Neben dem Beruf selbstständig zu arbeiten, scheint für viele reizvoll. So verzeichnet der aktuelle KfW-Gründungsmonitor für das Jahr 2024 einen Anstieg bei Nebenerwerbsgründungen um fünf Prozent gegenüber 2023. Insgesamt 382.000 Gründerinnen und Gründer gingen den Zahlen der staatlichen Förderbank zufolge 2024 diesen Weg.
Eine Selbstständigkeit neben der hauptberuflichen Festanstellung, dem Studium oder der Rente verspricht mitunter mehr Unabhängigkeit, mehr Selbstverwirklichung und kann ein weiteres finanzielles Standbein werden. Doch wer im Nebenerwerb gründet, muss rechtlich einiges beachten. Die wichtigsten Fragen und Antworten.
In Deutschland gilt die Berufsfreiheit: „Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen“, heißt es in Artikel 12 des Grundgesetzes. Doch es gibt Einschränkungen: Die Berufsausübung könne durch Gesetze geregelt werden, erklärt Peter Meyer, Fachanwalt für Arbeitsrecht aus Berlin.
In manchen Berufen hängt die Selbstständigkeit von bestimmten Qualifikationen ab – etwa bei Steuerberatern, Anwälten, Ärzten oder Hebammen. Im Handwerk ist der Meisterbrief oft Voraussetzung. „Informieren Sie sich vorab über Zulassungsregeln in Ihrer Branche“, rät Meyer, der auch Mitglied des Geschäftsführenden Ausschusses der Arbeitsgemeinschaft Arbeitsrecht im Deutschen Anwaltverein (DAV) ist.
Viele Arbeitsverträge enthalten Klauseln zu Nebentätigkeiten. Ein generelles Verbot ist jedoch unzulässig. „Solche Klauseln sind unwirksam“, so Meyer. Der Arbeitgeber darf eine Nebentätigkeit nur verbieten, wenn er ein berechtigtes Interesse hat – etwa bei Konkurrenz zum Hauptjob.
Auch eine zu große Belastung durch die Selbstständigkeit kann ein Grund sein. Zwar gelten die gesetzlichen Arbeits- und Ruhezeiten nicht für die selbstständige Tätigkeit. Meyer aber warnt: Der Arbeitgeber kann die Genehmigung widerrufen. Denkbar ist das dem Fachanwalt zufolge etwa, wenn die Leistung im Hauptjob aufgrund einer „zeitintensiven, parallelen selbstständigen Tätigkeit“ nachlässt.
Mit der Selbstständigkeit gehen Meldepflichten und Pflichtmitgliedschaften einher, erklärt Meyer:
Ja, Selbstständige müssen sich bei der Berufsgenossenschaft (BG) melden. Das gilt nach Angaben der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV) für Gewerbetreibende wie auch für Freiberufler. Gewerbetreibende meldet das Gewerbeamt automatisch an, Freiberufler müssen dies selbst übernehmen.
BG-Beiträge werden in den meisten Fällen erst ab dem ersten Mitarbeiter fällig. Für Unternehmer selbst besteht nur in wenigen Berufen eine Versicherungspflicht, etwa als Friseur, Physiotherapeut oder Logopäde.
Wer neben der abhängigen Beschäftigung eine selbstständige Tätigkeit anmeldet, kann trotzdem weiterhin über das Haupt-Arbeitsverhältnis in der gesetzlichen Kranken-, Pflege- oder Rentenversicherung pflichtversichert sein.
Selbstständige im Nebenerwerb müssen sich in dem Fall nicht um Kranken-, Pflege- oder Rentenversicherung kümmern. „Der Hauptberuf deckt diese Bereiche zunächst ab“, sagt Steuerberaterin Alison Siefert, die Vorstandsmitglied der Steuerberaterkammer Niedersachsen ist.
Erst wenn Arbeitszeit und Gewinn den Hauptberuf übersteigen, ist eine Kranken- und Pflegeversicherung nötig. Renten- und Arbeitslosenversicherung bleiben hingegen meist freiwillig. Sicherheit schafft in dieser Frage jedoch nur ein sogenanntes Statusfeststellungsverfahren der Rentenversicherung Bund, so Siefert.
Einkünfte aus der Selbstständigkeit sind steuerpflichtig:
Selbstständige müssen zudem Buch führen und dem Finanzamt jährlich einen Jahresabschluss oder eine Gewinnermittlung vorlegen. Im Nebenerwerb genügt meist eine einfache Buchführung mit Einnahmenüberschussrechnung. Erst ab 80.000 Euro Gewinn oder 800.000 Euro Umsatz sind eine doppelte Buchführung und eine Bilanz Pflicht.
Selbstständige unterliegen denselben rechtlichen Pflichten wie andere Unternehmen, betont Siefert. Dazu gehören zum Beispiel der Datenschutz und die Impressumspflicht auf der Website. Je nach Branche können weitere Vorschriften hinzukommen, etwa Sicherungspflichten auf Baustellen für Handwerker.
Siefert empfiehlt, die kostenlose Gründungsberatung der Industrie- und Handelskammer oder der Handwerkskammer zu nutzen. „Die Berater haben einen guten Überblick und können viele Fragen im Detail beantworten.“
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