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Veröffentlicht am 22.05.2023 12:36

Wenn drin ist, was nicht reingehört: Fehlwürfe im Biomüll

Fehlwürfe verhindern eine optimale Verwertung des Biomülls. (Foto: Uli Deck/dpa/Produktion)
Fehlwürfe verhindern eine optimale Verwertung des Biomülls. (Foto: Uli Deck/dpa/Produktion)
Fehlwürfe verhindern eine optimale Verwertung des Biomülls. (Foto: Uli Deck/dpa/Produktion)

Was ist da denn alles drin? Obstschalen, Salat, Gras? Alles jedenfalls sehr viel breiiger und zermatschter als gedacht. Und es müffelt schon ziemlich in der großen Halle, in der die Müllwagen kommunaler Abfallwirtschaftsbetriebe am Tag zuvor ihren Biomüll abgeladen haben. Der aufgeschüttete Haufen ist stattlich, einzelne Bestandteile nicht mehr so recht auszumachen. Außer dem Plastik.

Das schimmert ab und zu weiß, grün, blau hervor. In Form etwa von Flaschendeckeln, Joghurtbechern und vor allem aber zerfetzten Plastiktüten. Daniel und Tobias Bauer schauen dann etwas betrübt. „Eine „schlechte“ Tonne Müll versaut uns die ganze Charge“, sagen die Brüder, die im Landkreis Heilbronn den technischen Betrieb des Unternehmens Bauer Kompost in Bad Rappenau verantworten.

Rund 20.000 Tonnen Biomüll verarbeitet ihr Unternehmen jährlich, es bereitet den von mehreren Landkreisen angelieferten Inhalt der Biotonnen zu Kompost oder Biogas auf. Oder verbrennt Teile davon, die wegen sogenannter Störstoffe, die durch „Fehlwürfe“ seitens der Bürger verursacht werden, nicht mehr verwendbar sind.

Fehlwürfe verhindern optimale Verwertung

Diese „Fehlwürfe“ sind es, die bisher einer optimalen Verwertung entgegenstehen. In der Biotonne finden sich im Südwesten im Schnitt zwischen 2,3 und 2,6 Prozent Fremdstoffe. Dazu gehörten Glas, Kunststoff oder gar Babywindeln und verkotetes Katzenstreu, so eine Sprecherin des Stuttgarter Umweltministeriums.

Die Bundesgütegemeinschaft Kompost (BGK) spricht von bundesweit bis zu 4 Prozent, der Bundesverband der Deutschen Entsorgungs-, Wasser- und Kreislaufwirtschaft (BDE) sogar von bis zu 5 Prozent. Hört sich vielleicht nach wenig an, ist aber schnell zu viel.

Denn zum 1. Mai 2025 tritt die Regelung in Kraft, dass Bioabfälle mit mehr als drei Prozent Fremdstoffanteil zurückgewiesen werden können. Das heißt dann auch: Mehr Kontrollen. „Eine sortenreine Erfassung von Bioabfällen muss durch kontinuierliche Öffentlichkeitsarbeit, Aufklärung der Verbraucher und Kontrollen bis hin zu Sanktionen (Biotonnen stehen lassen) begleitet werden“, teilt BGK-Geschäftsführer David Wilken mit.

Abfallkonzern Alba setzt Detektorfahrzeug ein

Viele Landkreise bundesweit tun das schon. Alba, einer der größten Abfallkonzerne Deutschlands, holt beispielsweise im Landkreis Heilbronn Biomüll ab - und arbeitet dabei auch mit einem sogenannten Detektorfahrzeug.

„Diese stellen mögliche Metalle in den Biotonnen fest und blockieren bei Bedarf die Schütteinrichtung, sodass die Tonne nicht entleert werden kann“, erläutert ein Unternehmenssprecher. In einigen Gebieten würden auf Wunsch von Kunden auch stichprobenartige Sichtungen durchgeführt. Verschmutzte Behälter würden dann gekennzeichnet und blieben ungeleert stehen.

„Es ist einfach so, wenn die Kontrolle fehlt, dann hat man auch keinen Anreiz mehr zum getrennt sammeln“, sagt auch Daniel Bauer. Alles, was bei ihm in der Anlage als „Siebrest“ bleibt, also Plastik, Glas und andere Fremdkörper, muss er teuer entsorgen.

Der eigentlich „schreiende Müllskandal“ sei jedoch, dass durchschnittlich etwa 40 Prozent des Inhaltes von Restmülltonnen aus Bioabfällen besteht, sagt ein BDE-Sprecher. Vier Millionen Tonnen Küchen- und Grünabfälle würden so jährlich verbrannt - statt vergoren oder kompostiert zu werden. Nach Plänen des Umweltministeriums in Stuttgart sollen künftig mehr biogene Anteile aus dem Restmüll abgeschöpft werden, um die Menge des gesammelten Biomülls weiter zu steigern. Doch wie genau das gemacht werden soll, ist noch unklar.

© dpa-infocom, dpa:230522-99-779976/3


Von dpa
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