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Veröffentlicht am 15.06.2025 03:06, aktualisiert am 15.06.2025 03:53

Trump bekommt Militärparade - und Massenproteste

Trump und seine Frau Melania lächeln sich während der Militärparade an.  (Foto: Julia Demaree Nikhinson/AP/dpa)
Trump und seine Frau Melania lächeln sich während der Militärparade an. (Foto: Julia Demaree Nikhinson/AP/dpa)
Trump und seine Frau Melania lächeln sich während der Militärparade an. (Foto: Julia Demaree Nikhinson/AP/dpa)

US-Präsident Donald Trump grinst an seinem 79. Geburtstag. Denn er bekommt etwas, das er sich lange gewünscht hat: eine Militärparade durch die Hauptstadt Washington. Er grinst, als er am Abend (Ortszeit) mit seiner Ehefrau Melania die Tribüne betritt. Und salutiert, während Soldaten an ihm vorbeimarschieren. Dass im ganzen Land gerade Massenproteste gegen ihn stattfinden, ist ihm zumindest äußerlich nicht anzumerken.

„Jedes andere Land feiert seine Siege“, sagt Trump bei seiner Rede - und hält sich dabei für seine Verhältnisse ungewöhnlich genau an das vorbereitete Skript. „Es ist an der Zeit, dass Amerika das auch tut.“ Sein Vizepräsident JD Vance gratuliert ihm zum Geburtstag. Der Country-Musiker Lee Greenwood singt „God Bless the USA“ - ein Lied, das bei Trumps Wahlkampfveranstaltungen regelmäßig gespielt wurde. Schließlich das große Finale: Feuerwerk.

Offiziell ist es ein Festakt zum 250. Gründungsjubiläum des US-Heeres, der größten und ältesten Teilstreitkraft des Landes. Doch für viele im Land wirkt die Inszenierung eher wie ein persönliches Geschenk für den Präsidenten - und wie eine politische Machtdemonstration à la Trump, nach innen wie nach außen. Die Kosten werden von US-Medien auf bis zu 45 Millionen US-Dollar (rund 39 Millionen Euro) geschätzt. Auch mögliche Straßenschäden durch die schweren Militärfahrzeuge werden befürchtet.

Mutmaßlich politisch motivierter, tödlicher Angriff schürt Sorgen

Trumps Traum von militärischem Pomp wird von der Realität auf eine harte Probe gestellt. Wegen unsteten Wetters muss das Programm kurzfristig angepasst werden. Gleichzeitig hängt die Sorge vor einer Eskalation wie die dicke Wolkendecke über Washington - nicht nur wegen der landesweiten Proteste, sondern auch wegen einer sehr konkreten Gefahrenlage.

In den frühen Morgenstunden hatte ein Mann im Bundesstaat Minnesota eine demokratische Politikerin und deren Ehemann erschossen. Ein weiterer Demokrat und dessen Ehefrau wurden ebenfalls angeschossen und schwer verletzt. Die Behörden gehen von einer politisch motivierten Tat aus. Der mutmaßliche Täter ist weiter flüchtig. In seinem Wagen fanden Ermittler eine Liste mit den Namen zahlreicher weiterer Amtsträger.

Auch die Eskalation im Nahen Osten wirft ihren Schatten

Die Situation an diesem Samstag könnte angespannter kaum sein, nicht nur im Inland: Noch am Morgen hatte Trump erneut mit Kremlchef Wladimir Putin telefoniert. Es war ein Geburtstagsanruf, bei dem es beiden Seiten zufolge aber vor allem um den Krieg zwischen Israel und dem Iran ging. 

Der eskalierende Konflikt in Nahost dürfte die außenpolitische Agenda Trumps durchkreuzt haben: Erst kürzlich hatte der Präsident noch betont, dass er einen israelischen Angriff auf den Iran ablehne, solange er an ein Abkommen mit Teheran glaube. Die eigentlich für Sonntag geplanten Gespräche zwischen Teheran und Washington über das iranische Atomprogramm im Oman? Abgesagt. 

Pompöse Parade mit Panzern, Helikoptern und Fallschirmspringern 

Die Militärparade in Washington findet dagegen statt, „Rain or Shine“ (bei jedem Wetter), wie Trump auf Truth Social ausdrücklich betont hatte. Allerdings etwas früher als geplant. Am Vortag hatte es hier stark gewittert, die Schwüle ist geblieben. Die Kleidung klebt am Leib - das bekommen vor allem die Tausenden Soldatinnen und Soldaten zu spüren, die in teils historischen Uniformen entlang der National Mall in Richtung Weißes Haus marschieren. Trump sitzt währenddessen zusammen mit Melania und Mitgliedern seiner Regierung auf der Tribüne - und klatscht. 

Begleitet von Fanfaren und „USA, USA“-Rufen blickt er auf Soldaten, die Blasinstrumente spielen oder trommeln. Auf militärische Fahrzeuge, unter denen sich auch schwere Panzer befinden. Und auf Fallschirmspringer, Drohnen und Helikopter. 

Während sich der Zug fortbewegt, wird auf die Geschichte des US-Heeres zurückgeblickt. Es wurde am 14. Juni 1775 gegründet – noch vor der offiziellen Unabhängigkeitserklärung der USA von Großbritannien. Heute sind nach Militärangaben weltweit 450.000 aktive Soldatinnen und Soldaten für das Heer im Dienst.

Schon am Nachmittag: lange Schlangen für das Spektakel

Ursprünglich wurden Hunderttausende zu den Feierlichkeiten erwartet. Ob diese Zahl erreicht wurde, ist fraglich. Was man aber sagen kann: Die Parade hat Unterstützerinnen und Unterstützer aus dem ganzen Land angezogen. Jonas Williams aus dem Bundesstaat North Carolina etwa arbeitet am Tag des Events an einem Stand in Washington, an dem man Trump-Fanartikel kaufen kann. „Ich glaube, dass es großartig für unsere Jugend ist, die Leidenschaft für Amerika wiederzubeleben“, sagt er über die Militärparade. 

Schon am Nachmittag haben sich lange Schlangen von Menschen gebildet, die auf das Gelände kommen wollen. Viele der Wartenden halten US-Flaggen in der Hand, einige tragen rote „Make America Great Again“-Kappen. 

Nicole Lovvorn aus dem Bundesstaat Alabama hat sich bereits mehr als drei Stunden vor Beginn der Parade einen Platz mitten auf der National Mall gesichert. Sie blickt von dort direkt auf die Tribüne, wo Trump ein paar Stunden später Platz nimmt. „Wir wollten den Präsidenten sehen und hoffentlich auch ein paar Militärfahrzeuge“, sagt Lovvorn. Die 47-Jährige sieht das Event als „Sache an, die man nur einmal im Leben erlebt.“

Veranstalter: Mehr als fünf Millionen Demonstranten in den USA

Ganz anders sieht der Tag für viele andere Amerikanerinnen und Amerikaner aus - sie stehen ebenfalls auf der Straße, allerdings aus Protest. Unter dem Motto „No Kings“ (Keine Könige) finden im ganzen Land Demonstrationen statt. Die Teilnehmer werfen Trump autoritäres Auftreten vor. Pünktlich zu Beginn der Militärparade vermelden die Veranstalter insgesamt mehr als fünf Millionen Teilnehmer in rund 2.100 Städten - weitaus mehr als noch bei Demonstrationen im April.

Im Inland gibt es seit Tagen Spannungen, bei denen das Militär keine unwichtige Rolle spielt: Der Einsatz Tausender Soldaten der Nationalgarde und Hunderter Marineinfanteristen bei Protesten gegen Trumps Migrationspolitik in Los Angeles sorgte für viel Kritik. Der Schritt erfolgte gegen den ausdrücklichen Willen des kalifornischen Gouverneurs Gavin Newsom und löste landesweit neue Proteste aus.

In Washington bleibt es am Tag der Parade weitgehend ruhig, Tausende Sicherheitskräfte schützen das Event. Die Veranstalter der „No Kings“-Bewegung hatten ausdrücklich nicht zu Protesten in der Hauptstadt aufgerufen. Stattdessen gab es den „DC Joy Day“ - ein bewusst fröhlich gehaltenes Gegenprogramm zur Militärinszenierung.

© dpa-infocom, dpa:250615-930-670713/2


Von dpa
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