VW Transporter, Ford Transit, Mercedes Sprinter, Fiat Ducato und Renault Traffic bekommen Konkurrenz aus Korea. Denn nachdem bislang nur Hyundai ein paar wenige Kleintransporter ins Land geholt hat, geht Kia jetzt im großen Stil das Geschäft mit leichten Nutzfahrzeugen an.
Dafür haben die Koreaner einen eigenen Baukasten für eine ganze Modellfamilie entwickelt und daheim im Korea eine Fabrik aus dem Boden gestampft, in der schon bald 100.000 Autos pro Jahr vom Band laufen sollen - Tendenz steigend.
Zwar soll das Portfolio mittelfristig vom Winzling für die letzte Meile bis zum Maxi reichen, der Nahe an die 7,5 Tonnen kommt. Doch los geht es noch in diesem Jahr in der Mitte des Marktes mit dem PV5. Der zielt direkt auf Bulli & Co. ab.
Wie alle kommenden PV-Modelle ausschließlich mit E-Antrieb zu haben, startet er als Kastenwagen oder Kleinbus in bald schon mehr als einem Dutzend Varianten. Die Preise starten knapp unter 40.000 Euro - und damit ist der PV5 rund ein Drittel günstiger als die Konkurrenz aus Europa. Selbst als Diesel können die Platzhirsche die Kampfansage aus Korea meist kaum kontern.
Trotzdem ist der PV5 keine spartanische Sparbüchse. Im Gegenteil: Er ist nicht nur einer der ersten, die auf einer originär für E-Fahrzeuge entwickelten Plattform aufbauen und deshalb Vorteile bieten wie eine gute Integration der Akkus, eine hohe Zuladung und einen ebenen und obendrein flachen Boden. Sondern vor allem wird bei der Ausstattung nicht gekleckert, sondern geklotzt.
Wenn auch oft gegen Aufpreis, gibt es so zum Beispiel vorn klimatisierbare und hinten zumindest beheizbare Sitze, es gibt eine Abstandsregelung sowie zusätzlich zu den Rückspiegeln eine Kamera. Deren Bild vom rückwärtigen Verkehrsgeschehen wird beim Blinken in den Tacho eingeblendet.
Und es gibt einen großen Touchscreen mit neuer Software, die offen ist für fremde Apps etwa jener Flotten, die den PV5 nutzen.
Dazu hat der Kia ein cooles Design und eine Ergonomie, die den langen Fahr- und Arbeitszeiten in diesem Segment Rechnung trägt: Die Sitze mögen vielleicht nicht den meisten Seitenhalt bieten, sind aber bequem und erleichtern mit ihrer flachen Struktur das häufige Ein- und Aussteigen.
Weil die Seitenfenster bis fast zur Hüfte gehen und weil die Karosseriesäulen ausgesprochen dünn sind, hat man einen guten Rundumblick. Und weil der Fahrersitz oft genug Langzeitarbeitsplatz ist und die Kabine Büro oder gar Lebensraum, gibt es bis in den Fußboden jede Menge Ablagen für alles, was man für ein Leben auf der Straße braucht.
Dabei haben die Koreaner auch den rückwärtigen Raum nicht vergessen. Bei zunächst 4,70 Meter Länge und 3,00 Metern Radstand gibt es einen Kasten mit Schiebe- und großen Flügeltüren, 790 Kilo Nutzlast und 4,4 Kubikmetern Ladevolumen.
Oder man kauft den großzügig verglasten Kleinbus mit klassischer Heckklappe und spielt bei Sitzen oder Bänken für bis zu sieben Personen die Reise nach Jerusalem. Hier wie dort nutzt Kia den Akku auch als Powerbank und stellt den Strom für externe Anwendungen zur Verfügung. Camping-Umbauten sollen damit genauso einfach sein wie etwa der Einsatz von Werkzeugen.
Zuallererst natürlich braucht es den Akku allerdings zum Fahren. Da bietet Kia aktuell zwei Konfigurationen an: Im vorläufigen Basismodell hat der PV5 einen Frontmotor mit 89 kW/122 PS und einen 51,5 kWh großen Akku für bestenfalls 297 Normkilometer. Alternativ kommt der Korea-Bulli mit 120 kW/163 PS, 71,2 kWh und 416 Kilometer Normreichweite. Später ist zur Preiskorrektur nach unten auch ein 43,3 kWh-Akku geplant.
Egal, mit welchem PV5 man unterwegs ist - mehr als 135 km/h sind nicht drin. Sonst müsste er angesichts seines hohen cw-Wertes noch öfter an die Ladesäule und man würde noch schmerzlicher den Unterschied zu Pkw wie dem EV6 spüren: Während der am Wechselstrom (AC) an der Wallbox mit bis zu 22 kW und am Gleichstrom (DC) etwa an der Schnellladesäule mit bestenfalls 258 kW lädt, ist hier schon bei 11 und 150 kW Schluss.
Aber da Lieferwagen ja ohnehin meist im urbanen Raum unterwegs sind, stört man sich am mäßigen Tempo eher selten. Den meisten Anwendern sollte zudem auch die Reichweite für den einen oder andren Arbeitstag genügen. Stattdessen freut man sich an der entspannten Ruhe, die so gar nichts gemein hat mit dem Dröhnen vieler Diesel. Genauso übrigens wie der spontane Antritt: Der garantiert dem PV5 beim Ampelspurt schnell mal ein, zwei Längen Vorsprung und zaubert dem Fahrer immer wieder ein Grinsen ins Gesicht.
Und wo andere am Ende der Fahrt beim Rangieren arg ins Schwitzen kommen, lacht der PV5-Fahrer weiter: Ohne Verbrenner im Bug schlagen die Vorderräder hier weiter ein, der Wendekreis schrumpft und Rangieren wird zum Kinderspiel.
Praktisch, preiswert und dank Elektroantrieb zukunftsfest - so fordert Kia die Konkurrenz bei Handel, Handwerk und Gewerbe mutig heraus. Zumal die Koreaner nicht nur auf die Strahlkraft des einen Autos setzen.
Ihr kleineres Servicenetz kompensieren sie mit einer Sieben-Jahres-Garantie und alternativen Transportbedürfnissen kommen sie bald mit alternativen Autos entgegen. Wenn die PV-Familie mal komplett ist, reicht sie womöglich von 1 bis 9 und bietet mehr Auswahl, als bei jedem anderen Hersteller. Dann können die Konkurrenten womöglich tatsächlich einpacken.Datenblatt: Kia PV5 Bus 7-Sitzer
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