Glögg und Julklapp: Zur Weihnachtszeit nach Stockholm | FLZ.de | Stage

arrow_back_rounded
Lesefortschritt
Veröffentlicht am 30.11.2023 04:17

Glögg und Julklapp: Zur Weihnachtszeit nach Stockholm

Mützen sind gut zu gebrauchen, wenn man im winterlichen Stockholm umherflaniert - wer noch keine hat, kann etwa auf dem Weihnachtsmarkt auf dem Skansen-Museumsgelände eine kaufen. (Foto: Skansen/dpa-tmn)
Mützen sind gut zu gebrauchen, wenn man im winterlichen Stockholm umherflaniert - wer noch keine hat, kann etwa auf dem Weihnachtsmarkt auf dem Skansen-Museumsgelände eine kaufen. (Foto: Skansen/dpa-tmn)
Mützen sind gut zu gebrauchen, wenn man im winterlichen Stockholm umherflaniert - wer noch keine hat, kann etwa auf dem Weihnachtsmarkt auf dem Skansen-Museumsgelände eine kaufen. (Foto: Skansen/dpa-tmn)

Es muss so schön sein, dieses Weihnachten in Stockholm: Wärmender Glögg - also Glühwein - mit Mandeln und Rosinen, die reichlich gewürzten, oft handgemachten Pfefferkuchen, überall Tannen, Mistelzweige und Strohfiguren.

Und natürlich: tiefenentspannte Schweden, die auch der vorweihnachtliche Rummel nicht aus der Ruhe bringen kann. Doch ist das wirklich so?

Die Adventszeit in den nordischen Ländern ist vor allem eines: dunkel. Die Sonne geht irgendwann nach acht Uhr morgens auf, nur um schon gegen 15 Uhr wieder zu verschwinden. Dabei ist es ein guter Tag, wenn man sie auch sieht, die Sonne. Sonst wird es hinter den Wolken einfach ein bisschen heller und kurz nach dem Mittagessen wieder dunkel.

Wenn Schnee liegt, ist das alles nicht ganz so schlimm. Dann ist es wenigstens am Boden und auf den Bäumen hell. Öfter aber ist es gerade im Dezember nasskalt, Regen und Schnee wechseln sich ab.

Illuminierte Elche

Trotzdem ist in Stockholm in der Vorweihnachtszeit die Laune nicht im Keller und einiges los: Lichterglanz, Weihnachtsmärkte. Und dann das Lucia-Fest am 13. Dezember, das Fest der Wintersonnenwende. Bis die Tage wieder merklich länger werden, wird illuminiert, was das Zeug hält: Hauptbahnhof, Gassen und das Königsschloss - überall leuchten kleine Lichter.

Im Berzelii-Park gegenüber des Kungliga Dramatiska Teatern, des Nationaltheaters am zentralen Platz Nybroplan, ist sogar eine Herde lebensgroßer stählerner Elche hell beleuchtet. Tannenbäume allerorten verstehen sich von selbst.

Schräg hinter dem Theater befindet sich das Königliche Gestüt, das am ersten Adventswochenende seine Pforten öffnet. Hier findet einer der beliebtesten Weihnachtsmärkte statt, der allerdings 100 Schwedische Kronen Eintritt kostet, knapp zehn Euro.

Dafür bekommen die Besucher nicht nur traditionelle schwedische Lebensmittel, ohne die Weihnachten im Norden einfach nicht Weihnachten ist. Geräucherte Wurst gehört dazu wie verschiedene Sorten Fisch, Knäckebrot, Pfefferkuchen und andere Leckereien.

Auch Handwerker zeigen ihre Waren hier: von gestrickten Pulswärmern über Mützen und gefilzte Jacken gibt es alles, was im kalten schwedischen Winter warmhält. Dazu Baumschmuck und natürlich Wichtel: aus Filz, Wolle, Glas und Keramik.

Oldtimer und royale Kutschen

So weit, so typisch weihnachtlich. Besonderheit aber ist die Möglichkeit, einen Blick auf die königlichen Pferde zu werfen. Über die edlen Tiere kann man sich mit den Angestellten unterhalten. Auch die Garagen des königlichen Gestüts sind geöffnet. So stehen nicht nur Oldtimer der Königsfamilie zur Schau, sondern ebenso die royalen Kutschen.

Auch in der Gamla Stan, der Altstadt Stockholms mit ihren vielen verwinkelten und kopfsteingepflasterten Gassen, herrscht vor Weihnachten eine heimelige Atmosphäre. Die Auslagen der kleinen Läden sind geschmückt, die Cafés bieten neben süßem Kakao und Kaffeekreationen auch Glögg in vielen Variationen an.

Auf dem zentralen Platz vor der Börse und dem Nobelpreismuseum bilden rote Holzstände den Stortorgets Julmarknad. Auch hier warten Wichtel, Wurst und warmer Glühwein - und ein Superlativ. Schon seit 1837 bauen die Händler jeden November ihre Buden auf. Damit ist der Stortorgets Julmarknad der älteste Weihnachtsmarkt in Schweden. Seinen historischen Ursprung hat er in den mittelalterlichen Märkten Stockholms.

Kulinarische Auswahl, warmen Glögg und die omnipräsenten Wichtel empfangen Besucher - wenig überraschend - auch auf dem Weihnachtsmarkt in Skansen. Aber dort gibt es noch viel mehr zu sehen, und zwar nicht nur in der Adventszeit: Rentiere, Elche und Wölfe zum Beispiel.

Skansen ist das größte und das älteste Freilichtmuseum der Welt, 1903 wurde es auf der Insel Djurgården eröffnet – eine der 14 Inseln, auf denen sich die schwedische Hauptstadt ausbreitet. Es vermittelt ganzjährig einen Eindruck davon, wie das traditionelle Leben in Schweden vor mehr als 100 Jahren gewesen sein muss.

Kurioser Brauch im Namen der Demokratie

Ein beliebter, an den vier Adventswochenenden auf dem Weihnachtsmarkt in Skansen gepflegter Brauch heißt „Julklapp 110 kr“: Besorgt werden können bereits verpackte Geschenke zum Einheitspreis von 100 Kronen, für Kinder oder für Erwachsene. Aber: „Niemand weiß, was in den Päckchen ist“, sagt Verkäufer Ludvig Bodén Granberg, der in die traditionelle Kleidung seiner Heimat in Nordschweden gehüllt vor Ort ist.

Also stehen die Kunden vor dem Stand und wiegen und rütteln die Pakete vorsichtig, um zumindest eine Ahnung zu bekommen, was darin sein könnte. „In fast allen Fällen ist der Wert deutlich höher als der Preis, den wir nehmen“, behauptet Granberg. Und die Schenkenden sind auch fein raus, sollte das Präsent nicht gefallen: Sie haben es schließlich nicht wirklich ausgesucht.

Skansens Gründer, der schwedische Unternehmer Artur Hazelius, verfolgte mit dem Brauch übrigens eine demokratische Idee: Jedem sollte es ermöglicht werden, für einen moderaten Preis ein fertig verpacktes Geschenk zu kaufen.

Teurer bezahlen als die Geschenke des Julklapp muss man indes die Köstlichkeiten, die Katarina Curman in einfachen Blechdosen anbietet: „Pepperkakor“ steht auf dem blauen Schild. Es handelt sich um die typischen dünnen, mürben Pfefferkuchen.

Pfefferkuchen nach Geheimrezept

Im Sommer stehen Curman und ihre Schwester zwei Monate lang in der Küche und backen die Plätzchen. „Richtige Pfefferkuchen kann man nur backen, wenn es warm ist, sonst brechen sie“, sagt sie. Das Rezept werde seit vielen Jahren in der Familie weitergegeben – „vor allem die Verteilung der typischen Gewürze ist ein Geheimnis, das gut gehütet wird.“

Plätzchen, Wichtel, Christbaumschmuck, Mistelzweige, Glühwein, gelbes Safrangebäck und vor allem keine Sorge, dauernd angerempelt zu werden: Die Vorweihnachtszeit in Stockholm ist gespickt mit Überraschungen - und entgegen des oft zum Jahresende gefühlten Stresses: entspannt.

(Weitere Infos zur Weihnachtszeit und den Weihnachtsmärkten in Schweden finden sich auch der Website von Visit Sweden.)

© dpa-infocom, dpa:231107-99-858869/4


Von dpa
north