35-Jährige sucht Hilfe beim Weg aus der Depression – Schulden drücken aufs Gemüt | FLZ.de | Stage

arrow_back_rounded
Lesefortschritt
Veröffentlicht am 21.12.2025 11:10

35-Jährige sucht Hilfe beim Weg aus der Depression – Schulden drücken aufs Gemüt

Trotz Rückschlägen gibt Bettina M. (Name geändert) nicht auf. Seit der Pubertät kämpft sie gegen Krankheiten. Deutlich gebessert hat sich ihr Leben, seit sie einen Hirnschrittmacher hat. Doch Lichtblicke kann sie nur schwer genießen, finanzielle Sorgen rauben ihr den Atem.

Die Wintersonne tut Bettina M. gut. „Als ich gesehen habe, dass sie scheint, bin ich raus und habe mein Gesicht hineingehalten”, sagt die 35-Jährige. Dass sie auf sich und ihren Gemütszustand achtet, ist wichtig. Seit sie 17 Jahre alt ist, „grätscht die Depression immer wieder in mein Leben”, erzählt die Frau.

„Ich war zurückhaltend und in mich gekehrt. Dass die Hormone daran schuld sind, habe ich am Anfang gedacht”, denkt sie zurück. Ein Arzt schaffte Klarheit: Er diagnostizierte die Krankheit Depression. Diese erste Depression, die M. durchlebt hat, ließ sich noch ganz gut mit pflanzlichen Mittel behandeln.

Die Krankheit wurde immer schlimmer

In den kommenden Jahren folgten weitere Episoden, von Mal zu Mal wurde die Krankheit schlimmer. Weil sie immer wieder unterbrechen musste, dauerte ihre Ausbildung zur Hauswirtschafterin vier statt der gewöhnlichen zwei Jahre. „Ich arbeite unglaublich gerne mit Menschen zusammen”, schwärmt sie von den Lebensphasen, in denen sie unter anderem in Familien und Privathaushalten mit angepackt hat. In Zeiten depressiver Schübe war sie krankgeschrieben. Sie musste auch Jobs aufgeben.

Im Jahr 2018 hatte sie die schwerste Depression ihres Lebens. Tabletten, Gespräche, Elektrokrampftherapie – „nichts hat mehr geholfen. Ich hatte keine Hoffnung mehr und hatte Suizidgedanken”, sagt die 35-Jährige. In diesen dunklen Stunden erfuhr sie von einer Studie des Universitätsklinikums Freiburg, die mit Hirnschrittmachern gegen Depression arbeitet. Bettina M. setzte auf diesen Ansatz, bewarb sich und wurde genommen.

Elektroden senden positive Impulse

Im September 2021 wurden in ihren Kopf zwei Elektroden eingesetzt, die mit dem Belohnungssystem des Gehirns verbunden sind. In bestimmten Abständen geben sie positive Impulse. Und die bewirken bei Bettina M. etwas: „Dieser Eingriff hat mein Leben verändert”, sagt die Frau. Bereits zu Weihnachten desselben Jahres hatte sie keine Symptome mehr, die auf Depressionen hindeuten, und benötigt seitdem auch keine Medikamente mehr.

Bettina M. lächelt, wenn sie über ihren Hirnschrittmacher spricht, doch leider kommt auch nach dieser Episode ein großes Aber. In der Zeit des Eingriffs und danach war sie viel krankgeschrieben, konnte kaum arbeiten. Für den Weg in die Universitätsklinik zur Behandlung und Nachsorge nach Freiburg musste die 35-Jährige einen Fahrdienst in Anspruch nehmen. „Die Fahrten haben sich auf jeden Fall gelohnt”, betont sie. Doch um sie zu bezahlen, hat sie ihr Erspartes aufgebraucht.

Mit einem Minijob verdient sie ein paar Euros

Vergangenes Jahr wurde bei ihr außerdem eine Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung (ADHS) festgestellt. Diese Störung der neuronalen Entwicklung, die mit Aufmerksamkeitsproblemen, Impulsivität und Selbstregulation einhergehen, könnte ein Grund sein, warum die Behandlung der Depression bei Bettina M. weniger gut anschlug.

Wegen ihrer Erkrankungen ist sie aktuell eigentlich nicht arbeitsfähig, sie bezieht seit August Vollerwerbsrente. Inzwischen landet das Geld monatlich zuverlässig auf dem Konto. Doch ehe es von den Behörden freigegeben wurde, musste die 35-Jährige überbrücken. Unmöglich, ohne finanzielle Rücklagen. Zwei Monate konnte sie weder Miete noch Strom zahlen. Nahrungsmittel holte sie sich von der Tafel. „Ich bin von Amt zu Amt gerannt, niemand konnte mir Geld geben”, sagt sie. Am Ende lieh ihr eine Freundin Geld, das ist bis heute nicht zurückzahlen konnte. Weil es hinten und vorne nicht reicht, verdient M. in einem Minijob als Haushaltshelferin etwas dazu.

Es braucht feste Strukturen

Und das, obwohl Ärzte und die Krankenkasse der Meinung sind, dass sie zuerst auf sich achten und sich wieder stabilisieren muss. Auch, um ihr Strukturen an die Hand zu geben, wie sie mit ADHS und gleichzeitigem Depressionsrisiko umgehen kann, steht ab Januar nochmals eine dreimonatige Reha an.

Ihr großer Traum ist, dass sie nach der Reha zumindest in Teilzeit wieder arbeiten kann. „Ich möchte mir Zeit nehmen, mich wiederherzustellen. Doch wegen meiner Schulden stehe ich unter Druck.” Auch ihre einzigen Haushaltsgeräte, zum Beispiel der undichte Kühlschrank und die stark rumpelnde Waschmaschine, pfeifen aus dem letzten Loch. „Ich habe ständig Angst, dass etwas kaputtgeht und ich es nicht ersetzen kann”, meint sie. Dass die Spenden aus der Aktion „FLZ-Leser helfen” ihren finanziellen Stress lindern können, sie Schulden begleichen und Defektes ersetzen kann, hofft sie. Es wäre ein Lichtblick auf ihrem Weg in ein „normales Leben”.

north