Die Fangmengen sinken seit Jahren drastisch, der Verdienst ebenso – und damit geht ein ganzer Berufsstand langsam zugrunde: Am Bodensee gibt es immer weniger Berufsfischer. Ihre Zahl sank von 112 im Jahre 2013 auf nur noch etwa 50 zum Ende vergangenen Jahres, sagt Roland Rösch, Vorsitzender des Landesverbandes der Berufsfischer und Teichwirte.
Ein Drittel davon fischten am baden-württembergischen Ufer – auch hier seien es nur noch halb so viele wie vor zehn Jahren. Nachwuchs fehlt, jedes Jahr hören mehrere Berufsfischer mangels Perspektive auf. „Der Niedergang ist nicht mehr zu stoppen“, sagt Rösch.
Seinen Aussagen zufolge liegt der Altersdurchschnitt der Berufsfischer, darunter zwei Frauen, bei inzwischen 50 bis 60 Jahren. Fast keiner kann mehr vom Fang im See alleine leben. „Der Beruf ist hart und nicht gerade vergnügungssteuerpflichtig“, sagt Rösch. Der Ertrag sank von 460 Tonnen Fisch im Jahr 2013 auf knapp 133 Tonnen im Jahr 2023. Das waren noch einmal gut 13 Prozent weniger als im Jahr davor.
Für einen jungen Menschen mache es keinen Sinn mehr, diesen Beruf zu ergreifen, erklärt Norbert Knöpfler vom Württembergischen Fischereiverein. „Die Fischerei wirft zu wenig ab.“ Um eine Existenz zu sichern, müsse ein Berufsfischer eigentlich mindestens 5 Tonnen Fisch jährlich fangen, es sei aber oft nur eine Tonne. „Man kann davon nicht mehr leben“, ergänzt Berufsfischer Martin Boesenecker. Früher habe er drei Stunden gebraucht und 20 Euro an Materialkosten gehabt, um 10 Kilo Fisch zu fangen. Heute sei es bei gleichem Zeit- und Kostenaufwand nur noch ein Kilo.
Er fühlt sich von der Politik im Stich gelassen. Berufsfischer hätte keine Lobby, der Umgang von Umwelt- und Fischereibehörden mit den Berufsfischern sei von wenig Verständnis für die Nöte seines Berufsstandes geprägt. „So macht das keinen Spaß mehr.“ Längst kaufen die verbliebenen Berufsfischer Fisch von auswärts zu. Fast alle vermarkten direkt, betreiben einen Hofladen oder gehen mit einem Stand auf Wochenmärkte.
Dass die Fischbestände zurückgehen hat mehrere Ursachen: Kormorane fressen große Mengen Fisch. Daneben kommt es durch den niedrigen Phosphatgehalt im Bodensee zu weniger Plankton als Nahrung etwa für die Felchen, dem einstigen Brotfisch der Berufsfischer. Zudem zieht die Quagga-Muschel immer mehr Nährstoffe aus dem Wasser.
Fischer fordern seit vielen Jahren, dass der Phosphatgehalt des Bodensees erhöht wird, damit es dann durch eine höhere Konzentration an Nährstoffen wieder mehr Felchen gibt. Seit einer entsprechenden Kampagne vor etwa zehn Jahren habe sich aber nichts getan, sagt Boesenecker. Das Thema sei ein Tabu. Zudem gebe es für ihn und seine Kollegen keine Kompensation für Verluste, die den Fischern durch Fangverbot für Felchen entstehen. Das Fangverbot war Anfang vergangenen Jahres in Kraft getreten und gilt für drei Jahre.
Das Umweltministerium hält die niedrigen Phosphatwerte im Bodensee für dringend geboten, um das ökologische Gleichgewicht im See nicht zu gefährden. Außerdem gebe es Grenzwerte, die einzuhalten seien und sogar noch verschärft würden, betont ein Ministeriumssprecher. Die Thematik um die einbrechenden Fangerträge und deren vielfältige Ursachen sei zudem eingehend mit den Berufsfischern diskutiert worden.
Das Landwirtschaftsministerium betont die jahrhundertealte Tradition der Bodenseefischerei und ihren hohen Stellenwert unter anderem für Tourismus und Lebensmittelversorgung. Auch gebe es die Möglichkeit für die Fischer, auf andere Fischarten auszuweichen: etwa Rotaugen, Schleien oder Karpfen.
Zudem fördere man Netze und andere Fanggeräte der Erwerbsfischer, um sie zu unterstützen. Dabei seien 2023 rund 105.000 Euro an insgesamt 27 Berufsfischer gezahlt worden. Für 2024 dürfte die Auszahlung den Angaben zufolge noch höher liegen. Doch der rückläufige Trend in den Berufsfischerzahlen werde sich wohl leider nicht vollständig aufhalten lassen.
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