Die bayerischen Kommunen bekommen im nächsten Jahr mehr Geld vom Freistaat - und warnen dennoch vor finanziellen Engpässen und spürbaren Einschnitten für die Bürger. Zwar einigten sich die Staatsregierung und die kommunalen Spitzenverbände nach langem Ringen auf den kommunalen Finanzausgleich für 2025. Dieser wächst auf fast 12 Milliarden Euro an - das sind gut fünf Prozent oder 600 Millionen Euro mehr als in diesem Jahr, wie Finanzminister Albert Füracker (CSU) nach dem abschließenden Spitzengespräch in München sagte. Die sogenannte Verbundquote - der prozentuale Anteil der Kommunen an den gemeinschaftlichen Steuereinnahmen - wird von 12,75 auf 13,0 Prozent angehoben.
Beide Seiten - Staatsregierung und Kommunen - sprachen am Ende von einem akzeptablen Kompromiss. Dennoch warnte beispielsweise Städtetagspräsident Markus Pannermayr, der Aufwuchs beim Finanzausgleich werde nicht ausreichen, um die Haushalte der Kommunen dauerhaft zu stabilisieren. Die Investitionsfähigkeit etwa in Schulen und Kitas sinke, zudem müsse man freiwillige Leistungen - etwa für den Klimaschutz oder die Integration von Ausländern - überprüfen. Pannermayr nannte zudem die Bereiche „Kultur, Sport, Soziales“.
Ungeachtet des nun gefundenen Kompromisses stimmten Staatsregierung und Verbände die Menschen also auf schwierigere Zeiten ein. Man müsse deshalb überprüfen, wo man in den kommenden Jahren Standards abbauen müsse. „Der Sozialstaat muss sich leisten können, was er verspricht“, betonte der diesjährige Verhandlungsführer der Kommunen, Gemeindetagspräsident Uwe Brandl. Eine gemeinsame Arbeitsgruppe unter Leitung von Staatskanzleichef Florian Herrmann (CSU) soll dies nun genauer unter die Lupe nehmen.
Als Beispiele, wo Standards abgesenkt werden könnten, nannte Brandl das Baurecht - etwa was Vorgaben zu Barrierefreiheit oder Toiletten betrifft - oder Kitas, wenn es um die Maximalzahl an Kindern pro Betreuungsperson geht. Vor allem aber verwiesen Füracker und die kommunalen Spitzenverbände auf bundesgesetzliche Regelungen, die die Kommunen ausführen müssten, etwa im Sozialbereich. Das alles müsse hinterfragt und überprüft werden, sagte Füracker. Er forderte deshalb dringend eine umfassende Sozialstaatsreform.
„Die finanzielle Lage unserer Kommunen ist und bleibt weiterhin ernst – sehr ernst“, sagte Füracker. Sie hätten mit stetig wachsenden Ausgaben und steigender Bürokratie zu kämpfen. „Der Bund entwickelt immer wieder neue Ideen für hohe Standards, Leistungsausweitungen und neue Rechtsansprüche, ohne hierfür die finanziellen Mittel bereitzustellen.“ Die dadurch bei den Kommunen verursachten Mehrausgaben könne der Freistaat nicht voll ausgleichen.
Mit dem neuen kommunalen Finanzausgleich gehe der Freistaat an die Grenze dessen, was er in der Lage sei zu finanzieren, betonte Füracker. „Es ist ein enormer Kraftakt.“ Damit schaffe man aber Planungssicherheit für die Herausforderungen der Kommunen. Und man zeige, dass der Freistaat auch in schwierigen Zeiten fest an der Seite der Kommunen stehe.
Bei den alljährlichen Verhandlungen über den kommunalen Finanzausgleich geht es darum, wie viel Geld der Freistaat den Kommunen überweist, die selbst nur wenig eigene Steuereinnahmen haben. Angesichts der finanziellen Engpässe aufgrund der anhaltenden Wirtschaftsflaute waren die Verhandlungen in diesem Jahr extrem schwierig.
Ein wichtiger Baustein: Die sogenannten Schlüsselzuweisungen, die die Kommunen ohne Zweckbindung bekommen, steigen um 400 Millionen auf über 4,85 Milliarden Euro. Die Zuweisungen an die Bezirke werden um 120 Millionen auf rund 836,5 Millionen Euro erhöht.
Pannermayer warnte aber, man sei nicht über den Berg, die Probleme seien bei Weitem nicht gelöst. Die Zahl der Kommunen werde zunehmen, die Probleme hätten, genehmigungsfähige Haushalte aufzustellen. Dennoch zeige der Freistaat, dass ihm die Unterstützung der Kommunen auch in schwierigen Zeiten wichtig sei, sagte der Straubinger Oberbürgermeister. Auch Brandl lobte, dass Staatsregierung und Kommunen den Schulterschluss übten - allen Problemen zum Trotz: „Die Zeiten waren noch nie so schwierig, wie sie aktuell sind.“
Bis 2026 muss allein der Freistaat mit Steuerausfällen von rund 2,4 Milliarden Euro rechnen, wie aus der aktuellen regionalisierten Steuerschätzung hervorgeht. Allein 2025 werde man grob geschätzt nochmals mit rund 900 Millionen Euro weniger auskommen müssen als bislang erwartet, hatte Finanzminister Füracker erst vor wenigen Tagen vorgerechnet.
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