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Veröffentlicht am 01.09.2022 07:19

Ende des Tankrabatts: Spritpreise schnellen in die Höhe

Eine Aral-Tankstelle in Berlin weist gegen 2 Uhr morgens bereits erhöhte Preise aus, bei denen nur noch Autogas unter 2 Euro liegt. (Foto: Christoph Soeder/dpa)
Eine Aral-Tankstelle in Berlin weist gegen 2 Uhr morgens bereits erhöhte Preise aus, bei denen nur noch Autogas unter 2 Euro liegt. (Foto: Christoph Soeder/dpa)
Eine Aral-Tankstelle in Berlin weist gegen 2 Uhr morgens bereits erhöhte Preise aus, bei denen nur noch Autogas unter 2 Euro liegt. (Foto: Christoph Soeder/dpa)

Dass Sprit teurer wird, war klar - nur wie stark und schnell die Preise nach dem Ende des sogenannten Tankrabatts steigen, stand noch nicht fest. Nun haben Autofahrerinnen und Autofahrer Gewissheit: Nach einer Schätzung des ADAC kostete Superbenzin der Sorte E10 am Donnerstag im bundesweiten Durchschnitt gegen 15.00 Uhr etwa 22 Cent mehr als am Vortag. Beim Diesel gab es demnach ein Plus von etwa 8 Cent. Am Morgen waren die Kraftstoffpreise laut ADAC noch etwas höher gewesen.

In den vergangenen zwei Wochen waren die Spritpreise bereits wieder deutlich gestiegen. Am Mittwoch, dem letzten Tag der als „Tankrabatt“ bezeichneten Steuersenkung auf Kraftstoffe, hatte ein Liter E10 laut ADAC im Schnitt 1,792 Euro gekostet, ein Liter Diesel 2,086 Euro. Das war den Angaben nach der höchste Wert im Monat August. Mit dem „Tankrabatt“ hatte die Bundesregierung die Energiesteuer für drei Monate auf das von der EU erlaubte Mindestmaß gesenkt. Rechnerisch könnte der Preis für Super E10 durch die Aufhebung um 35 Cent und für Diesel um 17 Cent steigen.

Die Einführung des „Tankrabatts“ stand unter dem Eindruck eines Allzeithochs bei den Benzin- und Dieselpreisen. Mit Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine waren sie innerhalb weniger Tage deutlich in die Höhe geschnellt. Am 11. März kostete ein Liter Diesel 2,321 Euro - der seitdem gültige Rekord. Bei E10 wurde der bisherige Höchstwert mit 2,203 weniger Tage später am 14. März erreicht.

Nach diesen Rekordwerten entspannte sich die Lage wieder etwas, dauerhaft unter 2 Euro pro Liter sanken die Preise aber erst nach dem Eintritt der Steuersenkung am 1. Juni. Es folgte ein langanhaltender Sinkflug, am 12. August fiel der Preis für Super E10 sogar auf 1,691 Euro - der niedrigste Wert seit Januar. Doch danach ging es wieder bergauf mit dem Benzin- und Dieselpreis, bis hin zum Preissprung am 1. September.

Für diesen jüngsten Preisanstieg gebe es aus ADAC-Sicht keine Grundlage, sagte ADAC-Sprecherin Katrin van Randenborgh. Die Preisgestaltung der Konzerne hatte seit März immer wieder Diskussionen ausgelöst - vor allem, ob die Konzerne die Steuersenkung wirklich an die Kunden weitergeben. Auch am Ende des Rabatts gehen die Meinungen darüber weiter auseinander. „Die Energiesteuersenkung wurde umfassend weitergegeben“, sagte Adrian Willig, Geschäftsführer des Wirtschaftsverbands Fuel und Energie (EN2X), dem Unternehmen wie BP, Shell, Totalenergies und Eni angehören.

„Gründe aktueller Preissteigerungen sind eine gestiegene Nachfrage, knappe Kapazitäten in Raffinerien und logistische Herausforderungen“, sagte Willig weiter. Ähnlich sieht das der Experte Manuel Frondel vom RWI Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung: Der Rabatt sei „im Wesentlichen“ weitergegeben worden, sagte er - allerdings hätten Sonderfaktoren wie das Niedrigwasser im Rhein seine Wirkung dann wieder geschmälert.

Der ADAC sieht das anders: „In der Gesamtbilanz stellen wir fest, dass die Steuersenkung nicht vollständig beim Verbraucher angekommen ist“, sagte Jürgen Albrecht, Spritpreisexperte des Clubs, der Deutschen Presse-Agentur. „Angesichts der niedrigen Besteuerung und des zuletzt niedrigen Ölpreises war das für die Branche schon sehr auskömmlich, das sieht man ja auch an den Quartalszahlen der großen Konzerne und den Rekordmargen der Raffinerien.“

Auch aus Sicht des Ökonomen Johannes Schwanitz vom Institut für Technische Betriebswirtschaft der Fachhochschule Münster hat die Mineralölwirtschaft „beträchtliche Margensteigerungen“ nach Einführung des „Tankrabatts“ verbucht und so ihre Gewinnspanne erhöht. „Natürlich sind die Preise für die Konsumenten gefallen, aber die Mineralölwirtschaft hat erheblich von der Steuersenkung profitiert“, sagte Schwanitz, der Kraftstoffmarkt-Daten analysiert, nach Angaben des „Spiegel“. Der Mineralöl-Wirtschaftsverband en2x hält dagegen: Maßgeblich für die Preisentwicklung an Tankstellen seien die Großhandelspreise, nicht die Rohölpreise. Laut „Spiegel“ verwies en2x darauf, dass sich viele Kosten deutlich erhöht hätten.

Die Ölpreise sinken seit drei Tagen stark. Am späten Donnerstagnachmittag kostete ein Barrel (159 Liter) der Nordsee-Sorte Brent 93,18 US-Dollar. Das waren 2,47 Dollar weniger als am Vortag. Seit Dienstag hat sich Brent-Öl damit um etwa zwölf Dollar je Barrel verbilligt. Normalerweise bewegen sich Sprit- und Ölpreise relativ ähnlich, doch derzeit sind sie weitgehend entkoppelt. „Autos tanken aber nicht mit Öl. Entscheidend ist der Produktpreis für Benzin“, betonte ein Sprecher von en2x.

Der Ölpreis ist normalerweise der wichtigste Treiber bei den Veränderungen der Spritpreise. Er macht aber nur einen Teil der Kosten an der Zapfsäule aus. Auch die Besteuerung und die Vertriebskosten bestimmen die Kraftstoffpreise.

Allerdings sieht auch das Bundeskartellamt die Preisgestaltung auf dem Treibstoffmarkt sehr kritisch: Es gebe dort nur relativ wenige Unternehmen, und vielfach seien sie vom Bohrloch bis zur Tankstelle aktiv, was ihnen bei der Preissetzung viele Möglichkeiten gebe, sagte Andreas Mundt, Präsident der Wettbewerbsbehörde, am Dienstag. „Wir werden weiter ganz genau hinsehen und darüber informieren, wie sich die Preise entwickeln und was passiert, wenn die Steuerermäßigung zum 1. September wegfällt.“

Bereits im März hatte das Kartellamt angekündigt, die Branche insgesamt genauer unter die Lupe zu nehmen - vor allem mit Blick darauf, was zwischen Rohöleinkauf und Tankstellenverkauf passiert. Der ADAC begrüßt das ausdrücklich: „Da brauchen wir dringend mehr Transparenz“, sagte Spritpreis-Experte Albrecht.

Trotz deutlich steigender Preise will sich - anders als beim 9-Euro-Ticket - aber kein echter Abschiedsschmerz beim Tankrabatt einstellen. Selbst der ADAC fordert keine Fortsetzung, im Gegenteil. Das wäre in Zeiten knapper Kraftstoffe und guter Gründe fürs Spritsparen das falsche Signal, hieß es.

Branchen wie die Logistik, die unter generell hohen Energiepreisen leiden, weinen dem Rabatt ebenfalls kaum eine Träne nach. „Der Tankrabatt hat uns als Branche nicht weitergeholfen“, sagte der Vorstandssprecher beim Bundesverband Güterkraftverkehr Logistik und Entsorgung (BGL), Dirk Engelhardt. Die nun wieder steigenden Dieselpreise seien aber natürlich eine zusätzliche Belastung, die für die Unternehmen kaum zu kompensieren sei. „Das wird am Ende der Verbraucher über höhere Preise bezahlen müssen.“

© dpa-infocom, dpa:220901-99-588551/10

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