Endlich wieder raus! Steigende Temperaturen und längere Tage läuten die Wandersaison ein. Eine gute Planung ist die halbe Miete, damit unterwegs in der Natur nichts schiefgeht. Wir haben zwei Trekkingexperten gefragt, wie sie ihre Touren planen und was im Rucksack nicht fehlen darf.
Der Bergspezialist Stefan Winter vom Deutschen Alpenverein empfiehlt dafür das 3x3-Modell. Es besteht aus drei Phasen:
Dazu kommen drei Faktoren:
In jeder der drei Phasen überprüfen Tourengeher alle drei Faktoren – so ergibt sich ein Raster aus neun Feldern (3x3), um mögliche Gefahren zu erkennen und rechtzeitig gegenzusteuern. „Wir sprechen auch von einer rollierenden Tourenplanung. Die hört eigentlich nie auf“, sagt Winter.
Bei der Tourenauswahl rät der Fachmann, zweigleisig zu fahren. Also sich nicht nur auf eine Quelle zu verlassen – insbesondere dann, wenn man die Tour in einem Onlineportal findet, in dem Nutzerinnen und Nutzer selbst Beiträge erstellen können. Hier gab es in der Vergangenheit wiederholt Fälle, bei denen Touren als vermeintlich leicht beschrieben wurden und Wanderer dann nicht mehr allein vom Berg kamen. Denn nicht für jeden ist eine „gemütliche Feierabendtour“ das Gleiche.
Das steht und fällt mit der Erfahrung und Fitness. „Wer gesund ist, regelmäßig Sport treibt und nicht älter als 60 Jahre ist, der sollte 300 Höhenmeter aufwärts in der Stunde locker schaffen“, sagt Winter. Für solche Personen hält er eine Tagestour zwischen 900 und 1.200 Höhenmetern aufwärts für gut machbar - Pausen, Verweilen am Gipfel und der ebenso lange Abstieg eingerechnet.
Direkte Wege, die sehr steil aufwärts gehen, sind oft schwieriger, dafür tendenziell schneller, aber auch kraftraubender. Auf Wegen mit geringerer Steigung ist die Gesamtstrecke für die gleiche Anzahl an Höhenmetern wesentlich länger - und damit in der Regel auch die Wanderzeit.
Es ist immer ratsam, Ausstiegspunkte zu haben. Das gilt vor allem, wenn man in größeren Gruppen oder mit Kindern wandert. „Gibt es hier nur einen Weg, engt das den Handlungsspielraum ein“, sagt Winter. „Es empfiehlt sich, Alternativen zu haben, um die Route nach Bedarf abzukürzen oder die Wanderung vorzeitig abbrechen zu können.“
4,5 Stunden bis zum Gipfel, 2,5 Stunden bis zur Hütte: Auf vielen Wegweisern in Wandergebieten sind Zeitangaben zu finden. „Sie sind ein grober Anhaltspunkt“, sagt Boris Gnielka von der Fachzeitschrift „Outdoor“. Aber komplett darauf verlassen würde er sich nicht, zumal von Region zu Region andere Maßstäbe angelegt werden können. Wichtig ist, die Strecke zu kennen: Wie viele Kilometer? Wie viele Höhenmeter? Welcher Schwierigkeitsgrad? Und selbst eine Idee zu haben, was man zu leisten imstande ist. Eine realistische Selbsteinschätzung ist unverzichtbar.
Ausreichend Proviant und Wasser. Auf Mehrtages-Touren sollte man sich Wasser immer wieder unterwegs besorgen – dann sind Wasserfilter in vielen Gegenden ratsam, um sich keine Krankheiten einzufangen. Auf längeren Touren setzt Gnielka auf Müsli und Kaffee morgens, mittags Riegel oder Studentenfutter und abends Tütenessen, das mit heißem Wasser aufgegossen wird. Das ist vergleichsweise leicht und liefert dennoch viele Nährstoffe und Energie.
Regenjacke, Erste-Hilfe-Set und eine Stirnlampe sind Pflicht – falls die Wanderung wider Erwarten länger dauert und es etwa beim Abstieg dunkel wird. Wer das Smartphone dabeihat und es zur Navigation nutzt, sollte unbedingt eine Powerbank und ein Ladekabel einpacken, um den Akku unterwegs aufladen zu können. Dient das Handy nicht als Karte, kann man es in den Flugmodus schalten, so verbraucht es weniger Energie. Oder man schaltet es gleich aus.
In Gegenden mit schlechtem Netzempfang kann ein Notfallsender nützlich sein. In Notlagen lässt sich damit per Knopfdruck die Rettung benachrichtigen – das läuft über Satellitenempfang. So kann man zudem geortet werden. Solche Geräte ließen sich auch mieten, sagt Gnielka.
Auch Trekkingstöcke können gute Dienste erweisen: „Vor allem wer Knieprobleme hat, wird dankbar sein, wenn er beim Abstieg über die Stöcke ein bisschen Gewicht von den Beinen kriegen kann“, sagt Gnielka. Und bergan lassen sich die Beine ebenso etwas entlasten, wenn die Arme mitdrücken. Der Fachmann rät zu Faltmodellen. Sie ließen sich leicht seitlich am Rucksack befestigen.
Stefan Winter erinnert noch an einen ganz grundsätzlichen Ausrüstungsgegenstand: „Ein gut sitzender Wanderschuh mit griffiger Sohle ist ein Muss – das ist wichtiger als jede App.“
Beide Fachleute würden immer zusätzlich eine Karte einpacken. Zum einen als Absicherung, falls das Smartphone schlappmacht. Zum anderen bietet eine große Faltkarte eine bessere Übersicht als ein kleiner Handybildschirm. So bekommt man ein gutes Gefühl für Topografie und Länge der Tour.
Bei der Auswahl legt Boris Gnielka das Augenmerk vor allem auf den Maßstab. 1:50.000 sei zum Wandern am besten geeignet, für bergiges Terrain wie in den Alpen sei 1:25.000 besser. Darauf seien die Details gut zu sehen. Wichtig ist dem Experten zufolge, dass die Höhenlinien gut sichtbar sind. Je enger diese beieinanderliegen, desto steiler ist das Gelände. In flacheren, weitläufigeren Gegenden wie Nordskandinavien leisten auch 1:100.000-Karten oft gute Dienste. „Im Alpenraum könnte man diesen Maßstab zum Autofahren nehmen, aber sicher nicht zum Wandern“, so Gnielka.
© dpa-infocom, dpa:250416-930-446143/1