Während viele Eigenheimbesitzer längst eine Photovoltaikanlage auf dem Dach ihres Hauses haben, sind die meisten Dächer von Mehrfamilienhäusern mit mehreren Eigentümern noch unbelegt. Als Grund werden oft steuerliche und bürokratische Hürden genannt.
Dabei gibt es durchaus Möglichkeiten, wie auch Wohnungseigentümergemeinschaften (WEG) mit überschaubarem Aufwand vom selbst erzeugten Sonnenstrom profitieren können.
Die Energieagentur Regio Freiburg hat in einem Leitfaden mehrere Wege zusammengefasst, wie WEG Solarenergie für sich nutzen können. „Darin werden verschiedene Betriebskonzepte vorgestellt - vom Mieterstrom über die Allgemeinstromversorgung bis hin zu Einzelanlagen und Volleinspeisung des erzeugten Stromes“, sagt Johannes Jung von der Energieagentur.
„Die verschiedenen Betriebskonzepte haben unterschiedliche rechtliche und steuerliche Konsequenzen“, sagt Rechtsanwalt Michael Nack vom Verbraucherschutzverband Wohnen im Eigentum (WiE). Grundsätzlich sei die Installation einer PV-Anlage auf dem Gemeinschaftsdach eine bauliche Veränderung, die eine WEG mit einfacher Mehrheit beschließen kann.
Nur diejenigen WEG-Mitglieder, die für die Installation stimmen, müssen später auch die Kosten tragen. Es sei denn, die Maßnahme amortisiert sich oder es wird bei der Beschlussfassung die doppelt qualifizierte Mehrheit (mehr als zwei Drittel der Stimmen und mehr als die Hälfte der Miteigentumsanteile) erreicht. Dann müssen alle Eigentümer die Kosten mittragen, in der Regel aufgeteilt nach den Miteigentumsanteilen.
Doch welches Betriebskonzept kommt überhaupt infrage? Besonders naheliegend: Die WEG installiert gemeinsam eine Photovoltaikanlage auf dem Dach. Zu klären ist dann, ob mit der Anlage nur der Allgemeinstrom, also etwa für Aufzug und Treppenbeleuchtung, erzeugt werden oder ob der Strom auch in den Wohnungen genutzt werden soll.
„Die Planung und Vorbereitung einer Gemeinschaftsanlage ist ziemlich zeitintensiv, denn es muss in der Gemeinschaft Überzeugungsarbeit geleistet werden, damit die notwendigen Mehrheiten auch zustande kommen“, so Nack. Den verbindlichen Beschluss kann ausschließlich die Eigentümerversammlung fassen, die üblicherweise nur einmal im Jahr stattfindet.
Und es gibt noch eine zweite Hürde: Wenn die WEG den Strom produziert und verkauft, wird sie rechtlich einem Stromversorgungsunternehmen gleichgestellt und auch steuerlich so behandelt. Das wäre beim sogenannten Mieterstrommodell der Fall, bei dem die Bewohner den Strom für ihre Wohnungen von der WEG beziehen. Dieses Problem verunsichert viele WEG.
Wollen WEG diese bürokratische Hürde umgehen, können sie sich für ein Betriebsmodell entscheiden, bei dem nicht die Eigentümer oder Mieter den Strom beziehen, sondern die Gemeinschaft selbst.
Beim Betriebsmodell Allgemeinstrom produziert die WEG als Gemeinschaft den Solarstrom, verbraucht ihn dann auch selbst in gemeinschaftlichem Eigentum wie Aufzügen, Treppenhausbeleuchtung oder Gemeinschaftsräumen. Damit verkauft sie ihren Strom nicht und gilt auch nicht als Unternehmen. Das macht es in den meisten Fällen bedeutend leichter.
Das einfachste Konzept für den Betrieb einer PV-Anlage ist die Volleinspeisung. Dabei wird der gesamte von der PV-Anlage erzeugte Strom ins öffentliche Netz eingespeist. „Zwar fällt hier der eigene PV-Stromverbrauch im Gebäude weg, aber der Strom bringt der WEG Geld ein“, sagt Johannes Jung. Allerdings fungiere die Wohnungseigentümergemeinschaft dann ebenfalls als Unternehmen.
Findet sich keine Mehrheit, um die PV-Anlage als Gemeinschaftsanlage der WEG zu installieren und zu betreiben, bleibt die Option der Einzelanlagen. „Dabei verpachtet die WEG an einzelne Mitglieder Flächen auf dem Gemeinschaftsdach“, sagt Michael Nack.
Einzelne Wohnungseigentümer werden Pächter, installieren ihre persönliche PV-Anlage und nutzen den Strom in ihrer Wohnung. „Die WEG tritt hier lediglich als Verpächter auf. Voraussetzung ist ein Beschluss der Eigentümerversammlung über die Verpachtung der Dachfläche.“
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