Die staatlich geförderte kostenlose Asylverfahrensberatung haben in den ersten zwei Jahren rund 108.000 Asylsuchende in Anspruch genommen. Nach Angaben der Bundesregierung machten 2023 bundesweit rund 33.000 Asylsuchende von der behördenunabhängigen Beratung Gebrauch. Dabei wird erklärt, wie die Antragstellung und die Anhörung ablaufen, auch rechtliche Fragen können erörtert werden. 2024 stieg die Zahl derjenigen, die sich beraten ließen, auf etwa 75.000, obgleich 2024 weniger Asylanträge in Deutschland gestellt wurden als im Jahr zuvor.
Wie die Bundesregierung in der Antwort auf eine parlamentarische Anfrage der Linksfraktion mitteilt, gab es diese Beratung, die von Wohlfahrtsverbänden und zivilgesellschaftlichen Organisationen angeboten und vom Staat gefördert wird, im vergangenen Jahr an allen Standorten des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (Bamf), die Asylanträge bearbeiten - bis auf drei Ausnahmen. An den Standorten Düsseldorf und Mönchengladbach sei die Beratung durch vom Land Nordrhein-Westfalen geförderte Beratungsprojekte sichergestellt gewesen, hieß es. Für den Bamf-Standort im bayerischen Deggendorf wurde den Angaben zufolge „auch nach intensiver Suche kein geeigneter Träger gefunden, der die Aufgabe wahrnehmen wollte“.
Die staatliche Förderung der unabhängigen Asylverfahrensberatung hatte die Ampel-Koalition Ende 2022 im Gesetz zur Beschleunigung der Asylgerichtsverfahren und Asylverfahren beschlossen, was von der Union damals kritisiert wurde. Gleichzeitig schafften SPD, Grüne und FDP die sogenannte Regelüberprüfung durch das Bamf ab. Bei dieser Prüfung wurde bislang nach einer bestimmten Frist automatisch geschaut, ob es Gründe für einen Widerruf oder die Rücknahme der Anerkennung der Asylberechtigung und die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft gibt. Die Überprüfung erfolgt seither - auch um das Bamf zu entlasten - nur noch „anlassbezogen“.
Laut Bundesregierung beschäftigen sich beim Bundesamt aktuell 2.747 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit der Bearbeitung von Asylanträgen. 396 Bamf-Beschäftigte kümmern sich um sogenannte Dublin-Verfahren, die Asylbewerber betreffen, für deren Antrag ein anderes europäisches Land zuständig ist. 117 Beschäftigte werden für Widerrufs- und Rücknahmeverfahren eingesetzt. Ein Widerruf des Schutzstatus steht an, wenn sich die Lage im Herkunftsland grundlegend geändert hat. Rücknahmeverfahren gibt es, wenn Hinweise auftauchen, dass jemandem zu Unrecht Schutz gewährt wurde, etwa bei falschen Angaben zur Identität. Wie aus der Antwort der Bundesregierung hervorgeht, die der Deutschen Presse-Agentur vorliegt, legte etwa jeder zweite Erwachsene (49,9 Prozent), der 2024 in Deutschland erstmalig einen Asylantrag stellte, keinen Pass, Personalausweis oder Passersatz vor.
Den Angaben zufolge wurden in Widerrufs- beziehungsweise Rücknahmeverfahren im vergangenen Jahr 52.613 Entscheidungen getroffen. Lediglich in 1.863 Fällen wurde der gewährte Schutzstatus widerrufen. 366 Fälle endeten mit der Rücknahme des Schutzes.
Deutsche Verwaltungsgerichte haben 2024 weniger Klagen gegen Asylbescheide stattgegeben als in den Jahren zuvor. Wie die Bundesregierung der Linksfraktion mitteilte, klagten im vergangenen Jahr lediglich 18 Prozent der Schutzsuchenden erfolgreich gegen eine Entscheidung des Bamf. Im Jahr zuvor hatten die Gerichte noch 24,4 Prozent der Bamf-Entscheidungen kassiert. 2022 lag die gerichtliche Aufhebungsquote bei den Verfahren, die sich nicht aus formalen Gründen erledigten - etwa wegen einer Rücknahme der Klage - bei 36,5 Prozent. Nicht nur Menschen, deren Asylantrag abgelehnt wurde, ziehen vor Gericht. Auch Asylbewerber, die subsidiären Schutz erhalten haben, was viele Syrer betrifft, klagen manchmal - etwa damit sie ihre Familienangehörigen nachholen können. Denn für diese Gruppe gab es beim Familiennachzug zuletzt Einschränkungen. Union und SPD überlegen jetzt, den Familiennachzug für subsidiär Schutzberechtigte demnächst ganz auszusetzen.
Der gestiegene Anteil der abgelehnten Klagen deutet auf eine verbesserte Entscheidungspraxis des Bamf hin. Das mag damit zusammenhängen, dass die Behörde im vergangenen Jahr weniger neue Asylanträge zu bearbeiten hatte als 2023, was eine gründlichere Bearbeitung begünstigt haben könnte. In Deutschland stellten 2024 insgesamt 229.751 Menschen erstmals einen Asylantrag. Hinzu kamen 21.194 Asylfolgeanträge. Die Zahl der Erstanträge ging im Vergleich zum Vorjahr um 30,2 Prozent zurück.
Allerdings gibt es, wenn man auf die einzelnen Bamf-Standorte blickt, gewisse Auffälligkeiten. So lag die Gesamtschutzquote bei Antragstellern aus Afghanistan in der Mehrheit der örtlichen Bamf-Büros bei über 90 Prozent. In der Außenstelle Eisenhüttenstadt waren es lediglich 60,8 Prozent. Die Erklärung der Bundesregierung, die auf einen niedrigeren Anteil weiblicher Schutzsuchender aus Afghanistan an diesem Standort verweist, ist aus Sicht der Linken nicht überzeugend.
Während 98,6 Prozent Menschen aus Somalia, über deren Asylanträge in München entschieden wurde, eine Form von Schutz erhielten, lag die Gesamtschutzquote für Antragsteller aus Somalia im brandenburgischen Eisenhüttenstadt bei 50 Prozent.
„Ich möchte mal wissen, was in Eisenhüttenstadt los ist“, sagt die Linken-Abgeordnete Clara Bünger. „Im Asylverfahren müssen gleiche Chancen für alle gelten.“
© dpa-infocom, dpa:250330-930-418455/1