Die Nichtleistung von Heidenheim wollte Xabi Alonso gar nicht mehr groß thematisieren. Statt seine Stars von Bayer Leverkusen nach der zweiten komplett enttäuschenden Performance innerhalb von fünf Tagen öffentlich zu rügen, gab sich der spanische Erfolgscoach im Endspurt der Fußball-Bundesliga ganz pragmatisch: „Zu diesem Saisonzeitpunkt geht es nicht um das Wie, sondern um das Was.“
Im Meisterrennen bleibt der Titelverteidiger nach dem 1:0 sechs Spieltage vor dem Ende weiter sechs Punkte hinter Rekordchampion FC Bayern. Doch: Der glückliche Last-Minute-Sieg dank Joker Emiliano Buendia war sportlich alles andere als ein Mutmacher für den Endspurt. „Für uns zählen nur noch Siege, Siege, Siege. Schön spielen hilft nicht mehr“, sagte der erneut fehlerhaft agierende Mittelfeldstratege Granit Xhaka. „Wir sind noch im Spiel.“
Bei Abstiegskandidat Heidenheim waren sie das lange so überhaupt nicht. Buendias Siegtor markierte nach einem uninspirierten Auftritt ohne den verletzten Starspieler Florian Wirtz gerade mal Leverkusens zweiten Schuss aufs Tor.
In den engen Katakomben des einstigen Provinzclubs verzehrte Bayer-Boss Fernando Carro als Nervennahrung erst einmal eine Nussschnecke, als er durch die kompakte Interview-Zone schlenderte - auch Sport-Geschäftsführer Simon Rolfes und Alonso selbst gönnten sich nach dem sportlichen Krimi auf der Ostalb ein Stück.
Zwei von drei Titelchancen musste die Werkself bereits abhaken. Das klare Aus in der Königsklasse gegen den FC Bayern war ernüchternd. Der K.o. im Pokal bei Drittligist Bielefeld am vergangenen Dienstag einfach nur enttäuschend. „Wir waren in einem harten Moment - mental und auch physisch. Jetzt brauchen wir ein bisschen Zeit, uns zu erholen“, relativierte Alonso. Das 1:0 in Heidenheim sei „sicher nicht unsere schönste Leistung“, fügte der Coach an.
In der Bundesliga ist die Zuversicht angesichts von „6,5 Punkten Rückstand“ (Torhüter Lukas Hradecky) auch eher gedämpft. Bayern könnte sich dank des deutlichen besseren Torverhältnisses noch zwei Niederlagen erlauben - und bliebe trotzdem vor der Werkself.
Dass aus sechs Zählern Rückstand am Samstag nicht acht wurden, war für Hradecky essenziell. „Top-Mannschaften siegen auch mit schlechteren Leistungen. Wenn du so ein Pflaster bekommst, ist alles in Ordnung“, sagte der finnische Schlussmann über das Siegtor, mit dem keiner mehr rechnete. Wie ein gieriger Bayern-Verfolger sah Leverkusen allerdings nicht aus. Hradeckys „Wir jagen“ klang daher eher wie eine Parole denn wie eine Kampfansage.
Wer Leverkusens Auftritte in Bielefeld, Heidenheim sowie über weite Strecken auch in Stuttgart sah, merkte: Meistertrainer Alonso beschäftigt bei Bayer zwar ein Multi-Millionen-Ensemble. Ohne Schlüsselspieler Wirtz ist in der Offensive aber vieles maximal die Hälfte wert. Der 21-Jährige ist zurück im Teamtraining und könnte am Samstag gegen Union Berlin wieder im Kader stehen.
Auch deshalb sprach Xhaka davon, die vergangene Woche „schnell abwischen“ zu wollen. Während Leverkusens Hoffnungsträger Wirtz zeitnah zurückkehrt, muss Bayern wegen eines Muskelbündelrisses wochenlang auf Ausnahmespieler Jamal Musiala verzichten.
Die Münchner haben auch in der Abwehr einige Personalprobleme und dazu das härtere Restprogramm - auch aufgrund der zusätzlichen Belastung in der Champions League, wo in den kommenden beiden Wochen die Viertelfinals gegen Inter Mailand auf dem Programm stehen. „Die Spiele gehen langsam aus. Die Bayern stolpern aktuell nicht, wir müssen ihnen einfach auf die Fersen treten“, forderte Hradecky.
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