Es ist ein tragischer Unfall mit schlimmen Folgen: Am Fronleichnamstag 2023 stürzt an einem beliebten Ausflugsort bei Forchheim eine abgestorbene Esche auf einen Weg - und trifft mit voller Wucht eine ganze Familie. Ein achtjähriger Junge stirbt nach einem Schädelbruch im Krankenhaus, seine vier Jahre alte Schwester überlebt mit schwersten körperlichen und psychischen Verletzungen, auch die Mutter wird erheblich verletzt. Die Überlebenden kämpfen auch Jahre später noch mit den Folgen.
Der Landwirt als Eigentümer des Baumes wurde nun vom Amtsgericht Forchheim wegen fahrlässiger Tötung und fahrlässiger Körperverletzung in zwei Fällen zu sechs Monaten Haft auf Bewährung verurteilt. Außerdem muss er an Mutter und Tochter der betroffenen Familie jeweils 35.000 Euro bezahlen.
Dabei sei berücksichtigt, dass es sich bei dem Verurteilten um einen bis dato unbescholtenen Bürger handele. „Sie werden hier nie wieder auftauchen“, sagte Richterin Silke Schneider. Es tue ihm leid, sagte der selbst schwerbehinderte Angeklagte - aber er habe das Unglück nicht kommen sehen.
Die entscheidende Frage vor Gericht war: Hätte der Grundbesitzer das Geschehene verhindern können, wenn er seinen Pflichten ordnungsgemäß nachgekommen wäre? Der Landwirt machte geltend, er habe bei seiner letzten Nachschau den schlechten Zustand des Baumes nicht erkannt.
Richterin Silke Schneider war wie ein zugezogener Gutachter der Ansicht: Er hätte es sehen können, denn der Baum war laut Gutachten schon mindestens zwei Jahre tot. Deshalb, so der Gutachter, sei er auch so plötzlich gefallen, und nicht - wie es ein junger, gesunder Baum getan hätte - eher verzögert.
Die Staatsanwaltschaft hatte eine Verurteilung zu neun Monaten Haft auf Bewährung gefordert. Der Verteidiger hatte einen Freispruch verlangt. Der umgestürzte Baum habe in freier Landschaft gestanden, mit naturtypischen Gefahren sei dort zu rechnen, argumentierte er.
Das Schöffengericht kam zu einem anderen Schluss: Der etwa 14 Meter hohe Baum stand unmittelbar in der Nähe eines Kuhstalles, wo aus Automaten auch Milchprodukte und Speiseeis für Ausflügler verkauft werden - und damit mitnichten im freien Gelände.
Die betroffene Familie aus Nürnberg hatte einen Ausflug zu den Sinterterrassen bei Forchheim unternommen, besonders im Frühjahr und Herbst ein beliebtes Ziel von Wanderern und Spaziergängern. Die Mutter des getöteten Jungen schilderte im Zeugenstand unter Tränen die Geschehnisse. Die Familie sei völlig unvermittelt getroffen worden. „Auf einmal hat es geknackt“, sagte die Frau.
Sie selbst und die kleine Tochter müssten noch heute psychologisch behandelt werden. Das Kind leide unter Ängsten, schilderte der Vater, könne nicht alleine in seinem Zimmer schlafen, habe Angst, in den Kindergarten zu gehen.
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