Angesichts der heftigen russischen Luftangriffe auf die Ukraine signalisieren die USA und ihre Verbündeten Bereitschaft, Kiew weitere Hilfen zur Verfügung zu stellen. Die USA werden nach Angaben von Präsident Donald Trump den Wunsch der Ukraine nach einem zusätzlichen Flugabwehrsystem vom Typ Patriot prüfen. Die in der „Koalition der Willigen“ zusammengeschlossenen Unterstützerstaaten der Ukraine wollen heute in einer Videoschalte über weitere Hilfen beraten. In Rom beginnt heute - unter anderem mit Kanzler Friedrich Merz und dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj - eine Wiederaufbaukonferenz.
Auch in der Nacht zu Donnerstag griff Russland die Ukraine massiv an. Dabei kamen mindestens zwei Menschen ums Leben, weitere 13 wurden verletzt, wie Militärverwaltungschef Tymur Tkatschenko bei Telegram schrieb. Die ukrainische Hauptstadt Kiew wurde nach Angaben eines Reporters der Deutschen Presse-Agentur in mehreren Wellen mit Drohnen und Raketen attackiert. Im Zentrum der Dreimillionenstadt war heftiges Flugabwehrfeuer zu hören. Behördenangaben nach lösten herabstürzende Drohnentrümmer in mehreren Stadtteilen Brände aus. In mehr als der Hälfte des Landes war Luftalarm ausgelöst worden.
In der Nacht zu Mittwoch hatte Russland die Ukraine mit Raketen und einer Rekordzahl an Drohnen angegriffen. Insgesamt wurden ukrainischen Angaben zufolge 728 Drohnen des ursprünglich iranischen Typs Shahed sowie dessen Attrappen Richtung Ukraine gestartet. Der bisherige „Rekord“ an russischen Drohnen in einer Nacht lag bei etwas mehr als 500.
Vor dem Hintergrund der heftigen russischen Angriffe treffen sich US-Außenminister Marco Rubio und sein russischer Kollege Sergej Lawrow heute (12.00 Uhr MESZ/18.00 Uhr Ortszeit) in der malaysischen Hauptstadt Kuala Lumpur. Das geht aus der vom US-Außenministerium veröffentlichten Terminübersicht Rubios hervor. Das Treffen findet am Rande des Außenministertreffens der südostasiatischen Staatengemeinschaft Asean statt. Zum ersten Mal hatten sich Rubio und Lawrow persönlich vor knapp fünf Monaten in der saudischen Hauptstadt Riad getroffen.
Am Dienstag hatte das „Wall Street Journal“ (WSJ) berichtet, dass Trump erwäge, dem Land angesichts der massiven russischen Angriffe ein weiteres Patriot-Waffensystem zu schicken. Auf die Frage, ob er das bestätigen könnte, sagte Trump: „Sie (die Ukrainer) würden es gerne haben. Sie haben darum gebeten.“ Er fügte hinzu: „Wir werden es uns ansehen müssen.“ Es sei ein sehr, sehr teures System.
Die Ukraine benötigt dringend Flugabwehrsysteme vom Typ Patriot, um sich besser vor den ständigen russischen Luft- und Raketenangriffen schützen zu können. Das in den USA hergestellte Patriot-Flugabwehrraketensystem zählt zu den modernsten der Welt.
Sollten sich die USA dafür entscheiden, wäre es das erste Mal, dass Trump die Lieferung eines größeren Waffensystems an Kiew genehmigt, das über die von der Regierung seines Vorgängers Joe Biden genehmigte Anzahl hinausgeht. Trump hatte sich zuletzt verärgert über den russischen Präsidenten Wladimir Putin gezeigt. Die Ukraine verteidigt sich seit mehr als drei Jahren gegen die russische Invasion. Moskaus Militär versucht seit Wochen, die Flugabwehr des Nachbarlandes zu überlasten.
Am Rande der Wiederaufbaukonferenz in Rom soll es eine Videoschalte der sogenannten Koalition der Willigen geben. Merz, der sich zuschalten will, hatte am Mittwoch angekündigt, dass es dabei auch um weitere Unterstützung für die Ukraine zur Verbesserung der Luftverteidigung gehen werde. „Hier stehen insbesondere weitere Systeme der Luftverteidigung zur Entscheidung an, und ich werde da auch entsprechende Angebote machen, die wir aus Deutschland heraus realisieren könnten“, sagte er.
Zu der zweitägigen Wiederaufbaukonferenz auf Einladung von Italiens Ministerpräsidentin Giorgia Meloni haben sich auch EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen (CDU) und der US-Sondergesandte Keith Kellogg angesagt. Dabei soll es insbesondere um Perspektiven für die Ukraine nach einem Kriegsende gehen. Beraten werden soll, wie der Wiederaufbau von zerstörter Infrastruktur wie Straßen, Brücken und Kraftwerken jetzt schon unterstützt werden kann.
Das Treffen in Rom ist keine klassische Geberkonferenz, bei der Geld gesammelt werden soll. Im Mittelpunkt soll eine bessere Vernetzung der Beteiligten aus Politik, Wirtschaft und anderen Bereichen stehen.Deutschland hat der Ukraine seit Kriegsbeginn im Februar 2022 direkte zivile Unterstützung von etwa 34 Milliarden Euro und etwa 38 Milliarden Euro militärische Unterstützung zur Verfügung gestellt. Hinzu kommt der deutsche Anteil an Hilfen der Europäischen Union.
Das Treffen in Rom ist die vierte solche Konferenz. Zuvor gab es schon Begegnungen in der Schweiz und in Großbritannien sowie vor einem Jahr in Berlin.
Selenskyj hatte Kellogg bereits am Mittwoch getroffen. Angesichts der zunehmenden russischen Angriffe habe man über Waffenlieferungen und die Stärkung der Luftverteidigung diskutiert, teilte Selenskyj auf der Plattform X mit. Zudem hätten sie über den Kauf amerikanischer Waffe und die gemeinsame Herstellung von Verteidigungsgütern gesprochen.
© dpa-infocom, dpa:250710-930-779642/5