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Veröffentlicht am 28.12.2025 12:08

Von der Filmlegende zur Tierschützerin: Brigitte Bardot tot

Die Männer lagen Brigitte Bardot zu Füßen und die Frauen ahmten ihre toupierte blonde Mähne nach. (Foto: Uncredited/AP/dpa)
Die Männer lagen Brigitte Bardot zu Füßen und die Frauen ahmten ihre toupierte blonde Mähne nach. (Foto: Uncredited/AP/dpa)
Die Männer lagen Brigitte Bardot zu Füßen und die Frauen ahmten ihre toupierte blonde Mähne nach. (Foto: Uncredited/AP/dpa)

Wild, enthemmt und barfüßig: Nie zuvor hatte man eine Schauspielerin so tanzen sehen wie Brigitte Bardot in „Und immer lockt das Weib“. Nur 95 Minuten dauert der Film. Doch sie genügten, um aus der jungen Frau mit dem Schmollmund über Nacht weltweit einen Star zu machen. Im Alter von 91 Jahren ist die Filmlegende gestorben, wie die Fondation Brigitte Bardot mitteilte. 

Aufstieg zur Ikone

Bardot, oder B.B., wie sie auch genannt wurde, war einer der größten Stars, die Frankreich je hervorgebracht hat. Ihre Karriere währte dabei vergleichsweise kurz: In nur 21 Jahren drehte sie über 45 Filme – darunter „Die Verachtung“ von Jean-Luc Godard, „Privatleben“ von Louis Malle und „Die Wahrheit“ von Henri-Georges Clouzot. Darin präsentierte sie ihre sinnliche Ausstrahlung mit einer bis dahin ungekannten Natürlichkeit und Unverblümtheit.

Der Nachwelt hinterlässt sie einige der sinnlichsten Filme der Kinogeschichte – Zeugnisse einer Schauspielerin, die mit Selbstbewusstsein, Erotik und nonchalanter Freiheit ein neues Frauenbild prägte. In den Folgejahren wurde sie zur kompromisslosen Tierschützerin und sorgte immer wieder mit politischen Aussagen für Aufsehen. Ihre Sympathien für die extreme Rechte und ihre teils rassistischen Äußerungen brachten ihr mehrfach Verurteilungen ein.

Sinnbild einer neuen Weiblichkeit

„Ein Weib wie der Satan“ und „Mit den Waffen einer Frau“ waren weitere Streifen, in denen das Mädchen mit Pferdeschwanz zum internationalen Star aufstieg. Die Männer lagen ihr zu Füßen und die Frauen ahmten ihre toupierte blonde Mähne nach. Bardot löste Massenaufläufe und Hysterie aus – wo immer sie auch auftrat.

Bardots sexuelle Freiheit fing da an, wo die ihrer damaligen Schauspielkolleginnen aufhörte: beim Dekolleté-Ansatz. Mit ihrer Devise „Freiheit, Gleichheit, Sinnlichkeit“ schockierte und faszinierte sie zugleich. 

Ungezwungen offenbarte sie ihren Körper den Fotografen. Und aus ihren Affären machte sie keinen Hehl. Sie war mit dem Sänger, Schauspieler und Komponisten Serge Gainsbourg liiert, hatte eine Beziehung mit dem Schauspielkollegen Jean-Louis Trintignant und war viermal verheiratet – unter anderem mit dem Playboy Gunter Sachs und dem Regisseur Roger Vadim, der ihr 1956 mit „Und immer lockt das Weib“ zum internationalen Durchbruch verhalf.

Vadim heiratete Bardot, als sie gerade 18 war und formte sie nach seinem Bild. Er trainierte mit ihr den berühmten Schmollmund und ließ ihre kastanienbraune Mähne blond färben. Mit ihm drehte sie auch einen ihrer letzten Streifen, „Don Juan 73“. 

Zwischen Chanson und Kultstatus

Neben der Filmtätigkeit entdeckte Bardot auch die Welt des Chansons. Bekannt wurde sie vor allem durch die provokativen Lieder von Gainsbourg. Zu den bekanntesten Chansons, die er für sie geschrieben hat, gehören „Harley Davidson“ und das Lied „Je t'aime… moi non plus“, dessen Veröffentlichung Bardot jedoch aus privaten Gründen zunächst verhinderte. Erst Mitte der 80er Jahre erschien die Aufnahme mit Bardot offiziell. 

Bereits als 15-Jährige hatte sie vor der Kamera posiert. Als Fotomodell zierte sie die Titelseiten bekannter Modemagazine und wurde zu einem der begehrtesten Mannequins. Dann entdeckte sie Regisseur Jean Boyer und ließ sie in „Le Trou Normand“ gleich in die Rolle einer jungen Frau schlüpfen, die einem jungen Mann und Erben eines beachtlichen Vermögens den Kopf verdrehen soll. Das war 1952. Vier Jahre später ließ Bardot sich für Vadim in „Und immer lockt das Weib“ im Evakostüm filmen.

Radikaler Rückzug

Mit rund 40 Jahren zog Bardot sich abrupt aus dem Filmgeschäft zurück. Der Ruhm war für sie zum Alptraum geworden: „Für mich war es die Hölle. Ich hatte kein Leben. Ich war eine Gefangene meiner selbst. Eine Gefangene meines Gesichts“, sagte sie später. Sie sei für Journalisten und Paparazzi Freiwild gewesen.

Ein weiterer Grund für ihren Rückzug: Bardot wollte nicht auf der Leinwand altern. „Ich bin Brigitte Bardot, und diese Brigitte Bardot da oben auf der Leinwand wird niemals 60 sein.“ Ihre Entscheidung bereute sie nie – Schauspielerin habe sie ohnehin nie werden wollen. In ihren Memoiren schrieb sie, sie habe immer davon geträumt, Ballerina zu werden und kranke Tiere auf einem Bauernhof zu pflegen.

Von der Leinwand zur Tierrettung

Und so schlüpfte sie von der Rolle des Leinwandstars in die der militanten Tierschützerin und Menschenverächterin. „Ich hasse die Menschen. Mein Gleichgewicht finde ich in der Natur, in der Gesellschaft von Tieren“, erklärte sie. In ihrem 2018 veröffentlichten Buch „Larmes de combat“ (Tränen des Kampfes) schrieb sie, dass die Entscheidung, für die Tiere alles zu verlassen, die schönste ihres Lebens gewesen sei.

Zurückgezogen in ihrer Villa „La Madrague“ in Saint-Tropez widmete sie sich der Rettung der Tiere. 1986 gründete sie im Kampf gegen Tierquälerei eine Stiftung. Dafür veräußerte sie einen Teil ihres Privatbesitzes. Nach ihr wurde auch ein Trimaran der Umweltschutzorganisation Sea Shepherd genannt, deren aktive Unterstützerin Bardot war.

Die ewige Provokateurin

Auch nach dem Rückzug von der Leinwand blieb Bardot laut – und provozierend. 1992 heiratete sie einen Vertrauten von Jean-Marie Le Pen, dem Gründer der rechtsextremen Partei Front National (heute Rassemblement National), und radikalisierte sich politisch wie sprachlich. Mit militantem Tierschutz und ihren Tiraden gegen Homosexuelle, Linke, Obdachlose und Migrantinnen und Migranten geriet sie immer wieder ins Visier der Justiz.

Ihre Unangepasstheit blieb bis zuletzt prägend: So verteidigte sie öffentlich die wegen sexueller Übergriffe beschuldigten Schauspieler Gérard Depardieu und Nicolas Bedos – mit der provokanten Bemerkung, talentierte Männer würden „in den tiefsten Kerker verbannt“, nur weil sie „einem Mädchen an den Hintern fassen“. Man solle sie „wenigstens weiterleben lassen – sie können ja gar nicht mehr leben“.

Bis ins hohe Alter hielt sie an ihrer Haltung fest: „Ich werde mein ganzes Leben lang sagen, was ich denke, ob das gefällt oder nicht.“ Daran ließ sie nie Zweifel.

© dpa-infocom, dpa:251228-930-472845/1


Von dpa
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