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Veröffentlicht am 18.11.2025 09:56, aktualisiert am 18.11.2025 12:58

Vor Schuss: Zwölfjährige soll Polizisten angegriffen haben

In diesem Mehrfamilienhaus im Bochumer Stadtteil Hamme ereignete sich der folgenschwere Polizeieinsatz. (Foto: Christoph Reichwein/dpa)
In diesem Mehrfamilienhaus im Bochumer Stadtteil Hamme ereignete sich der folgenschwere Polizeieinsatz. (Foto: Christoph Reichwein/dpa)
In diesem Mehrfamilienhaus im Bochumer Stadtteil Hamme ereignete sich der folgenschwere Polizeieinsatz. (Foto: Christoph Reichwein/dpa)

Nach dem Schuss eines Polizisten auf eine Zwölfjährige in Bochum gehen die Ermittler davon aus, dass das Mädchen die Beamten zuvor angegriffen hat. Der Schuss aus der Dienstwaffe sei erst gefallen, als sich die Zwölfjährige mit zwei Messern in der Hand unmittelbar vor den Polizisten befunden habe, betonten Polizei und Staatsanwaltschaft. Kurz zuvor seien der Mutter des Mädchens Handschellen angelegt worden.

Die Zwölfjährige wurde bei dem Einsatz in der Nacht zum Montag am Bauch getroffen und mit zunächst lebensgefährlichen Verletzungen ins Krankenhaus gebracht. Ihr Zustand sei weiterhin „kritisch, aber stabil“, sagte ein Sprecher der Polizei Essen.

Man habe die Zwölfjährige bislang nicht selbst befragen können. „Sie ist auf der Intensivstation, da geht jetzt erstmal die ärztliche Behandlung vor“, sagte der Sprecher. Ermittlungen gegen sie wegen des mutmaßlichen Messerangriffs gibt es nicht, da sie mit zwölf Jahren noch nicht strafmündig ist.

Mädchen wurde von Betreuern vermisst

Zu dem Einsatz war es gekommen, weil die Zwölfjährige seit Sonntag in ihrer Wohngruppe in Münster vermisst wurde und offensichtlich zu ihrer Mutter nach Bochum gefahren war. Weil das Mädchen lebenswichtige Medikamente einnimmt, seien vier Beamte mitten in der Nacht dorthin gefahren und hätten an der Wohnungstür geklingelt. Doch erst nach einer Stunde habe die Mutter gegen 1.30 Uhr die Tür geöffnet.

In der Wohnung hätten die Beamten dann das vermisste Mädchen und den Bruder sehen können - allerdings habe die Mutter ihnen den Zutritt zur Wohnung versperrt. „Um zu dem Mädchen zu gelangen, zogen die Einsatzkräfte die Mutter in den Hausflur und fixierten sie“, schrieben Polizei und Staatsanwaltschaft.

Angriff mit zwei Küchenmessern

„Daraufhin betraten die Einsatzkräfte die Wohnung. In diesem Moment trat die Vermisste aus der Küche und griff mit zwei größeren Küchenmessern in der Hand die Beamten an“, schrieben die Behörden weiter.

Zwei Polizisten hätten daraufhin zu ihren Waffen gegriffen. Einer nutzte demnach ein Elektroimpulsgerät (DEIG) - eine Waffe, die den Getroffenen durch einen Stromstoß kurz handlungsunfähig macht, aber nicht lebensgefährlich verletzt. Ein anderer griff zu seiner Dienstwaffe. „Als sie sich unmittelbar vor den Polizisten befand, setzten diese die Schusswaffe und das DEIG ein“, schrieben Polizei und Staatsanwaltschaft.

Tochter und Mutter sind gehörlos

Besonders schwierig könnte der Einsatz auch dadurch gewesen sein, dass nach Angaben der Polizei sowohl die Zwölfjährige als auch die Mutter gehörlos sind. Ob und wie überhaupt eine Kommunikation zwischen den Einsatzkräften und den beiden Gehörlosen möglich war, werde weiter ermittelt, sagte ein Polizeisprecher.

Ein Gebärdendolmetscher sei bei dem Einsatz nicht dabei gewesen. Da klar gewesen sei, dass die Zwölfjährige seit Stunden ihre lebenswichtigen Medikamente nicht genommen habe, sei entschieden worden, mit dem Einsatz mitten in der Nacht möglichst schnell an sie heranzukommen, um sie zu einem Arzt bringen zu können.

„Hätten wir noch weitere Stunden gewartet, wäre es womöglich zu spät gewesen“, sagte der Sprecher. „Außerdem kann man sich mit Gehörlosen eigentlich gut verständigen - mit Hand und Fuß, mit Zettel und Stift oder einer App.“

Ermittlungen zum Einsatz der Bodycams

Ob die Bodycams der Polizisten während des Einsatzes angeschaltet waren und das Geschehen aufgenommen haben, sei „Gegenstand der Ermittlungen“, sagte der Polizeisprecher. Bodycams gehören zur Ausrüstung der Polizisten in Nordrhein-Westfalen, müssen aber in Einsätzen von den Beamten bewusst eingeschaltet werden, damit sie Aufnahmen machen.

© dpa-infocom, dpa:251118-930-305987/4


Von dpa
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