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Veröffentlicht am 30.01.2025 09:50, aktualisiert am 30.01.2025 11:18

Unions-Beschluss mit der AfD: So haben die Abgeordneten aus der Region gestimmt

16 Abgeordnete aus Mittelfranken sitzen im Bundestag. Wie haben sie sich in der namentlichen Abstimmung über einen schwer umstrittenen Unionsantrag verhalten? (Foto: Kay Nietfeld/dpa)
16 Abgeordnete aus Mittelfranken sitzen im Bundestag. Wie haben sie sich in der namentlichen Abstimmung über einen schwer umstrittenen Unionsantrag verhalten? (Foto: Kay Nietfeld/dpa)
16 Abgeordnete aus Mittelfranken sitzen im Bundestag. Wie haben sie sich in der namentlichen Abstimmung über einen schwer umstrittenen Unionsantrag verhalten? (Foto: Kay Nietfeld/dpa)

Die einen sagen, die Brandmauer zur AfD sei gefallen. Die anderen bestreiten das vehement. Über eins kann es nach der Abstimmung über die Verschärfung der Migrationspolitik im Bundestag aber keinen Zweifel geben: Dass die Union ihren Fünf-Punkte-Plan mit Hilfe der AfD durchgesetzt hat, wird nicht nur die verbleibenden vier Wochen im Bundestags-Wahlkampf bestimmen. Es wird auch für die Zeit danach Auswirkungen haben, deren Ausmaß noch nicht abzuschätzen ist.

Da die schon jetzt als historisch bezeichnete Abstimmung namentlich erfolgte, ist auch klar, wie sich die Abgeordneten aus der Region zur Sache verhalten haben. Bei der Debatte im Bundestag fehlten etliche Politikerinnen und Politiker. Einige wenige stimmten zudem entgegen ihrer jeweiligen Parteilinie oder enthielten sich. Insgesamt ging der Antrag knapp mit 348 zu 344 Stimmen durch. Abgeordnete aus Westmittelfranken boten allerdings keine Überraschungen auf.

Die Stimmen der westmittelfränkischen Abgeordneten

Artur Auernhammer (CSU) aus Weißenburg, Inhaber des Direktmandats im Wahlkreis Ansbach, stimmte der Übersicht des Bundestags zufolge dem Unionsantrag zu. Ebenso verhielt sich Tobias Winkler (CSU) aus Roßtal, direkter Abgeordneter im Wahlkreis Fürth (der den Großteil des Landkreises Neustadt/Aisch-Bad Windsheim beinhaltet).

Uwe Kekeritz (Grüne), kurzzeitig wieder in den Bundestag berufener Abgeordneter aus Uffenheim, stimmte mit „Nein”. Auch Carsten Träger aus Fürth, Spitzenkandidat der Bayern-SPD und Direktkandidat im Wahlkreis Fürth, votierte dagegen.

Im Wahlkreis Erlangen (der auch die Gemeinden Uehlfeld, Dachsbach und Gerhardshofen umfasst) wurde das Direktmandat von Stefan Müller (CSU) nach seinem Ausscheiden aus dem Bundestag 2024 nicht nachbesetzt. Martina Stamm-Fibich (SPD), die als Direktkandidatin im Wahlkreis Erlangen antritt, und über die Liste seit 2013 im Bundestag sitzt, gab keine Stimme ab.

Wie mittelfränkische Bundestagsabgeordnete gevotet haben

Weitere Parteien haben keinen Abgeordneten aus den westmittelfränkischen Wahlkreisen. Die übrigen mittelfränkischen Politiker haben wie folgt abgestimmt:

  • AfD: Martin Sichert (Nürnberg-Nord): „Ja”
  • CSU: Sebastian Brehm (Nürnberg-Nord): „Ja”
  • CSU: Michael Frieser (Nürnberg-Süd): „Ja”
  • CSU: Ralph Edelhäußer (Roth): „Ja”
  • FDP: Katja Hessel (Nürnberg-Nord): „Ja”
  • FDP: Kristine Lütke (Roth): Nicht abgestimmt
  • Grüne: Sascha Müller (Nürnberg-Süd): „Nein”
  • Grüne: Tessa Ganserer (Nürnberg-Nord): Nicht abgestimmt
  • SPD: Gabriela Heinrich (Nürnberg-Nord): „Nein”
  • SPD: Jan Plobner (Roth): „Nein”

Neben dem Fünf-Punkte-Plan brachte die Union im Bundestag am Mittwoch außerdem einen weiteren Antrag zur namentlichen Abstimmung. Hier verlangten CDU und CSU einen „Politikwechsel bei der inneren Sicherheit und der Migrationspolitik”. Hierbei stimmten die CSU-Politiker aus Mittelfranken zu. Alle anderen Abgeordneten aus dem Regierungsbezirk, die anwesend waren, votierten mit „Nein” – auch Kristina Lütke, die bei der anderen Abstimmung keine Stimme abgegeben hatte.

Heftiger Schlagabtausch auf den sozialen Netzwerken

Auf den sozialen Netzwerken bricht sich stellenweise Empörung über die Abstimmungsergebnisse Bahn. Unter einem Instagram-Gedenkbeitrag des Fürthers Tobias Winkler (CSU) an die Opfer des Holocausts wirft ein User dem Politiker vor, „konservativer Steigbügelhalter” für Rechtsextreme zu sein. Winkler betont, sein Ziel sei es, „dass radikale Ideologen, wie Rassisten, Faschisten oder Kommunisten keinen Platz in unseren Parlamenten haben.”

Sein Wahlkreis-Mitbewerber Carsten Träger (SPD) wiederum wirft auf Facebook der „Merz-Union” vor: „Man sichert sich mit Rechtsextremen keine Mehrheiten.” Dafür erntet er gehörigen Gegenwind. Die SPD sei „stur”, eine Nutzerin kommentiert: „Also wenn ich das richtig verstehe, muss eine Partei einen Antrag zurückziehen oder darf ihn am besten gar nicht erst einbringen, wenn die Gefahr besteht, dass er nur mit AfD-Stimmen durchgehen könnte.”

Scholz und Merz mit gegenseitigen Vorwürfen

Die Diskussionen sind ein Spiegelbild der großen politischen Bühne. Der 29. Januar 2025 sei „wahrscheinlich ein ganz bedeutender Tag in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland“ gewesen, sagte Bundeskanzler Olaf Scholz am Mittwochabend in der ARD-Sendung „Maischberger“. Die Union habe einen Konsens aufgekündigt, den es die ganze Nachkriegsgeschichte über unter den Demokraten in Deutschland gegeben habe. „Den Konsens nämlich, dass es keine Zusammenarbeit der demokratischen Parteien mit der extremen Rechten gibt. Heute ist das passiert.“

Das bestreitet Unions-Kanzlerkandidat Friedrich Merz. Zum Thema Zusammenarbeit mit der AfD sagt er: „Da können jetzt AfD-Leute triumphieren, wie sie wollen, die wird es nicht geben.“ Er sei aber auch nicht länger bereit, sich „von einer Minderheit davon abbringen zu lassen, Abstimmungen herbeizuführen, die in der Sache richtig sind.“

Merz versichert, dass eine Koalition mit der AfD für ihn nicht infrage komme. Am Tag nach der Wahl seien Stimmen für die AfD für das Ziel eines Politikwechsels deswegen „nichts mehr wert“. Aber was bedeutet der Eklat im Bundestag für eine Zusammenarbeit zwischen den sogenannten Parteien der Mitte, also CDU/CSU, SPD, Grüne und FDP?

Auch Ex-Bundeskanzlerin Merkel schaltet sich ein

Von der Grünen-Fraktionsführung kam trotz heller Empörung keine Absage an Schwarz-Grün. Der Vorsitzende der Grünen Jugend, Jakob Blasel, sagte dagegen dem Spiegel, solange Merz an der Spitze stehe, „dürfen die Grünen keine Koalition mit CDU und CSU eingehen“.

Ex-Kanzlerin Angela Merkel (CDU) kritisierte am Donnerstag das Vorgehen der Union. In einer von ihrem Büro veröffentlichten Erklärung bezeichnet es Merkel als falsch, „sehenden Auges erstmalig bei einer Abstimmung im Deutschen Bundestag eine Mehrheit mit den Stimmen der AfD zu ermöglichen“.


Von Johannes Hirschlach und dpa
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