Der Bildungsforscher Klaus Zierer warnt vor dem Einsatz von KI in den Schulen. „ChatGPT & Co. haben in der Schule keinen Platz“, sagt der Ordinarius für Schulpädagogik der Universität Augsburg. Das Ziel von Schule sei, dass der Mensch das Denken lerne und sich bilde. „Es nützt ihm nichts, wenn der Rechner die an ihn gestellten Denkaufgaben in Sekundenschnelle erfüllt und ihm Stunden später außer der Lösung nichts mehr bleibt.“ Zierer verweist auf eine neue Studie des Massachusetts Institute of Technology in den USA, wonach das Gehirn bei zu viel KI-Nutzung verkümmere.
Die Technik könne Hausaufgaben übernehmen, Aufsätze unnötig machen, Kopfrechnen sowie das Übersetzen in Fremdsprachen ersetzen. „Nicht nur, dass der Mensch so nichts mehr weiß und kann, er entwickelt seine Persönlichkeit auch nicht weiter“, meint Zierer.
Mittlerweile gibt es eine spezielle KI-Software für Schulen in Deutschland. Bremen ist nach eigenen Angaben das erste Bundesland, das dieses Programm namens Telli im Unterricht einsetzt. Die Software wird von dem Institut FWU in Grünwald bei München entwickelt. FWU ist das Medieninstitut der Bundesländer.
Zierer zählt zu den bekanntesten Erziehungswissenschaftlern in Deutschland. Er warnt schon lange vor zu viel Technik im Klassenraum. Nach Zierers Überzeugung ist gute Bildung hauptsächlich von den Lehrerinnen und Lehrern und weniger von modernen Geräten abhängig.
In der Diskussion um Smartphones in den Klassen unterstützt Zierer Bundesbildungsministerin Karin Prien (CDU). Diese hatte ein Verbot der Nutzung von Handys an Grundschulen verlangt. „Private Endgeräte haben in Schulen nichts verloren“, sagt auch Zierer. Die Ergebnisse der empirischen Bildungsforschung stützten den Vorstoß zum Mobiltelefon-Verbot. Es stehe „völlig außer Frage, dass private Endgeräte Bildungskiller sind, weil sie zu sehr ablenken und zu viel Aufmerksamkeit auf Unwesentliches lenken“. Wichtig sei, dass dann auch die Lehrkräfte auf das Telefon verzichteten.
Ferner verlangte Zierer einen Schutz der Schüler und Schülerinnen vor sozialen Medien. „Sie können allein aufgrund ihrer neurologischen Entwicklung die damit verbundenen Gefahren nicht meistern, und übrigens auch viele Erwachsene nicht.“
Bei den Plänen zur Versorgung aller Schüler mit einem Tablet betonte Zierer erneut, dass dies aus seiner Sicht nicht sinnvoll sein. „Eine 1:1 Tabletausstattung ist pädagogischer Unsinn“, betonte er. Verschiedene Länder hätten dies auch bereits erkannt.
Die Forschung belege, dass Lesen und Schreiben in der Phase des Kompetenzerwerbes bildungswirksamer sei, wenn mit analogen Medien gearbeitet werde. „Das soll nicht gegen eine Digitalisierung des Schulsystems sprechen. Aber eine 1:1 Tabletausstattung schießt über das Ziel hinaus.“
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