Im Wiedersehen des 1. FC Union Berlin mit dem VfL Bochum steckt viel Brisanz. Die beiden Clubs treffen am Sonntag (15.30 Uhr/DAZN) erstmals seit dem skandalträchtigen Hinspiel in Berlin wieder aufeinander – jener Partie, bei der Bochums Keeper Patrick Drewes von einem Feuerzeug am Kopf getroffen wurde. Seitdem ist das Verhältnis zwischen Union Berlin und dem VfL Bochum angespannt.
Am 14. Dezember musste die Partie im Stadion An der Alten Försterei in der 92. Minute für mehr als 25 Minuten unterbrochen werden, nachdem Drewes von einem Feuerzeug aus dem Union-Block getroffen wurde und vom Feld musste. Da Bochum sein Auswechselkontingent bereits ausgeschöpft hatte, ging Angreifer Philipp Hofmann kurzzeitig ins Tor. Beide Teams passten danach den Ball lediglich hin und her, um die Begegnung zu beenden. Die Partie endete 1:1.
Sowohl das Sport- als auch das Bundesgericht des Deutschen Fußball-Bundes werteten die 1:1 ausgegangene Partie wegen des Eklats mit 0:2 für Bochum. Union kritisierte die Urteile scharf und zog bis vor das Ständige Schiedsgericht. Obwohl die Köpenicker schon am 26. März Klage eingereicht hatten, wird erst in der kommenden Woche entscheiden. Das Schiedsgericht wollte nicht für zusätzlich Brisanz vor dem Rückspiel sorgen. Es scheint jedoch unwahrscheinlich, dass das Urteil grundlegend gekippt wird.
Der VfL braucht als Tabellensiebzehnter jeden Punkt im Kampf um den Klassenverbleib. Für Trainer Dieter Hecking ist der Fokus damit klar. „Die Spieler und Trainer werden das Sportliche ganz klar im Vordergrund haben. Ich verstehe das Interesse drumherum. Ich will mich damit aber nicht großartig beschäftigen“, sagte der 60-Jährige. Hecking betonte, dass durch die Vorfälle eine neue Rivalität entstanden sein könnte, die es zuvor nicht gegeben habe. „Es ist wie so ein Feuer, was immer noch so ein bisschen lodert.“
Da die seit sechs Spielen ungeschlagenen Berliner den Klassenerhalt inzwischen sicher haben, ist die sportliche Brisanz aus Union-Sicht nur noch klein. „Es geht da jetzt nicht um Revanche, Rache oder irgendsowas. Den Blödsinn stellen wir gleich ab“, sagte Union-Kapitän Christopher Trimmel. Es gehe einfach darum, den erfolgreichen Weg konzentriert weiterzugehen.
Das Verhältnis zwischen den Fans ist angespannt. „Vielleicht gibt es Provokationen, da wird von außen was kommen, es wird laut sein. Ich kenne das Stadion“, erklärte Kapitän Trimmel. Union-Geschäftsführer Horst Heldt betonte zuletzt: „Natürlich wird es wichtig sein, sich im Zuge dieses Spiels noch mal besonders auszutauschen. Wir wollen auf dem grünen Rasen dieses Spiel führen und möglichst einen guten Auftritt haben.“
Im Ruhrstadion gab es wiederholt Ärger im Gästeblock – zuletzt im März, als die Partie gegen Frankfurt wegen eines Fanbanners, das nach Angaben der Gastgeber einen Fluchtweg versperrte, erst mit 50 Minuten Verspätung begann. Der VfL äußerte schon vor Wochen die Sorge, dass Auswärtsfans künftig aus Provokation gezielt Vorgaben missachten und einen Anstoß verhindern oder Spiel unterbrechen könnten.
Eine Union-Ultragruppierung rief in sozialen Medien und auch mit einem Banner bei den letzten Heimspielen unter dem Motto „Alle in Rot nach Bochum“ zum Fan-Marsch vom Hauptbahnhof zum Stadion auf - in Bochum nichts Ungewöhnliches. Die Polizei Bochum hat die Partie laut „WAZ“ als „Spiel mit erhöhtem Risiko“ eingestuft und ist mit entsprechendem Konzept und Kräften vor Ort.
Ein Verbot von Feuerzeugen gibt es nicht. „Ein Szenario, bei dem intensivste Personenkontrollen durchgeführt werden, um zum Beispiel potenzielle Wurfgegenstände herauszufiltern, ist unrealistisch und kommt bis dato in keinem Fußballstadion zur Anwendung“, teilte der VfL-Bochum auf Anfrage der „WAZ“ mit. Es werde aber „angemessene Einlasskontrollen“ geben.
Es ist eine intensive Partie mit hoher emotionaler Temperatur zu erwarten. Für den VfL Bochum steht viel auf dem Spiel: Der Abstiegskampf spitzt sich zu, jeder Punkt zählt. Entsprechend ist mit einem engagierten, kampfbetonten Auftritt der Gastgeber zu rechnen. Union Berlin hingegen kann nach dem gesicherten Klassenerhalt befreit aufspielen. Dennoch werden die Köpenicker bemüht sein, sportlich ein Zeichen zu setzen – nicht zuletzt als Reaktion auf das unrühmliche Hinspiel vor 134 Tagen.
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