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Veröffentlicht am 25.07.2025 12:52

Korruptionsprozess: Bewährungsstrafe für CSU-Mann gefordert

Bewährungsstrafe - oder Freispruch? Ein Ex-CSU-Abgeordneter steht in München vor Gericht. (Archivbild) (Foto: Matthias Balk/dpa)
Bewährungsstrafe - oder Freispruch? Ein Ex-CSU-Abgeordneter steht in München vor Gericht. (Archivbild) (Foto: Matthias Balk/dpa)
Bewährungsstrafe - oder Freispruch? Ein Ex-CSU-Abgeordneter steht in München vor Gericht. (Archivbild) (Foto: Matthias Balk/dpa)

Im Korruptionsprozess rund um die sogenannte Aserbaidschan-Affäre hat die Anklage eine Bewährungsstrafe von elf Monaten für den früheren CSU-Bundestagsabgeordneten Eduard Lintner gefordert. Nach Überzeugung der Generalstaatsanwaltschaft München hat sich der heute 80-Jährige der Bestechung von Mandatsträgern schuldig gemacht. Die Verteidigung plädierte vor dem Münchner Oberlandesgericht (OLG) dagegen auf Freispruch. Lintner selbst sagte am Ende, er sei sich keiner Straftat bewusst gewesen. Das Urteil will das OLG am kommenden Mittwoch (30. Juli) sprechen.

Aserbaidschan soll sich laut Anklage jahrelang – und das erfolgreich – bemüht haben, Entscheidungen in der Parlamentarischen Versammlung des Europarats (PACE) mit Hilfe von Geldzahlungen zu seinen Gunsten zu beeinflussen. Und zwar teils auch mit Hilfe Lintners, der 33 Jahre lang im Bundestag saß, zeitweise Parlamentarischer Staatssekretär und bis 2010 PACE-Mitglied war.

Lintner hatte im Prozess am Ende die Weiterleitung von aserbaidschanischen Geldzahlungen an eine inzwischen verstorbene CDU-Bundestagsabgeordnete eingeräumt. Diese sollte dafür Entscheidungen im Sinne Aserbaidschans beeinflussen, nachdem Lintner selbst nicht mehr Mitglied des Europarats war. Er selbst verteidigte sich allerdings mit den Worten: „Ich habe das Ganze für die Art von Lobbyismus gehalten, die bis heute praktisch allgegenwärtig ist.“

Wie die Anklage argumentiert

Oberstaatsanwalt Martin Weigl argumentierte in seinem Plädoyer, Lintner habe zwar nicht die Schlüsselrolle innegehabt, sei aber bei der zentralen Vereinbarung zwischen der CDU-Politikerin und der aserbaidschanischen Seite 2014 dabei gewesen und habe sich für „Zuwendungen“ an die Abgeordnete eingesetzt. „Die Tathandlung ist das Versprechen“, betonte Weigl – und schon das Anbieten oder Versprechen eines „ungerechtfertigten Vorteils“ ist strafbar. 

Erste – verschleierte – Zahlungen aus Aserbaidschan an die CDU-Politikerin flossen dann tatsächlich über eine Firma Lintners. Eine entsprechende Absprache habe es „sicher“ gegeben, das hat Lintner selbst eingeräumt. Ein eigens abgeschlossener Beratervertrag mit der Abgeordneten habe die Zahlungen noch weiter verschleiern sollen, argumentierte Weigl. Die ersten Zahlungen sind aber verjährt – in diesem Punkt wurde das Verfahren eingestellt.

Später habe die CDU-Politikerin das Geld dann direkt und bar erhalten, nicht mehr über Lintners Firma – die „Grundabrede“ sei aber weitergegangen, sagte Weigl. Auf deren Grundlage sollen am Ende 122.500 Euro geflossen sein.

Wie die Verteidigung argumentiert

Lintners Verteidiger Martin Reitmaier und Benjamin Hirsch forderten einen Freispruch für ihren Mandanten – und das aus unterschiedlichen Gründen:

Lintner habe bei der Vereinbarung zwischen der CDU-Politikerin und der aserbaidschanischen Seite eine untergeordnete Rolle gespielt, er sei in die Details nicht eingebunden gewesen. Der CSU-Politiker sei in Aserbaidschan damals ohnehin schon ein „Auslaufmodell“ gewesen, sagte Hirsch. Zudem gebe es viele Hinweise, dass die maßgebliche Vereinbarung schon früher getroffen worden und Lintner bei dem zentralen Treffen gar nicht dabei gewesen sei. Und selbst wenn – dann wäre Lintner spätestens 2015 „nachweislich draußen“ gewesen, weil das Geld dann nicht mehr über seine Firma geflossen sei.

Die Frage der Verjährung

All dies ist entscheidend für die Frage, ob die Vorwürfe verjährt sein könnten. Die Verteidigung sagt: ja, weil Lintner 2015 aus dem „Unrechtsgeflecht“ ausgetreten sei. Die Anklage sagt: nein, weil Lintner als „Geldtransporteur“ ausgeschieden sei, die Vereinbarung aber dennoch weitergelaufen sei.

„Politiker vom alten Schlag“

Verteidiger Reitmaier nannte Lintner einen „Politiker vom alten Schlag“, der sich immer für hehre Ziele eingesetzt habe. Zudem verwies er darauf, dass der Bestechungs-Paragraf im Strafgesetzbuch immer wieder verschärft worden sei. Lintner habe seine Tätigkeit als „natürliche Lobbyarbeit“ verstanden. „Das war einfach Usus, das war eine andere Zeit.“ Lintner sei überzeugt gewesen, nichts Böses gemacht zu haben. Reitmaier stellte deshalb – wenn es keinen Freispruch geben sollte – die Frage, ob nicht maximal eine Geldstrafe ausreichend sei.

Verfahren gegen weiteren Ex-Abgeordneten abgetrennt

Neben Lintner waren in dem Prozess zunächst auch der Ex-CDU-Abgeordnete Axel Fischer aus dem Wahlkreis Karlsruhe-Land und zwei weitere Beschuldigte angeklagt. Fischer, dem Bestechlichkeit vorgeworfen wird, hat die Vorwürfe bestritten – wie Lintner anfangs auch. Bis zu einer rechtskräftigen Verurteilung gilt für alle die Unschuldsvermutung.

Nach einer Erkrankung Fischers und einer längeren Unterbrechung wurde das Verfahren gegen ihn abgetrennt – dieses muss später ganz neu starten. Das Verfahren gegen die zwei weiteren Mitbeschuldigten wurde gegen Zahlung von Geldauflagen vorläufig eingestellt.

© dpa-infocom, dpa:250725-930-838916/1


Von dpa
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