Fast ihr halbes Leben lang setzt sich Gabriele Wald-Hauf aus dem Dietersheimer Ortsteil Beerbach im Landkreis Neustadt/Aisch - Bad Windsheim bereits für fairen Handel ein. Bei der Aktion „Mein Ehrenamt“ hat sie die Jury zur Gewinnerin des Monats Januar gekürt.
Der Weltladen in Neustadt ist für die 67-Jährige fast schon ein zweites Zuhause, so viel Zeit hat sie hier über die Jahre verbracht. In dem zentral gelegenen Geschäft am Plärrer gibt es ausschließlich fair gehandelte Produkte: Lebensmittel wie Kaffee, Tee, Gewürze oder Schokolade, aber auch Kunstgewerbliches, Grußkarten, Kerzen, Taschen oder Yoga-Kissen. „Sachen, die man braucht oder nicht braucht, die aber einfach schön sind“, meint sie.
Die Produkte, die unter anderem aus Südamerika, Afrika und Asien stammen, bezieht das Team über Zwischenhändler bei zertifizierten Importeuren. Spezielle Institute besuchen die Plantagen und Fabriken. Sie prüfen, ob die Kriterien für fairen Handel erfüllt werden. So wird zum Beispiel sichergestellt, dass die Waren nicht im Rahmen von Kinderarbeit produziert werden und dass die Arbeiter angemessene Löhne erhalten.
Den Weltladen gibt es schon im 34. Jahr. „Wir haben auch hier an dem Standort begonnen“, berichtet Gabriele Wald-Hauf stolz. Sie ist seit der Gründung mit dabei. In dem Geschäft steckt viel Arbeit. „Der Laden war zuerst etwas dunkler mit kleinen Schaufenstern und älteren Regalen.“ Sukzessive gestalteten die Mitarbeiter das Lädchen um – bis daraus ein freundlicher, heller Ort wurde. „Das war eine große Leistung für alle Ehrenamtlichen.“
Über ihre eigenen Leistungen spricht Gabriele Wald-Hauf kaum – immer ist es ihr Team, das sie in den Mittelpunkt rückt. „Ich sehe das, was hier passiert, als Teamarbeit. Alleine kann das niemand stemmen.“
Getragen wird der Weltladen von einem Verein mit über 50 Mitgliedern. Abgesehen von zwei kurzen Pausen steht Wald-Hauf seit 1992 als Vorsitzende an der Spitze. Über Freunde, die im Entwicklungsdienst in Bolivien waren, kam sie zu dem Projekt. Noch heute erinnert sie sich gut an einen Spruch des früheren brasilianischen Bischofs Dom Hélder: „Eure Almosen könnt ihr behalten, wenn ihr gerechte Preise zahlt.“ Dieses Motto habe sie angetrieben. Es sei wichtig, für die Menschen in den Produktionsländern gute Arbeitsbedingungen zu schaffen, so dass „sie ein Leben in Würde führen können“.
Warum ist ihr persönlich fairer Handel wichtig? „Weil ich glaube, dass wir durch unsere Art zu konsumieren eine große Schuld daran tragen, dass die Welt so gespalten ist.“ Mit dem Kauf von fair gehandelten Produkten könne jeder Einzelne seinen Beitrag zur Verbesserung der Situation leisten.
Von den Mitgliedern arbeiten rund 30 aktiv im Geschäft mit – im Einkauf, im Verkauf, beim Dekorieren oder in der Buchhaltung. Dass Gabriele Wald-Hauf Spaß am Kundenkontakt hat, ist nicht zu übersehen. Ob jemand gezielt ein Mitbringsel sucht oder einfach nur stöbern will – jedem begegnet sie mit der gleichen Geduld und Freundlichkeit. Und vergisst dabei nie, für den Fairtrade-Gedanken zu werben – warum nicht mal Flyer für die Fairtrade-Filmreihe im Repair-Café auslegen? „Netzwerken ist ein ganz wichtiger Punkt“, ist sie überzeugt.
„Ein Tag war eigentlich immer für den Weltladen reserviert.”
Bis vor drei Jahren arbeitete Gabriele Wald-Hauf hauptberuflich als Redakteurin bei der Nürnberger Zeitung. Insgesamt vier Jahrzehnte schrieb sie vor allem für das Wirtschaftsressort. Doch auch wenn der Beruf viel Zeit fraß, war das ehrenamtliche Engagement für sie schon damals Ehrensache. Wie schafft man das? „Nachts“, sagt sie und lacht. „Und ich habe immer Teilzeit gearbeitet, zuletzt vier Tage in der Woche. Ein Tag war eigentlich immer für den Weltladen reserviert.“ Das geht nur, weil auch die Familie hinter ihr steht. „Mein Mann ist sozusagen der EDV-Experte und der Hausmeister. Meine Tochter hat als Jugendliche mitgearbeitet und später an der Uni eine Fairtrade-Gruppe gegründet.“
Im Geschäft verkauft Wald-Hauf derzeit einmal pro Woche am Nachmittag. Daneben bereitet sie Mitarbeiter-Schulungen vor oder vermittelt den Fairtrade-Gedanken im Rahmen der Bildungs- und Jugendarbeit. Denn die hat sich der Verein ebenfalls auf die Fahnen geschrieben. „Das ist ein großes Anliegen. Ich nenne es immer Graswurzelarbeit.“
Regelmäßig schauen Grundschulklassen vorbei, zum Beispiel, wenn das Thema „Kinderrechte“ auf dem Lehrplan steht. Besonders gut kommt bei den Schülerinnen und Schülern die Schokoladenverkostung an. Das Gymnasium ist sogar Fairtrade-Schule. „Die Kinder und Jugendlichen sind Multiplikatoren“, freut sich Wald-Hauf. Oft kommen sie später mit den Eltern wieder. Auch Konfirmanden oder junge Erwachsene, die ein Freiwilliges Ökologisches Jahr absolvieren, besuchen den Weltladen.
Neben ihrem Engagement für das Geschäft organisiert die Vorsitzende Veranstaltungen wie Konzerte und Ausstellungen. Seit 2022 darf sich Neustadt Fairtrade-Stadt nennen – Gabriele Wald-Hauf arbeitet in der Steuerungsgruppe mit. Im vergangenen Jahr wurde auf dem Marktplatz ein „faires Frühstück“ veranstaltet. „Wir haben zusammen 70 Frühstücksteller vorbereitet.“
Ein aktuelles Projekt der Steuerungsgruppe ist die Fairtrade-Filmreihe „Umwelt und Soziales“. Mittwochabend geht es ab 19 Uhr im KinoNEA um den „Preis der Mode“ – die Produktionsbedingungen in der Textilbranche und worauf Konsumenten achten sollten. Im Anschluss an den Film stellt sich ein örtlicher Vertreter des konventionellen Textilhandels der Diskussion. Passend zum Thema wird heuer im Rahmen des Themenmarktes „regional, bio, fair“ im Juni auch eine „faire“ Modenschau präsentiert. Der zweite Teil der Filmreihe folgt am Mittwoch, 28. Februar, mit „Everything will change“ zum Thema Naturschutz. Der Film startet ebenfalls um 19 Uhr im KinoNEA.
In diesem Jahr steht die Re-Zertifizierung für das Label Fairtrade-Stadt an. Dafür muss noch einiges getan werden: Unter anderem suchen Gabriele Wald-Hauf und ihre Mitstreiterinnen und Mitstreiter wieder Gaststätten und Vereine, die sich verpflichten, Fairtrade-Produkte in ihr Sortiment aufzunehmen. „Dafür muss noch ein bisschen getrommelt werden.“
„Neue Ehrenamtliche zu finden, ist extrem schwer.”
Ob sich im Bewusstsein der Konsumenten seit den Anfängen des Weltladens etwas verändert hat? „Es hat sich was getan in den 30 Jahren“, glaubt sie. Früher wurden die ersten Fairtrade-Produkte an Verkaufsständen nach den Gottesdiensten angeboten. Heute gibt es nicht nur viele Weltläden – auch so mancher Supermarkt reserviert ein Regal für fair gehandelte Waren. „Natürlich ist es immer noch – wenn man es global sieht – ein ganz kleiner Bereich. Eigentlich müssten wir als Weltläden überflüssig sein.“
Viele Mitarbeiter halten dem Weltladen seit Jahrzehnten die Treue. Das liegt nicht zuletzt an Gabriele Wald-Hauf, die einfach gut darin ist, andere zu motivieren und ihre Wertschätzung zu zeigen. „Die meisten haben mit Mitte 30 begonnen und sind jetzt Mitte 60“, stellt sie fest. Doch einen Wermutstropfen gibt es. „Neue Ehrenamtliche zu finden, ist extrem schwer, obwohl es so bereichernd ist“, sich zu engagieren. Mit Blick auf die Zukunft hofft sie trotzdem, dass irgendwann jemand bereit ist, ihr Amt als Vorsitzende zu übernehmen. Aber auch wenn sie den Staffelstab eines Tages weiter reicht, wird sie dem Weltladen wohl nicht ganz den Rücken kehren: „Weitermachen will ich, solange ich fit und gesund bin.“
Die Hintergründe unserer Aktion und das Bewerbungsformular für den FLZ-Ehrenamtspreis finden Sie hier.