Einer der spektakulärsten Einbrüche der vergangenen Jahre beschäftigt ab diesem Januar die Richter. Das Landgericht Ingolstadt will die Hintergründe des Goldschatz-Diebstahls in einem Manchinger Museum im ersten Halbjahr 2025 mit insgesamt 31 Verhandlungstagen aufklären. Wie das Gericht berichtete, beginnt das Verfahren am 21. Januar. Die weiteren Prozesstermine sind bislang bis 5. Juni vorgesehen.
Im November 2022 waren Diebe in das Kelten Römer Museum im oberbayerischen Manching eingedrungen und hatten den rund 2.100 Jahre alten keltischen Goldschatz gestohlen, der das Aushängeschild des Museums war. Die meisten der rund 450 Münzen sind nach wie vor verschwunden.
Die Ermittler beziffern den Wert des Goldschatzes mit mehr als eineinhalb Millionen Euro. Experten verweisen darauf, dass die entwendete Sammlung wissenschaftlich von unschätzbarem Wert und nicht zu ersetzen ist. Bayerns Kunstminister Markus Blume (CSU) sprach nach der Tat von einem „Anschlag auch auf unser kulturelles Gedächtnis“.
Die Staatsanwaltschaft hatte im vergangenen Sommer vier Männer, damals im Alter zwischen 43 und 51 Jahren, wegen schweren Bandendiebstahls angeklagt. Die Beschuldigten wurden im Juli 2023 festgenommen und sitzen seitdem in Untersuchungshaft. Drei von ihnen stammen nach Angaben der Ermittler aus dem Raum Schwerin, einer aus Berlin. Im Ermittlungsverfahren hatten sie sich zu den Vorwürfen laut Staatsanwaltschaft nicht geäußert.
Ob sie im Prozess aussagen werden, ist bislang nicht bekannt. Rechtsanwalt Klaus Wittmann, der mit einem Kollegen einen der Angeklagten vertritt, sagte vor der Verhandlung, er müsse eine mögliche Aussage noch mit seinem Mandanten besprechen.
Das Quartett ist auch wegen 30 weiterer Taten angeklagt. Seit 2014 sollen sie in unterschiedlicher Besetzung in Supermärkte, Fast-Food-Restaurants, Zulassungsstellen und Tankstellen eingestiegen sein, um Geldautomaten oder Tresore aufzubrechen.
Die 1999 in Manching ausgegrabene Münzsammlung war der größte keltische Goldfund des vergangenen Jahrhunderts. Nur wenige Monate nach der Entdeckung fiel damals die Entscheidung, die Goldmünzen in einem neuen Museum zu zeigen. Im Jahr 2006 wurde das Manchinger Museum eröffnet, der Goldschatz wurde neben zwei zuvor bereits in der Umgebung gefundenen Römerschiffen zum Prunkstück des Hauses.
Doch trotz des herausragenden archäologischen Wertes war das Museum nur unzureichend gegen Einbrüche gesichert. Die Täter konnten relativ leicht in das Ausstellungshaus gelangen. Zunächst hatten sie am 22. November 2022 nachts in der Telefonzentrale in Manching die Glasfaserkabel gekappt. Etwa eine Stunde später brachen sie in das Museum ein, dessen Alarmanlage durch die Sabotage an den Kabeln außer Funktion gesetzt war. Eine zusätzliche Sicherung, wie bei modernen Anlagen üblich, war offenbar nicht vorhanden.
Doch dies stellte sich nicht als einziges Defizit des Sicherheitssystems heraus. Wie die Kripo später kritisierte, lieferten die Überwachungskameras auch keinerlei für die Fahndung brauchbaren Aufnahmen des letztlich nur neun Minuten langen Einbruchs.
Für das bayerische Landeskriminalamt (LKA) wurde der Einbruch zu einem herausragenden Fall. Das LKA gründete schnell eine 25-köpfige Sonderkommission unter dem Namen „Oppidum“, wie keltische Siedlungen wie die von Manching genannt werden. Die Ermittler suchten mit zahlreichen Beamten die Museumsumgebung ab, Polizeitaucher entdeckten in einem Weiher und einem Fluss Einbruchswerkzeug.
So konnte auch eine DNA-Spur gesichert werden, die vermutlich von einem der Einbrecher stammte. Diese Spur stellte eine Verbindung zu genetischem Material her, das bei mehreren Einbrüchen in Deutschland und Österreich sichergestellt wurde. Letztlich ergab sich so eine Verbindung zu einem Verdächtigen aus Schwerin. Später wurden er und die drei anderem Angeklagten festgenommen.
Der beschuldigte Berliner hatte bei seiner Festnahme 18 Goldklumpen dabei, bei denen es sich nach den bisherigen Ermittlungen um Stücke aus dem Manchinger Goldschatz handelt, die eingeschmolzen wurden. Der größte Teil des rund 3,7 Kilogramm schweren Schatzes ist allerdings bis heute verschwunden. Nun gibt es die Hoffnung, dass der Prozess Hinweise auf den Verbleib liefert.
Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass mindestens zwei der Beschuldigten bereits im Herbst 2021 versucht hatten, in das Manchinger Museum einzusteigen. Damals habe allerdings nicht die Alarmanlage lahmgelegt werden können, weswegen der Diebstahl der Münzen misslungen sei.
Mehrere Medien hatten zudem berichtet, dass die mutmaßliche Bande auch andere Museen ausspioniert habe. Beispielsweise die Keltenwelt am Glauberg in Hessen oder das Edelsteinmuseum in Idar-Oberstein in Rheinland-Pfalz hätten auf der Liste der Einbruchsziele gestanden. Seitens des Ingolstädter Gerichts gab es zu diesen Berichten allerdings zunächst keine Stellungnahme.
© dpa-infocom, dpa:250106-930-335497/1