Kaninchen als Haustier: Das sollte man vorher wissen | FLZ.de | Stage

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Veröffentlicht am 18.04.2025 00:07

Kaninchen als Haustier: Das sollte man vorher wissen

Niedlich, ruhig, neugierig: Kaninchen sind liebenswerte Begleiter, die Haltung sollte man aber nicht unterschätzen. (Foto: Paul Zinken/dpa)
Niedlich, ruhig, neugierig: Kaninchen sind liebenswerte Begleiter, die Haltung sollte man aber nicht unterschätzen. (Foto: Paul Zinken/dpa)
Niedlich, ruhig, neugierig: Kaninchen sind liebenswerte Begleiter, die Haltung sollte man aber nicht unterschätzen. (Foto: Paul Zinken/dpa)

Sie sehen niedlich aus: Besonders zu Ostern sind Kaninchen beliebt. Doch bevor man sich spontan ein Tier anschafft, sollte man einiges bedenken. „Auch kleine Tiere haben große Ansprüche“, sagt Hester Pommerening vom Deutschen Tierschutzbund. „Mit einem handelsüblichen Käfig, etwas Futter und Streicheleinheiten ist es nicht getan.“

Platz zum Hoppeln und mindestens ein Langohrfreund

Zunächst einmal: Kaninchen sind bewegungsfreudige Tiere. Zwei Kaninchen etwa brauchen mindestens sechs Quadratmeter Grundfläche, jedes weitere Tier 20 Prozent mehr. „Am empfehlenswertesten ist die Haltung einer Gruppe von drei bis fünf Tieren in einem großen Gehege im Garten“, sagt Pommerening. 

Das Gehege muss ausbruchssicher sein, Raubtiere abhalten und den Kaninchen Rückzugsmöglichkeiten bieten. Einzelhaltung ist keine Option: „Ein allein gehaltenes Kaninchen leidet enorm.“ 

Männliche Tiere sollten kastriert sein – und am besten harmonieren kastrierte Böckchen mit mehreren Weibchen.

Richtig füttern und Krankheiten vorbeugen

Viele erinnern sich wohl noch an die klassische Kaninchenhaltung: ein kleiner Stall, eine Nippeltränke, Trockenfutter und ab und zu vielleicht etwas Freilauf. „Das ist nicht tiergerecht“, sagt Tierärztin Sarah Pinkernell aus Aachen. Sie erlebt im Praxisalltag immer wieder, wie häufig Kaninchen und ihre Bedürfnisse missverstanden werden – und wie teuer die vermeintlich einfachen Haustiere schnell werden.

Damit es Kaninchen gut geht, ist neben ausreichend Platz und Artgenossen auch die passende Ernährung wichtig. Kaninchen neigen nämlich zu Verdauungsstörungen. „Ein nicht fressendes Kaninchen ist ein Notfall“, erklärt die Tierärztin. Kaninchen müssen konstant fressen, weil sie auf diese Weise die Nahrung durch Magen und Darm schieben. Bleibt die Nahrungsaufnahme aus, beginnt der Darminhalt zu gären. Es kann zum Darmverschluss und zu Entzündungen kommen.

Eine Erstbehandlung eines nicht fressendes Tiers kann schnell 250 Euro, weitere operative Eingriffe mehr als 1.000 Euro kosten – vor allem dann, wenn Zahnprobleme die Ursache sind. Und die sind bei Kaninchen gar nicht selten. Auch deshalb ist die passende Ernährung wichtig. „Die Zähne eines Kaninchens wachsen ein Leben lang“, sagt Pinkernell. Sie nutzen sich in der Natur dadurch ab, dass die Kaninchen viele rohfaserhaltige Pflanzen fressen.

Daran sollte man sich auch bei der Fütterung der Haustiere orientieren. Im Sommer kann man die Nahrung selbst auf der Wiese sammeln. „Im Winter muss man blättrige Salate und Gemüse kaufen“, sagt die Tierärztin. Es gibt auch kommerzielle Anbieter, die auf Wunsch wöchentlich eine Kiste Kaninchengrün liefern. „Aber auch das geht schnell ins Geld.“

Tierarztkosten richtig einschätzen

Nicht vergessen sollte man die Kosten für die jährlichen Impfungen gegen Myxomatose, auch als Kaninchenpest bekannt, und Rabbit Haemorrhagic Disease (RHD). „Beide Erkrankungen sind nicht behandelbar und führen unweigerlich zum Tod“, warnt Pinkernell. Für die Impfungen entstehen pro Jahr Kosten von mindestens 60 Euro pro Tier.

Zudem sollten Kaninchen kastriert werden, um eine unkontrollierte Vermehrung und Rangkämpfe zu vermeiden. Bei Männchen kostet das mindestens 100 Euro. Bei Weibchen liegt der Eingriff laut der Tierärztin bei mindestens 250 Euro, weil die Bauchhöhle geöffnet wird. Es wird empfohlen, Kaninchen die Gebärmutter zu entfernen, weil sie sonst dazu neigen, dort Tumore zu entwickeln.

„Allein im ersten Jahr entstehen pro Kaninchen also mindestens 200 Euro an Tierarztkosten“, sagt Pinkernell. „Bei chronischen Erkrankungen können es auch schnell einmal mehrere tausend Euro pro Jahr werden.“ Kaninchen mit Schlappohren neigen etwa zu Ohrentzündungen. Auch Kaninchenschnupfen und besonders Zahnprobleme können hohe Behandlungskosten verursachen.

„Die Tierarztkosten für Kaninchen können also extrem hoch werden“, sagt die Tierärztin. Deshalb sei es sinnvoll, eine Tierkrankenversicherung abzuschließen, bevor das Tier bereits gesundheitliche Probleme hat. Allerdings behalten sich viele Anbieter ein Sonderkündigungsrecht vor und kündigen bei hohen Kosten.

Haltung muss gut überlegt sein

Dennoch rät die Expertin nicht von Kaninchen ab – wohl aber dazu, sich die Haltung gut zu überlegen. „Kaninchen sind faszinierend“, sagt sie. „Aber einfache Haustiere sind sie ganz sicher nicht.“ 

Wer sich aus finanziellen und zeitlichen Gründen gegen Hund oder Katze entscheidet, sollte Kaninchen nicht als Alternative sehen. „Sie erfordern eine bewusste Entscheidung und viel Zeit und Geld – aber dann kann die Haltung ein wunderschönes Hobby sein.“

© dpa-infocom, dpa:250417-930-449067/1


Von dpa
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