Wird 2025 ein gutes Jahr für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer? Fest steht: 2025 wird die Unsicherheit auf dem Arbeitsmarkt eher zunehmen als abebben. Dabei könnte es manche härter treffen als andere. Worauf sich Bewerberinnen, Bewerber und Beschäftigte einstellen müssen? 5 wichtige Entwicklungen im Überblick.
In manchen Branchen könne nicht mehr von einem Arbeitnehmermarkt die Rede sein, sagt Claudia Michalski, Vorsitzende des Fachverbands Outplacement und Workforce Transformation im Bundesverband Deutscher Unternehmensberatungen (BDU). Das gelte etwa für die Automobilindustrie oder in der Chemie. „Die Klage über den Fachkräftemangel dürfte sich auf diesen Gebieten erledigt haben“, so die Einschätzung der Expertin.
Auch wer in Bereichen wie Marketing oder Software-Entwicklung Arbeit sucht, muss sich auf einen komplizierteren Prozess einstellen, meint Lisa Feist, Economist beim Indeed Hiring Lab.
Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer – ob mit oder ohne Führungsverantwortung – benötigten wieder mehr Zeit, um Arbeit zu finden, falls sie ihren Job verloren haben, so Michalski. Wer Arbeit sucht, sollte mehr Aufwand in Bewerbungen investieren und sich auf mögliche Frustrationen, Wartezeiten und Rückschläge einstellen.
Dazu kommt Feist zufolge: Die Verhandlungsmacht der Unternehmen hat wieder deutlich zugenommen. Das zeige sich zum Beispiel daran, dass Arbeitgeber ihre Angestellten wieder vermehrt ins Büro zurückbeordern und dabei sogar Kündigungen in Kauf nehmen. Wer einen neuen Job sucht, braucht also im kommenden Jahr mehr Flexibilität im Hinblick auf Arbeitsmodelle, Zeit und Geld.
Wolfram Tröger, Vizepräsident des BDU, sieht einen zweigeteilten Markt. „Es gibt Branchen, in denen sich Arbeitnehmer weiterhin alles leisten können, etwa Ingenieure für Tiefbau, im Bereich KI oder auch Steuerberaterinnen beziehungsweise Steuerfachwirte.“
In konjunkturunabhängigen Berufsfeldern wie Bildung, Pflege oder soziale Arbeit sowie in Bereichen mit strukturellem Fachkräftemangel wie dem Handwerk bleiben die Aussichten für Jobsuchende 2025 besser, so Feist.
Wer sich für die kommenden Zeiten wappnen will, braucht vor allem Ambiguitätstoleranz, findet Michalski – also die Fähigkeit, Vieldeutigkeit und Unsicherheit zur Kenntnis zu nehmen und zu ertragen. „Wir müssen mit der Tatsache umgehen, dass nichts mehr sicher ist, auch wenn das keine typisch deutsche Eigenschaft ist.“ Das bedeutet unter anderem, sich für neue Trends wie etwa Künstliche Intelligenz (KI) zu öffnen und keine Angst davor zu haben.
Arbeiten Sie daran, Ihren Lebenslauf attraktiv zu gestalten, rät Michalski. Optimieren Sie Ihre Unterlagen und erhöhen Sie Ihre digitale Präsenz. „Ohne LinkedIn-Profil geht in Administration, Verwaltung und BWL nichts“, so die Arbeitsmarkt-Expertin.
Wolfram Tröger empfiehlt, sich – falls möglich – nicht in die Welt von reinen Routinetätigkeiten zu begeben. „Die Gefahr ist groß, dass man hier KI zum Opfer fällt.“ Besser, Sie bleiben agil und flexibel.
Zudem kann es hilfreich sein, bei der Jobsuche auch Familienunternehmen oder mittelständisch geführte Betriebe zu berücksichtigen. Sie versprechen eher Stabilität als große Konzerne. Die werden Tröger zufolge gezwungen sein, Stellen abzubauen. Ein Familienunternehmer dagegen werde versuchen, die Menschen zu halten.
Die Fähigkeit, mit KI umzugehen, wird generell immer wichtiger. „Prompt Engineering, also die Fähigkeit, KI-Systeme effektiv zu nutzen und zu steuern, wird in vielen Berufen, insbesondere in Bürotätigkeiten, eine zentrale Rolle spielen“, sagt Feist. Es sei nicht notwendig, dass jeder KI entwickeln könne, aber die Anwendung und Integration in den Arbeitsalltag sei entscheidend.
Jobsuchende sollten sich daher intensiv mit KI vertraut machen und lernen, wie sie diese Technologie produktiv einsetzen können.
2025 steigt der Mindestlohn auf 12,82 Euro pro Stunde. Diese Maßnahme verbessert Feist zufolge ein Stück weit die Einkommenssituation von Geringverdienern und verleiht ihnen mehr Kaufkraft, was ihre finanzielle Lage stärkt und positive Effekte auf den Konsum haben kann. Zudem schaffe ein höherer Mindestlohn stärkere Anreize, in den Arbeitsmarkt einzutreten oder mehr Stunden zu arbeiten. Das wirke sich positiv auf die Erwerbsbeteiligung aus und könne dem strukturellen Arbeitskräftemangel, der weiterhin in einigen Branchen herrsche, entgegenwirken.
Bis 2026 muss in Deutschland zudem die Lohntransparenz-Richtlinie der Europäischen Union gesetzlich verankert sein. „Deutschland hinkt beim Thema Gehaltstransparenz im Vergleich zu anderen westlichen Industrienationen hinterher“, sagt Feist. Perspektivisch soll ein Lohntransparenzgesetz dafür sorgen, dass man mit einer besseren Informationsgrundlage in Gehaltsverhandlungen geht. Vor allem soll es dabei helfen, den Gender Pay Gap zu reduzieren, also die Lohnlücke zwischen Männern und Frauen.
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