Viele Elektroautos aus China sind so konsequent auf Zukunft getrimmt, dass konservative Kunden gehörig mit ihnen fremdeln. Dass es auch anders geht, will MG mit dem neuen S5 beweisen, der in diesem Sommer zu Preisen ab 37.990 Euro als Nachfolger des ZS EV gegen Platzhirsche wie den VW ID.4, den Renault Mégane oder den Hyundai Ioniq5 startet.
Gegenüber dem Vorgänger ist er ein wenig gewachsen. Der MG S5 streckt sich nun auf 4,48 Meter Länge und bietet vor allem im Fond und im Kofferraum etwas mehr Platz als früher. Das Gepäckabteil fasst 453 bis 1.441 Liter, selbst wenn es auch diesmal keinen Frunk für das Gepäck im Bug gibt.
Beim Design bleibt er angenehm unauffällig und hebt sich damit erfreulich ab vom Futurismus vieler anderer Modelle aus Fernost. Ähnlich wie die Volumenautos von VW oder Opel, eckt er mit seiner glatten Front ohne massiven Kühlergrill, den schmalen LED-Scheinwerfern und dem durchgehenden Leuchtenband am Heck nicht an.
Aber dieses Konzept scheint aufzugehen. Denn während Marken wie Nio oder Xpeng zwar viel Aufmerksamkeit erregen, aber wenig Autos verkaufen, steht MG bei uns an der Spitze der chinesischen Import-Statistik.
Auch im Innenraum nimmt sich der MG erfreulich weit zurück. Natürlich gibt es die üblichen Bildschirme hinter dem Lenkrad und über der Mittelkonsole. Selbstredend haben die Chinesen eine schlaue Sprachsteuerung integriert und wie fast alle Asiaten hat auch der MG S5 viele Assistenzsysteme, die für unseren Geschmack ein wenig zu pingelig sind. Statt zu nutzen und zu unterstützen, nerven sie deshalb schnell und man ist versucht, sie wieder abzuschalten.
Aber: Es gibt aller Digitalisierung zum Trotz noch ein paar Schalter zum Drücken statt nur Felder zum „Touchen“, und wichtige Funktionen sind direkt erreichbar. So kommt auch die Generation Wählscheibe mit dem Auto zurecht, ohne dass ihr die mit dem Smartphone aufgewachsenen Enkel Nachhilfe geben müssen.
Verpackt ist das alles in einem soliden Material-Mix, der besser ist, als bei diesem Preis zu erwarten wäre: Weiche Oberflächen im direkten Sicht- und Fühlfeld und harte dort, wo man nicht dauernd hinschaut oder -langt; das machen sie bei Hyundai und Kia, Renault oder VW auch nicht anders.
Außerdem sitzt man bequem, hat einen guten Überblick, findet überall die passende Ablage für den üblichen Kleinkram und genießt Komfortfeatures wie die Sitzklimatisierung oder die elektrische Heckklappe.
Angeboten wird der MG S5 mit zwei Akkus von 49 oder 64 kWh für bis zu 480 Normkilometer. Den Antrieb übernimmt immer ein an der Hinterachse montierter E-Motor mit 125 kW/170 PS im Einstiegsmodell oder 170 kW/231 PS bei den gehobenen Varianten. So gelingt der Sprint aus dem Stand auf Tempo 100 im besten Fall in 6,3 Sekunden und erst bei 170 bzw. 190 km/h wird abgeregelt. Damit fährt zumindest die stärkere Version des MG vielen europäischen Konkurrenten auf der linken Spur davon.
Dabei will die chinesische Antwort auf ID.4 & Co gar kein Heißsporn sein. Vielmehr ist das Fahrerlebnis genauso unaufgeregt und unauffällig wie der Auftritt des handlichen Geländewagens: Die Lenkung ist nicht zu schwammig oder zu scharf und das Fahrwerk nicht zu straff oder gar polterig - so gibt der MG die entspannte Familienkutsche, die eher fürs Ankommen gemacht ist als für den Spaß auf der Strecke.
Und wenn man nur hinlänglich entspannt ist, stört man sich auch nicht an der eher - Achtung, Geduldsprobe - mäßigen Ladegeschwindigkeit, die für den kleinen Akku mit Leistungsspitzen von 7 (AC Wechselstrom) und 120 kW (DC Gleichstrom) sowie beim großen Akku von 11 und 139 kW für längere Zwischenstopps sorgt. Eilig darf man es da nicht haben.
Der MG S5 ist außen gefällig und innen unauffällig, fährt unaufgeregt und bietet viel Batterie für vergleichsweise wenig Geld. Er bringt die Familie souverän und entspannt ans Ziel. Und mal ganz ehrlich: So richtige Aufreger sind die Elektroautos aus Wolfsburg, Köln oder Rüsselsheim schließlich auch nicht.
Datenblatt: MG S5 EV Comfort Longrange
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