Inmitten der Wirtschaftskrise machen sich wieder mehr Menschen in Deutschland selbstständig. Die Zahl der Existenzgründungen stieg 2024 um 17.000 oder drei Prozent auf 585.000, zeigt eine Studie der staatlichen Förderbank KfW. „Der abkühlende Arbeitsmarkt trug dazu bei, dass sich mehr Menschen für eine Gründung entschieden haben“, heißt es. So hätten deutlich mehr Menschen im Nebenerwerb den Sprung in die Selbstständigkeit gewagt.
Zugleich sank das Alter der Gründerinnen und Gründer auf im Schnitt 34,4 Jahre - damit waren sie so jung wie nie. Anfang des Jahrtausends lag das Durchschnittsalter meist bei 37 bis 38 Jahren, so die KfW.
39 Prozent aller Gründerinnen und Gründer waren 2024 demnach 18 bis 29 Jahre alt, ein Höchstwert für diese Alterskohorte. Denn während junge Menschen relativ offen für eine Selbstständigkeit seien, sinke der Anteil älterer Gründer, schreibt die KfW in ihrem Gründungsmonitor, für den sie repräsentativ 50.000 Telefoninterviews und 10.000 Online-Interviews geführt hat.
Die Vorliebe junger Menschen für Gründungen sei ein Lichtblick, schreibt die Förderbank. 36 Prozent der 18- bis 29-Jährigen haben demnach angegeben, dass sie lieber selbstständig als angestellt sein wollen. Auch planten wieder mehr Menschen ein eigenes Unternehmen. „Wir erwarten für 2025 leicht steigende Gründungszahlen“, sagt KfW-Chefvolkswirt Dirk Schumacher.
Gründungen seien wichtig für die Wirtschaft, betont die KfW. Sie erhielten den Mittelstand, sorgten für hohen Wettbewerbsdruck auf etablierte Unternehmen, und brächten Innovationen sowie Jobs. 2024 wurden durch Neugründungen umgerechnet 485.000 Vollzeitarbeitsplätze geschaffen. Zu Gründungen zählt die Bank Menschen, die sich im Voll- oder Nebenerwerb, freiberuflich oder gewerblich, per Neugründung, Beteiligung oder Übernahme selbstständig gemacht haben.
Die steigenden Zahlen dürften aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Neigung für eine Gründung in Deutschland gering sei, sagt Schumacher. Viele scheuten bürokratische Hürden und das finanzielle Risiko - schließlich seien nach drei Jahren 30 Prozent der Gründungen gescheitert. Noch Anfang des Jahrtausends gab es laut KfW fast 1,5 Millionen Existenzgründungen, danach brach die Zahl ein und verlief zuletzt seitwärts.
„Das lag in den vergangenen Jahren sicher auch an der gut laufenden Wirtschaft, die Menschen haben sich für die Sicherheit eines Angestelltenverhältnisses entschieden“, sagt der KfW-Chefvolkswirt. „Das ist eine Mentalitätsfrage.“ Zudem gebe es mit dem demografischen Wandel immer mehr alte Menschen, die traditionell selten eine Gründung in Betracht ziehen. Es gehe aber auch um Bildung: „Mehr Zutrauen bei finanziellen Themen erhöht die Wahrscheinlichkeit zu gründen.“ Daher sei es positiv, dass die neue Regierung unternehmerische Fähigkeiten in der Schule fördern wolle.
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