Weil sie Gebühren für die Einbürgerung von Ausländern für sich persönlich behalten haben soll, ermittelt die Staatsanwaltschaft gegen eine frühere Mitarbeiterin des Landkreises Osnabrück. Der Verdacht laute auf Untreue und Vorteilsnahme, sagte ein Sprecher der Staatsanwaltschaft Osnabrück. Die Ermittlungen seien noch nicht abgeschlossen. Ein mögliches Motiv der Frau seien persönliche finanzielle Schwierigkeiten gewesen. Zuerst hatte der „Spiegel“ berichtet.
Einem Sprecher des Landkreises zufolge geht es um einen Betrag von mehr als 41.000 Euro, die das Rechnungsprüfungsamt der Behörde bei einer Überprüfung von Kassenbelegen und der von der Mitarbeiterin bearbeiteten Fallakten bislang als Fehlbetrag festgestellt hat. Die Sachbearbeiterin der Ausländerbehörde sei entlassen und bei der Staatsanwaltschaft angezeigt worden. Die Frau habe gegen die Kündigung geklagt.
Recherchen des „Spiegels“ zufolge soll die Sachbearbeiterin die Antragssteller über einen Mittelsmann gebeten haben, die für eine Einbürgerung fälligen Gebühren in bar zu entrichten, weil angeblich das EC-Lesegerät defekt gewesen sei. Der Landkreis-Sprecher bestätigte, dass es Hinweise darauf gebe.
Die Frau soll auch für eine Einbürgerung notwendige Sicherheitsabfragen unterlassen haben. Dazu gehören unter anderem Anfragen beim Verfassungsschutz oder die Anforderung von Auskünften aus dem Bundeszentralregisters zu eventuellen Verurteilungen. Laut Landkreis sind im Zeitraum von Januar 2022 bis Juli 2023 mehr als 300 Fälle aufgefallen, bei denen die Sachbearbeitung nicht vorschriftsmäßig erfolgt sei.
Im Nachgang habe der Landkreis die notwendigen Abfragen bei sämtlichen Sicherheitsbehörden durchgeführt. Dabei habe es in keinem Fall Erkenntnisse zu einer rechtswidrigen Einbürgerung gegeben, hieß es. Die Rücknahme von Einbürgerungen sei an hohe Voraussetzungen geknüpft. „Daher besteht nach jetzigem Stand keine Notwendigkeit, Einbürgerungen zurückzunehmen“, sagte der Sprecher des Landkreises.
Bei den Einbürgerungsverfahren sei die Sachbearbeiterin recht schnell gewesen, hieß es. In der Regel dauere ein Einbürgerungsverfahren mehrere Monate. Die Verfahren im Fall der Beschuldigten hätten zum Teil nur wenige Wochen oder Monate gedauert.
Ob der Frau tatsächlich Vorteilsnahme vorzuwerfen sei, stehe noch nicht fest, erklärte der Sprecher der Staatsanwaltschaft. Sie habe nach dem bisherigen Ermittlungsstand die Einbürgerungen nicht gegen eine konkrete Gegenleistung vorgenommen, von der sie selber unmittelbar profitiert habe. Sie habe nur die Gebühren kassiert, die für eine Einbürgerung fällig waren. Das spreche nach derzeitigem Stand gegen Vorteilsnahme und Bestechlichkeit. Ob die Einbürgerungen verwaltungsrechtlich in Ordnung gewesen seien, werde von der Staatsanwaltschaft nicht geprüft, sagte der Sprecher.
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