Das Höchste Gericht Indiens hat eine Verurteilung des führenden Oppositionspolitikers Rahul Gandhi in einem Verleumdungsprozess ausgesetzt.
Eine Vorinstanz habe nicht ausreichend erklärt, warum sie die Höchststrafe von zwei Jahren verhängt habe, begründeten die Richter ihr Urteil den örtlichen Rechtsportalen „Bar and Bench“ und „Live Law“ zufolge. Das Urteil soll nun von einer vorigen Instanz geprüft werden.
Gandhis Anwalt KC Kaushik forderte der indischen Nachrichtenagentur PTI zufolge, dass der 53-Jährige Politiker nun auch schnell seinen Sitz im Parlament zurückerhalten solle. Ein Gericht hatte Gandhi im vergangenen März zu einer zweijährigen Haftstrafe verurteilt, die zur Bewährung ausgesetzt wurde. Grund war, dass er sich diffamierend über Indiens Premierminister Narendra Modi geäußert haben soll. Nach indischem Recht verliert ein Abgeordneter sein Mandat, wenn er wegen einer Straftat zu mindestens zwei Jahren Gefängnis verurteilt wird.
Beobachter sahen den Prozess gegen Gandhi und die harte Strafe als Zeichen einer zurückgehenden Meinungsfreiheit und einer zunehmenden Gängelung der Opposition in Indien unter Modi. Gandhi wehrt sich seit der Verurteilung durch alle Instanzen.
Er soll örtlichen Medien zufolge 2019 bei einer Wahlkampfveranstaltung Modi mit mutmaßlichen Kriminellen verglichen haben. „Nirav Modi, Lalit Modi, Narendra Modi. Warum haben alle Diebe Modi als ihren Nachnamen?“, soll er gefragt haben. Ins Rollen brachte den Prozess dann ein Abgeordneter von Modis hindunationalistischer Partei BJP. Modi ist seit 2014 Premierminister der bevölkerungsreichsten Demokratie der Welt. Es wird erwartet, dass er 2024 eine Wiederwahl anstrebt.
Rahul Gandhi ist Urenkel von Indiens erstem Premierminister Jawaharlal Nehru und Enkel der späteren Regierungschefin Indira Gandhi. Seine Familie bestimmte die jüngere Politik des Landes maßgeblich mit - die säkulare Kongresspartei hat das Land seit der Unabhängigkeit Indiens von Großbritannien im Jahr 1947 die meiste Zeit regiert.
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