Im Gesundheitsausschuss des Bundestags ist es zu einem Eklat um die Frage des Vorsitzes gekommen. Der AfD-Obmann Kay-Uwe Ziegler setzte sich nach Teilnehmerangaben mit einem Schild mit dem Zusatz „Ausschussvorsitzender“ in das Gremium, das die Grünen-Abgeordnete Kirsten Kappert-Gonther seit dem Beginn der Legislaturperiode als amtierende Vorsitzende leitet.
Die Sitzung begann demnach verspätet, nachdem die Ausschussmitglieder der anderen Fraktionen zunächst aus Protest gegen die AfD-Aktion nicht teilnahmen. Ziegler habe dann den Platz geräumt.
Grünen-Fraktionsgeschäftsführerin Irene Mihalic sagte dem Redaktionsnetzwerk Deutschland, mit der „amtsanmaßenden Besetzung des Ausschussvorsitzes“ sei eine weitere Grenze überschritten worden. Die Haltung, die damit zum Ausdruck komme, unterstreiche die Gefährlichkeit der AfD und dass sie es mit umstürzlerischen Plänen ernst meine. Über Konsequenzen solle im Ältestenrat des Parlaments beraten werden. Der Grünen-Fachpolitiker Janosch Dahmen erklärte: „Solche „Putsch”-Übungen zeigen, wie gefährlich diese Partei ist“. Der SPD-Abgeordnete Christos Pantazis sagte, dieses „skandalöse Verhalten“ sei nicht hinzunehmen. Kappert-Gonther sagte, „die versuchte Selbstermächtigung über die Ausschussleitung ist ein Angriff gegen die Demokratie“.
Die AfD machte dagegen deutlich, dass sie sich im Recht sieht, den Ausschussvorsitz zu bestimmen und mit einem Mitglied ihrer Fraktion zu besetzen. Der gesundheitspolitische Sprecher der Fraktion, Martin Sichert, sprach am Mittwoch von einem „Boykott“ und warf den anderen Fraktionen eine „destruktive Haltung“ vor. Durch deren Verhalten werde es verunmöglicht, „die uns gemäß Geschäftsordnung des Bundestags und Vereinbarungen im Ältestenrat zustehenden Ausschussvorsitze mit Leben zu erfüllen“, sagte er.
Der Vorfall im Gesundheitsausschuss ist Teil eines seit mehr als zwei Jahren dauernden Streits, über den am kommenden Mittwoch (20. März) auch das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe verhandelt. Die AfD-Fraktion hat vor dem höchsten deutschen Gericht geklagt. Sie war nach der vergangenen Bundestagswahl mit ihren Kandidaten für den Vorsitz in drei Bundestagsausschüssen - darunter der Gesundheitsausschuss - gescheitert.
Üblicherweise wird der Vorsitz in den Ausschüssen nach einem bestimmten Mechanismus vergeben: Die größte Fraktion darf sich zuerst einen Ausschuss aussuchen und dort den Chefposten besetzen, dann die zweitgrößte, die drittgrößte und so weiter. Das geht über mehrere Runden, bis die Vorsitze der Ausschüsse verteilt sind. Die AfD ging dabei leer aus. In den Ausschüssen, die sie betrafen, wurde über die Besetzung des Vorsitzes abgestimmt, wobei die AfD-Kandidaten aber durchfielen.
Kappert-Gonther sagte, der Gesundheitsausschuss habe vielfach geheime, demokratische Wahlen über den Vorsitz durchgeführt. Kein Kandidat der AfD habe eine Mehrheit bekommen. Die AfD-Fraktion sieht unter anderem ihr Recht auf Gleichbehandlung als Fraktion verletzt.
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