„Sport ist Mord!“ Träfe der bei gemütlichen Zeitgenossen so beliebte Spruch zu, müsste Kalifornien menschenleer sein. Fast jedenfalls.
Es mag auch Couchpotatoes geben, aber unter freiem Himmel sieht man die Kalifornier wie die Wilden: laufen, wandern, klettern, radeln, paddeln, skaten, golfen, schwimmen und surfen. An den Stränden wird Beachvolleyball gespielt und der Körper in Open-Air-Fitnessstudios gestählt.
Der Bundesstaat im Südwesten der USA ist ein Paradies für Aktivurlauber und Santa Monica das Mekka des Körperkults.
Auf dessen kilometerlangem Radweg treiben Biker, Inlineskater und Jogger ihren Sport vorzugsweise mit freiem Oberkörper oder extrem knappem Outfit. Vor der Skyline von Los Angeles wird der Beach zum Laufsteg für alle, die ihren Body mit Training und zuweilen wohl auch mit Hilfe einer ordentlichen Ladung Silikon auf gängige Schönheitsideale getrimmt haben.
Mann und Frau zeigen, was sie haben - und das ist oft farbenfroh tätowiert. An den Stränden kommt man sich mitunter vor wie in einer animierten Werbebroschüre eines Tattoo-Studios.
Das Treiben am Beach ist lebendig, bunt und divers. Im Minutentakt werden neue Vorstellungen auf der kostenlosen Bühne geboten.
Mal rennen Muskelpakete vor den roten Baywatch-Türmen der Rettungsschwimmer durch tiefen, feinen Sand. Dann skatet mal wieder ein skurriler Lebenskünstler vorbei Richtung Malibu, wo die Hollywood-Stars aus Beverly Hills ihre Strandvillen haben.
Am Beach treffen sich alle – Promis und No-Names, Aufsteiger und Aussteiger, Reich und Arm. Genauso wie auf der parallel verlaufenden Ocean Avenue, der Parademeile der PS-Freaks.
Da ziehen aufgemotzte Boliden mit quietschenden Reifen an Ampeln edlen Oldtimern und verrosteten Klapperkisten davon. Dahinter tuckern Harley-Davidson-Fahrer mit langen Bärten erst los, nachdem sie noch einen sehnsüchtigen Blick hinüber zum Santa Monica Pier geworfen haben. Schließlich endet dort die berühmte Route 66, die fast 4.000 Kilometer weiter nordöstlich in Chicago beginnt und 2026 ihr 100-jähriges Jubiläum feiert.
Die ganze Strecke mit dem Motorrad zu fahren, ist sicherlich auch eine sportliche Leistung. Sie ist aber nicht zu vergleichen mit einem Einsteigerkurs in die wohl kalifornischste aller Sportarten: Surfen!
In der Aqua Surf School bringen Coaches wie Chad Bonsack Einsteiger innerhalb weniger Stunden aufs Board. Dazu gehört nur ein bisschen Fitness, ein Fünkchen Talent und etwas Mut. „In der Bucht von Santa Monica gibt eigentlich immer nur kleine Haie“, versucht Bonsack seine Schüler zu beruhigen, die natürlich zuerst nach den berüchtigten Weißen Haien fragen.
Spätestens mit dem Glücksgefühl, wenn man die erste kleine Welle für ein paar Meter reitet, sind alle Bedenken verflogen. Bis dahin fordern unzählige gescheiterte Versuche, aus der liegenden Paddelposition in die gebeugte Schrittstellung aufs Board zu kommen, Ausdauer und Willen.
„Nicht entmutigen lassen“, mahnt Bonsack: „Der Ozean zeigt uns eben immer wieder, wer der Boss ist!“ Nach und nach werden die Spülgänge weniger und die abgerittenen Wellen länger. Bonsack versteht sein Handwerk. Der Surf-Lehrer mit dem triefenden Bart hat schließlich schon zwei Nachwuchs-Wellenreiter bis in die Top 20 der Welt geführt.
Um auch nur annähernd dahin zu kommen, müssten die meisten seiner Surfschüler erst mal zum Krafttraining. Da trifft es sich gut: Bis zum legendären Muscle Beach sind es nur ein paar hundert Meter. Ursprünglich entstanden ist das legendäre Kraftstudio unter freiem Himmel Mitte der 1930er Jahre in Santa Monica.
Auch Arnold Schwarzenegger trainierte dort, als der Strandabschnitt in den 1970er Jahren die Keimzelle des Bodybuilding-Booms war. Als einer der erfolgreichsten Bodybuilder aller Zeiten wurde Schwarzenegger Hollywood-Star und später Gouverneur von Kalifornien.
Lange bevor der ausgewanderte Österreicher in Santa Monica Gewichte stemmte, wurde am Muscle Beach eine andere Sportart groß, die dann um die Welt ging: Beachvolleyball. Erfunden wurde das Spiel schon 1905 auf Hawaii, der erste Klub aber entstand in Santa Monica, wo 1944 auch das erste offizielle Beachvolleyball-Turnier stattfand. Bei den Olympischen Spielen 2028 in Los Angeles wird Beachvolleyball nach Santa Monica zurückkehren.
Das Klima im Südwesten Kalifornien ist wie geschaffen für Sport. Es ist meist sonnig und warm, aber nie schwülheiß. Wem es doch zu warm wird, weicht in die Berge zum Klettern, Rafting oder Wandern aus. Von Death Valley bis Yosemite bietet Kalifornien neun Nationalparks, mehr als jeder andere Bundesstaat.
Und wenn es im Winter an der Küste mal etwas kühler wird, pilgern die einen Sport-Freaks zum Skifahren in bekannte Resorts wie Heavenly und Palisades am Lake Tahoe oder nach Mammoth am Rande der Sierra Nevada. Die anderen, nämlich die Golfspieler, zieht es in die warme Wüste.
Ihr Ziel ist dort das rund 180 Kilometer östlich von L.A. gelegene Palm Springs. Lange war die Stadt im Coachella Valley am Fuße des mehr als 3.300 Meter hohen San Jacinto Peak das Domizil von Hollywood-Stars wie Ava Gardner, Cary Grant oder Frank Sinatra. Auch der deutsche Schauspieler Hardy Krüger lebte zeitweise dort.
Der Deutsche Sven Wiedenhaupt arbeitete dort als Geschäftsführer des „Indian Wells Golf Resorts“, das zu den Top-Golfadressen in Kalifornien zählt. Golf ist in den USA Volkssport. Pebble Beach an der Steilküste der Monterey-Halbinsel zählt zu den schönsten Golfplätzen der Welt. Aber im Großraum Palm Springs ist die Auswahl riesig. Von rund 100 Golfplätzen berichtet Wiedenhaupt.
Einige davon sind für Normalsterbliche unzugängliche „Private Clubs“, die sich hinter hohen Mauern und Bougainvillea-Hecken verstecken. „Da kostet die Aufnahme 250.000 und der Monatsbeitrag 3.000 Dollar“, so der Deutsche. Schöne „Public Courses“ kann man dagegen schon für rund 60 Euro pro Runde spielen.
Während Hotel- und Restaurantpreise seit der Corona-Pandemie in Kalifornien enorm gestiegen sind, halten sich die Kosten für Aktivurlauber in Grenzen. Erst recht, wenn sie sich ein Wohnmobil mieten, das Surfboard aufs Dach und die Bikes ans Heck schnallen.
Authentischer als auf einem Roadtrip über den legendären Highway 1 an der Pazifikküste entlang kann man den „California Way of Life“ ohnehin nicht erleben.
Reiseziel: Kalifornien ist der südlichste Bundesstaat an der Westküste der USA.
Reisezeit: Ganzjährig.
Anreise: Direktflüge nach Los Angeles bietet Lufthansa ab Frankfurt und München. Vor Ort ist ein Mietwagen empfehlenswert.
Einreise: EU-Bürger benötigen für die Einreise in die USA einen gültigen Reisepass und eine elektronische Einreisegenehmigung (Esta).
Unterkunft: Hotels gibt es für jedes Budget, die Preise sind relativ hoch. Eine günstigere Alternative ist ein Wohnmobil.
Touren/Aktivitäten: Kalifornien bietet jegliche Outdoor-Aktivitäten. Ein Surfkurs wie bei Aqua Surf in Santa Monica ist ein Muss für Aktivurlauber. Ein Zweistunden-Einsteigerkurs inklusive Board und Surfanzug kostet 175 US-Dollar. Weitere Anbieter wie die Santa Monica Surf School listet die Website santamonica.com. Wer sich in Santa Monica ein Fahrrad leihen möchte, zahlt etwa 20 Dollar pro Tag. Eine Runde auf dem 18-Loch-Platz des „Indian Wells Golf Resort“ kostet ab 79 Dollar.
Währung: Ein Euro entspricht 1,09 US-Dollar (Stand: 07.04.2025). Weitere Auskünfte: visitcalifornia.com
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