Zwei Klicks hier, schnell die Karte gezückt da - und zu Hause stapeln sich Kartons, Tüten und Dinge, die man gar nicht braucht. Mehr als fünf Prozent der Deutschen zeigen Anzeichen einer sogenannten Kaufsucht, schätzen Forschende.
Von Kaufsucht spreche man, „wenn ein starker innerer Drang besteht, das Verhalten auszuführen“, sagt Patrick Trotzke, Professor für Klinische Psychologie und Psychotherapie an der Kölner Charlotte Fresenius Hochschule. Die Betroffenen haben keine Kontrolle mehr über Beginn und Beendigung ihres Verhaltens. Sie können ihren Konsum nicht stoppen, obwohl negative Konsequenzen wie Überschuldung oder Streit mit Angehörigen bereits eingetreten sind.
Zwar haben Betroffene somit eine bestimmte Symptomatik; eine „Kauf-Shopping-Störung“, so nennt es etwa die Hannoveraner Professorin Astrid Müller, die schon lange dazu forscht, ist aber bislang nicht als eigenständige Erkrankung in psychiatrischen Diagnosesystemen anerkannt. Sie wird jedoch im gängigen Klassifikationssystem unter „anderen spezifischen Impulskontrollstörungen“ aufgeführt. Das bedeutet, dass eine Therapie unter Umständen von der Krankenkasse übernommen wird.
Viele Menschen mit problematischem Kaufverhalten warten jahrelang, bis sie sich Hilfe suchen – häufig dann, wenn die finanzielle Not und die psychische Belastung kaum noch auszuhalten sind. Eine Spirale, in der der Leidensdruck immer größer wird.
Eine erste Anlaufstelle können Beratungsstellen der Suchthilfe sein. In der Regel empfehlen Experten zur Behandlung eine Psychotherapie, speziell eine kognitive Verhaltenstherapie. Sie kann als Einzel- oder auch als Gruppentherapie gemacht werden. Hier geht es darum, die Motivation und die Auslöser für exzessives Kaufverhalten zu erkennen und Bewältigungsstrategien zu lernen.
Hat Kaufen etwa die Funktion einer Belohnung, kann man Alternativen finden. „Das ist oftmals ein schwieriger Prozess“, so Astrid Müller. Denn es geht darum, etwas zu finden, was ähnliche Hochgefühle wie das Kaufen verschafft.
Was ein „sinnvolles Kaufverhalten“ ist, sei schwer zu definieren, sagt Müller. Sie rät, eine genaue Übersicht über alle Ein- und Ausgaben zu erstellen und sich für jeden Kauf klarzumachen: Was war das Motiv dafür?
Oft werden zur Selbstdisziplin auch Maßnahmen empfohlen wie mit Bargeld statt Karte zu zahlen, Shopping-Apps löschen, vor jedem größeren Kauf 24 Stunden nachdenken und etliche mehr. Entscheidend für den Erfolg aller Maßnahmen ist Müller zufolge, eine eigene innere Motivation zur Änderung aufzubauen.
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