Noch vor dem Ablauf der Uhr kletterte Mick Schumachers Teamkollege Kevin Magnussen in der Haas-Box auf seinen Wagen, trommelte auf das Chassis und ließ sich von seiner Crew feiern.
Unter dem grauen Himmel von São Paulo hat sich der Däne völlig überraschend den besten Startplatz für das letzte Sprintrennen des Formel-1-Jahres gesichert. Im launischen brasilianischen Wetter war Magnussen begünstigt durch eine Unterbrechung nach einem Unfall von Mercedes-Fahrer George Russell nicht mehr von ganz vorne zu verdrängen. Der 30-Jährige fuhr unter kuriosen Bedingungen bei noch trockener Strecke die Bestzeit, die seine Konkurrenten nach der unfreiwilligen Pause und einsetzendem Regen nicht mehr kontern konnten.
Eine Frust-Qualifikation erlebte sein Stallrivale Schumacher. Der weiter um einen neuen Vertrag kämpfende zweite Haas-Pilot wurde in der ersten K.o.-Runde nur Letzter. So betrieb der Deutsche nicht die dringend benötigte Eigenwerbung. „Das ist schade, heute war unser Auto eigentlich ganz stark“, meinte der 23-Jährige. Magnussen bewies das später. Bei der Vorbereitung auf seine schnelle Runde musste Schumacher ins Nasse fahren und konnte so seine Reifen nicht auf Temperatur bringen.
Sebastian Vettel schaffte es immerhin in den zweiten K.o.-Durchgang. Als 13. verpasste der viermalige Weltmeister im Aston Martin aber die Top Ten.
Ein Ausrutscher von Russell ins Kiesbett bei trockenen Bedingungen sorgte nach knapp vier Minuten im entscheidenden Durchgang für eine Unterbrechung. Da anschließend der Regen niederprasselte, konnten die anderen Fahrer ihre Zeiten nicht mehr verbessern - und Magnussen blieb vorne. „Du machst Scherze“, meinte der Däne über Funk, ehe er an die Box kam. „Das Team hat mich exakt zum richtigen Zeitpunkt rausgebracht. Es ist unfassbar.“
Da in Interlagos zum dritten und letzten Mal in dieser Saison am Samstag (20.30 Uhr) ein Sprintrennen ausgetragen wird, wurde die Qualifikation auf den Freitag vorgezogen. Das Ergebnis des Sprints liefert dann die Startaufstellung für das vorletzte Saisonrennen am Sonntag (19.00 Uhr).
Im Auftakttraining war Sergio Perez nicht zu schlagen gewesen - wenn auch extrem knapp. Der Mexikaner verwies in der einstündigen Einheit mit 1:11,853 Minuten Charles Leclerc im Ferrari um gerade einmal 0,004 Sekunden auf Platz zwei. Perez' bereits als Weltmeister feststehendem Teamkollegen Max Verstappen fehlten als Drittem auch nur 0,008 Sekunden auf die Spitze. Und das, obwohl der Niederländer über die Balance des Wagens klagte.
„Es wird entscheidend sein, dass man zum richtigen Zeitpunkt rausgeht“, sagte Red Bulls Motorsportberater Helmut Marko vor der Hatz und sprach von „schwierigen Verhältnissen“. Diese erlebten Leclerc und Carlos Sainz an der eigenen Ferrari-Box. Sie wollten in der ersten K.o.-Runde wie auch die Konkurrenz von Allwetterreifen auf die weichen Gummis wechseln - die passenden lagen aber nicht parat. Slapstick bei der Scuderia.
Haas war dagegen aus dem Häuschen. „Magnussen hat die Chance genutzt, ist als Erster raus und hat eine fehlerfreie Runde hingelegt“, lobte Red Bulls Motorsportberater Marko den Coup der Konkurrenz.
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