nutzen. Das gilt außer für den lange fehlenden Nkunku besonders stark für den letztjährigen Zweiten Patrik Schick von Bayer Leverkusen, der wegen fortwährender Probleme nur drei Tore erzielte.

Zwar gab es auch zur Zeit von Lewandowskis Tor-Herrschaft Spielzeiten, in denen der Zweitplatzierte wie der Dortmunder Paco Alcácer (18 Tore) oder der Freiburger Nils Petersen (15) im Bereich von Füllkrug trafen. Aber eben auch Jahre, in denen Frankfurts André Silva oder Leipzigs Timo Werner die stolze Zahl von 28 Treffern auch nur für Rang zwei hinter dem Polen reichte. Für Tor-Magerkost in der Breite der aktuellen Saison muss man in der Liga-Historie schon weit zurückschauen. 1995/96 sicherte sich der Stuttgarter Fredi Bobic die Auszeichnung mit 17 Treffern vor drei Akteuren mit je 16 Toren. Auch Thomas Allofs (1. FC Köln) und Roland Wohlfarth (FC Bayern) trafen sieben Jahre zuvor nur 17-mal.

Abgänge von Haaland und Lewandowski spürbar

Jetzt ist Füllkrug auf dem Weg, mit einer ähnlichen Torbilanz zu gewinnen. „Wenn es so weit ist, dann ist es eine tolle Auszeichnung“, sagte der 30-Jährige vor wenigen Tagen in einem Vereins-Interview. Sicher profitiere er von der offensiven Ausrichtung des Aufsteigers. „Trotzdem weiß ich natürlich auch, dass Spieler wie Robert Lewandowski oder Erling Haaland dieses Jahr nicht dabei waren und deshalb ein, zwei Namen in der Liste fehlen.“

Die führen jetzt die Torschützenlisten anderer Länder an. Haaland traf in der Premier League 36-mal, Lewandowski in der Primera División 21-mal. In Frankreich liegt PSG-Superstar Kylian Mbappé (26) vorne, in Italien Neapels Victor Osimhen (23) - das sind sicher gute, aber abgesehen von Haaland auch nicht ganz außergewöhnliche Werte. 

Die Bedeutung eines klaren Topstürmers, der in der deutschen Nationalmannschaft nicht nur bei der WM in Katar vermisst wurde, wurde jüngst durch die vier Halbfinalisten der Champions League noch einmal demonstriert. Manchester City, Real Madrid, Inter und der AC Mailand haben - allen voran natürlich City mit Haaland - Neuner von besonderem Format.

Klose für klare Spitzen

„Ich bin schon immer ein erklärter Freund von einer oder zwei klaren Spitzen auf dem Feld. Darauf muss auch in der Ausbildung Wert gelegt werden“, sagt Klose, dessen 16 Tore bei Weltmeisterschaften unerreicht sind. Seiner Ansicht nach wurden richtige Maßnahmen in der Ausbildung des DFB ergriffen, es werde besser. „Man kann schon sagen, dass da ein paar Neuner zurückkommen“, prognostiziert er nach den jüngsten Titel-Entscheidungen bei der U19.

Klose ist auch von Füllkrug, der der erste Bremer Torschützenkönig seit ihm selbst werden könnte, überzeugt. „Er gefällt mir schon lange sehr gut. Es gibt nicht viele, die so einen Riecher und Abschluss haben wie er“, sagt Klose. Besonders nicht in Deutschland: Denn der letzte deutsche Torschützenkönig war Alexander Meier vor acht Jahren.

© dpa-infocom, dpa:230518-99-736886/2


Von dpa
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