Die katholische Kirche hat in Deutschland derzeit ein paar Spitzenjobs zu vergeben. Zum Beispiel in Paderborn, Osnabrück und im fränkischen Bamberg. Seit dem 1. November 2022 wartet man im bayerischen Erzbistum nach dem Rücktritt von Ludwig Schick auf einen neuen Chef, im Erzbistum Paderborn wurde der Posten schon einen Monat früher frei. Seitdem: Stille aus dem Vatikan.
Dabei dürften diese ausstehenden Personalentscheidungen auch vorgeben, welche Richtung sich Rom für die deutsche Kirche wünscht: Werden die Reformkräfte gestärkt, die sich Frauen im Priesteramt oder nicht-zölibatär lebende Pfarrer vorstellen können? Oder soll alles so bleiben, wie es ist?
„Papst Franziskus und seine Kurie haben jetzt die Möglichkeit, bei demnächst vier vakanten Bischofsstühlen, Kandidaten zu ermitteln, die nicht auf der Linie des Synodalen Weges liegen, sondern eher das luftige Programm einer Beteiligungskirche von Franziskus unterstützen, bei dem am Ende allein der Papst entscheidet“, sagt der Kirchenrechtler Thomas Schüller aus Münster. Neben Bamberg, Paderborn und Osnabrück dürfte auch der Bischofsstuhl von Rottenburg-Stuttgart bald frei werden, Gebhard Fürst hat ein Rücktrittsgesuch aus Altersgründen eingereicht.
Der Chef der Deutschen Bischofskonferenz (DBK), Georg Bätzing, gilt als reformfreudig, mit Verve engagierte er sich im Synodalen Weg, bei dem gemeinsam mit Laien Wege aus der Krise gesucht werden sollten und nahm dabei manch rüde Abweisung aus Rom für deutsche Reformideen in Kauf. Doch es gibt auch eine starke konservative Strömung, vertreten etwa durch den Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki und den Regensburger Bischof Rudolf Voderholzer.
Neue Bischöfe zu finden, ist schwer geworden in Deutschland, denn der Fachkräftemangel in der katholischen Kirche ist eklatant: 2001 wurden nach DBK-Zahlen 124 Männer geweiht, 2022 waren es gerade einmal 45. Das bedeutet, dass auch der Kandidatenkreis für Bischofsämter immer kleiner wird. Immerhin erwartet das Kirchenrecht eine fundierte theologische Ausbildung, bestenfalls einen Doktortitel, was die Auswahl noch drastischer einschränkt.
Ein Jahr Sedisvakanz - so heißt die bischoflose Zeit im Kirchenjargon - ist jedoch nach Worten Schüllers nicht ungewöhnlich. Das Verfahren sei komplex, viele Menschen und Gremien seien beteiligt. In jüngster Vergangenheit komme es zudem immer mehr vor, dass designierte oder gewählte Bischöfe ablehnen, das Amt anzunehmen, sagt Schüller: „Auch hier liegt oft ein Grund für zeitliche Verzögerungen.“
Die Ämter in der Kirche und damit auch das Bischofsamt müssten neu überdacht werden, heißt es bei der Reformbewegung „Wir sind Kirche“: Wenn Synodalität das Strukturprinzip der Kirche werden solle, müsse sich gerade im Bischofsamt Grundlegendes ändern. In diesem Jahr sei der im Vatikan für die Bischofsbesetzungen zuständige Kardinal Marc Ouellet abgelöst worden durch Robert Francis Prevost: „Mit ihm verbinden sich große Hoffnungen.“
Die Herausforderungen jedenfalls sind groß für die künftigen Bischöfe - egal, ob sie eine progressive Position einnehmen oder sich als Bewahrer etablieren wollen. Die Zahlen der Kirchenaustritte sind in allen Diözesen extrem hoch, viele Missbrauchsfälle harren der Aufklärung.
Und hier sieht „Wir sind Kirche“ auch Schwierigkeiten für Bistümer, die offiziell noch einen Bischof haben: „Ein großes Problem stellen Diözesen dar, in denen amtierende Bischöfe mit dem Vorwurf konfrontiert sind, dass sie oder ihre Vorgänger nicht gegen den Missbrauch vorgegangen oder jedenfalls die Aufklärung des Missbrauchs nicht entschlossen genug vorangetrieben haben. Auch insoweit ist ein enormer Vertrauensverlust eingetreten, der die Fähigkeit dieser Bischöfe zur Führung ihrer Diözese beeinträchtigt.“
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