Die lebensgefährliche Messer-Attacke auf eine Betreuerin in einer Paderborner Jugendpsychiatrie ist während der kurzfristigen Abwesenheit eines Bewachers passiert. Die 13-Jährige habe die Frau angegriffen, als ein Wachmann gerade die Küche verließ, bestätigte die Staatsanwaltschaft Paderborn entsprechende Medienberichte. Der Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) als Betreiber der Einrichtung widersprach am Montag dieser Darstellung.
„Dass der Sicherheitsdienst im Moment der Tat nicht im Raum präsent war, kann ich nicht bestätigen. Mir wurde geschildert, dass ein Mitarbeiter des Sicherheitsdienstes in der Wohnküche war und dann sofort nach der Tat die Patientin bis zum Eintreffen der Polizei fixieren konnte“, sagte Emanuel Wiggerich, Krankenhausdezernent des LWL der Deutschen Presse-Agentur. Wiggerich war am Montag nach Paderborn gefahren, um sich vor Ort ein Bild zu machen.
In der Küche der psychiatrischen Klinik soll am Samstag eine erst 13 Jahre alte Jugendliche eine 24-jährige Betreuerin mit dem Messer angegriffen und lebensgefährlich verletzt haben. Nach einer Notoperation ist die Verletzte inzwischen außer Lebensgefahr.
Nach dpa-Informationen hatte die Polizei wenige Tage zuvor vor solch einer Tat gewarnt. Die Ermittler hatten demnach erfahren, dass die Jugendliche Zugang zu einer Küche bekommen sollte. Daraufhin habe die Polizei die Klinik gewarnt, dass die Messer dort eine Gefahr als mögliche Tatwaffe darstellen. Die Klinik habe aber an ihrem Vorgehen festgehalten.
Hat die Klinik Warnungen der Polizei ignoriert und wird gegen Verantwortliche der Einrichtung ermittelt? Auf diese Frage antwortete die Staatsanwaltschaft lediglich, dass die polizeilichen Ermittlungen zu den Umständen andauerten, unter denen die 13-Jährige an das Küchenmesser gelangt sei. „Auch die Motivlage ist Gegenstand andauernder Prüfung“, hieß es von der Staatsanwaltschaft.
Nach Angaben des Landschaftsverbandes habe das betreuende Team nach mehrwöchiger Begleitung entschieden, die Patientin an gemeinsame Mahlzeiten heranzuführen. Das sei ein normaler Schritt bei erkennbaren Fortschritten von Patienten. „Aus heutiger Sicht muss man insgesamt sagen, dass dies in diesem Fall wohl eine Fehleinschätzung war“, sagte der Krankenhausdezernent.
Scharfe Gegenstände wie Küchenmesser seien in den Wohnküchen verschlossen aufbewahrt. Wie die Patientin an das Messer gekommen sei, könne der LWL im Moment nicht sagen.
„Ich habe am Montag in Paderborn mit vielen Betroffenen gesprochen. Ich bin erleichtert, dass es der verletzten Mitarbeiterin den Umständen entsprechend gut geht“, sagte Wiggerich der dpa. Der LWL biete der verletzten Mitarbeiterin und ihren Angehörigen - ebenso wie dem gesamten Team und den Patientinnen und Patienten - umfassende Hilfe nach dieser Tat an. Dieser Fall sei für den Klinikbetreiber außergewöhnlich, „auch wenn Gewalt gegen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Klinikalltag durchaus vorkommt, aber zum Glück sehr selten mit diesen Konsequenzen.“
Wie mehrere Medien übereinstimmend berichten und der dpa aus Polizeikreisen bestätigt wurde, stand die 13-Jährige bereits seit Monaten als mutmaßlich islamistische Gefährderin im Fokus der Behörden. Von der Staatsanwaltschaft Paderborn und der Polizei Bielefeld gab es zunächst keine weiteren offiziellen Informationen, wie lange das Mädchen bereits überwacht und ob es als mutmaßliche islamistische Gefährderin eingestuft worden war.
Die 13-Jährige wurde zunächst in einer geschlossenen Psychiatrie untergebracht.
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