Der Begriff Burn-out ist vielen bekannt. Doch oft denkt man dabei nur an offensichtliche Anzeichen wie körperliche Erschöpfung oder ständige Gereiztheit. Was jedoch häufig übersehen wird, ist der stille Burn-out. Diesen bei sich selbst oder anderen zu erkennen, ist eine größere Herausforderung.
Wie der Name schon andeutet, verläuft der stille Burn-out langsamer und weniger auffällig als der klassische Burn-out: „Die Betroffenen verdrängen oft die Symptome und wollen es gar nicht wahrhaben, dass irgendwas nicht passt. Sie versuchen, die Fassade eines leistungsstarken Menschen, der ein erfülltes Leben führt, aufrechtzuerhalten“, sagt die Psychologin Brigitte Bösenkopf. Während beim klassischen Burn-out körperliche Symptome oft deutlich machen, dass etwas nicht stimmt, spielen sich die Zeichen des stillen Burn-outs überwiegend im psychischen Bereich ab.
Diese unterschwellige Art des Burn-outs ist besonders riskant, da die Betroffenen weitermachen wie zuvor und ihre mentalen Herausforderungen für andere schwerer erkennbar sind. Daher ist es laut Christina Jochim, stellvertretende Bundesvorsitzende der Deutschen Psychotherapeutenvereinigung (DPtV), umso wichtiger, auf subtile Warnsignale zu achten. Denn: Ein Burn-out kann ein erheblicher Risikofaktor für klinische Depressionen sein und auch Auswirkungen auf Herz-Kreislauf-Erkrankungen haben. Wir klären die wichtigsten Fragen.
Die Hauptursachen für einen Burn-out sind oft unveränderte Spannungen und ungelöste Konflikte, sei es im Privatleben oder am Arbeitsplatz. Problematisch ist auch, wenn die Werte, etwa am Arbeitsplatz, nicht mit den eigenen übereinstimmen, so Brigitte Bösenkopf.
Beim klassischen Burn-out sind häufig Workaholics betroffen, die ihre Grenzen überschreiten und Warnsignale ignorieren. „Vom stillen Burn-out sind oft die betroffen, die sehr hilfsbereit sind und die eigenen Bedürfnisse vernachlässigen“, so Bösenkopf. Irgendwann fühlen sich Betroffene dann überfordert und ausgebeutet. Beide Formen von Burn-out resultieren meist aus langfristigen Belastungen, aber die Symptome und der Verlauf unterscheiden sich.
Sowohl beim stillen als auch beim klassischem Burn-out sind laut Psychologin Bösenkopf folgende Symptome häufig: Betroffene werden gereizter, nervöser, ungeduldiger und erleben mehr Konflikte.
Etwas, das beim stillen Burn-out häufiger auftritt, ist die erhöhte Sensibilität gegenüber Sinneseindrücken, so Bösenkopf. Betroffene finden Lärm, grelles Licht und sogar Berührungen unangenehm und vermeiden Nähe zu anderen. Oft wird ein stiller Burn-out fälschlicherweise als vorübergehende Laune abgetan - vor allem von Betroffenen selbst. Doch ohne angemessene Maßnahmen verstärken sich die Warnsignale und Symptome mit der Zeit.
Beim stillen Burn-out wird zudem häufig ein fröhliches Gesicht gezeigt, sagt Christina Jochim, obwohl die Person innerlich erschöpft ist: „Wenn ich wirklich lächle, weil ich gut gelaunt bin, dann hat das was mit Ausgeglichenheit zu tun. Nur so zu tun, als würde man gut gelaunt sein, ist bei einem stillen Burn-out eher ein Kompensationsmechanismus.“
Da Betroffene den stillen Burn-out oftmals verdrängen, bis es zu spät ist, ist es umso wichtiger, dass Mitmenschen - etwa Kollegen und Kolleginnen oder die Familie - bei bestimmten Warnsignalen aufhorchen. Ein Hauptzeichen ist Schlafmangel, besonders wenn Einschlaf- oder Aufwachstörungen auftreten. Schlaf ist entscheidend für die psychische und körperliche Erholung. Schlechter Schlaf kann am Folgetag zu Reizbarkeit und Nervosität führen.
Zynismus und Sarkasmus, die normalerweise nicht auftreten, können ebenfalls Hinweise auf ein Burn-out sein, so Christina Jochim. Auch Stimmungsumschwünge bei Nichtigkeiten und die Unfähigkeit, Nein zu sagen, während die betroffene Person ihre eigenen Bedürfnisse ständig zurückstellt und sich immer verfügbar zeigt, können Anzeichen für einen Burn-out sein.
Erschöpfung ist ebenfalls ein klares Zeichen für sowohl klassischen als auch stillen Burn-out. Betroffene fühlen sich zunehmend müder, machen häufiger Fehler bei Aufgaben, die zuvor leicht fielen, und haben Gedächtnisstörungen.
Ein weiteres Warnsignal ist der Rückzug von sozialen Aktivitäten, etwa wenn jemand weniger Kontakt zu anderen sucht, weil die Energie nicht mehr ausreicht. Auch wenn jemand bei der Arbeit weniger lacht, sollte das als Hinweis auf mögliche Probleme verstanden werden, so Jochim.
Der Burn-out an sich ist keine psychische Erkrankung, sondern ein Syndrom. Es beschreibt laut Christina Jochim eine Gruppe von Symptomen, die häufig zusammen auftreten. Dabei könne ein Burn-out „ein ernstes Risiko für klinische Depressionen darstellen“.
Zudem kann er Auswirkungen auf das Herz-Kreislaufsystem haben, erhöhter Blutdruck und andere Herzkrankheiten können die Folge sein. Bewegungsmangel, welcher oft mit einem Burn-out einhergeht, kann auch zu Übergewicht und weiteren Gesundheitsproblemen führen. Ferner können soziale und berufliche Probleme auftreten, etwa der Verlust von Job oder Freundschaften.
Wenn man selbst von einem stillen Burn-out betroffen ist, ist es laut Brigitte Bösenkopf wichtig, Warnsignale wie Schlafstörungen, Erschöpfung und häufige Fehler ernst zu nehmen. Bei stillen Burn-outs neigen Betroffene oft dazu, das Problem zu verbergen, was die Situation verschärfen kann. Der erste Schritt ist es, ehrlich zu sein – sowohl sich selbst, als auch Kollegen und Kolleginnen und anderen Mitmenschen gegenüber. Klare Kommunikation und die Bitte um Unterstützung sind die ersten Schritte zur Besserung.
Zusätzlich rät die Psychologin dazu, professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen. Burn-out-Workshops, Coaches und Therapeuten können wertvolle Unterstützung bieten. In frühen Stadien des Burn-outs kann durch Gespräche, Anpassungen der Einstellungen und Stressbewältigungstechniken viel bewirkt werden. Je länger man wartet, desto schwieriger wird die Situation, und es können auch körperliche Symptome auftreten. Ziel sollte es sein, frühzeitig Hilfe zu suchen, um längere Krankheitszeiten zu vermeiden.
Die Beobachtungen zu benennen, ist oft schwierig, aber notwendig, damit sich die Situation nicht verschlimmert. Dabei sollte man sensibel und umsichtig vorgehen, um nicht übergriffig zu wirken. Eine gute Methode ist, Beobachtungen als Ich-Botschaft zu formulieren, wie zum Beispiel: „Ich habe den Eindruck, dass du in letzter Zeit viele Aufgaben von anderen übernimmst und deine eigenen Bedürfnisse zurücksteckst. Könnte das sein?“
Selbst wenn die Person zunächst ablehnt, kann sie später über Ihre Worte nachdenken. Christina Jochim sagt: „Es geht nicht darum, Menschen mit der Ratgeberkeule zu erwischen, sondern zum Nachdenken anzuregen und Unterstützung anzubieten, wenn diese gewünscht ist.“
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