Es ist das im Moment am heißesten diskutierte Thema in der Bildungspolitik: Haben Smartphones an Schulen etwas zu suchen oder nicht? Zuletzt wurde darüber in Sachsen sogar bei einem „Handygipfel“ im Beisein von Bundesbildungsministerin Karin Prien beraten.
Die CDU-Politikerin stellt an diesem Donnerstag in Berlin eine Expertenkommission vor, die sich ganz umfassend mit Kinder- und Jugendschutz im Netz beschäftigen soll. Das berührt mindestens indirekt auch das Schulthema.
Bildung ist Ländersache, daher regeln die Bundesländer die Frage der Handynutzung an Schulen selbst. Einige haben strenge Regeln und Verbote eingeführt, andere vertrauen auf die Eigenverantwortung der Schulen. Tendenziell gibt es am meisten Zustimmung dafür, Handys zumindest aus Grundschulen zu verbannen. In der gesamten Debatte werden immer wieder verschiedene Pro- und Contra-Argumente angeführt:
Die viel diskutierte Smartphone-in-der-Schule-Frage berührt also ein ganzes Themengeflecht von Kinder- und Jugendschutz, über Unterrichtsgestaltung, soziale Interaktion und Medienkompetenz bis hin zur Gesundheit.
Die nationale Akademie der Wissenschaften Leopoldina empfiehlt in einem im August veröffentlichten Papier, die Nutzung von Smartphones in Schulen bis einschließlich Klasse 10 zu untersagen. Die Wissenschaftler plädieren generell für einen Kurs der Vorsicht (Vorsorgeprinzip), solange die Frage, ob es eine ursächliche Beziehung zwischen dem Gebrauch sozialer Medien und der psychischen Gesundheit von Kindern und Jugendlichen gibt, noch nicht wirklich geklärt ist.
Verbände der Kinder- und Jugendmedizin, der Suchtforschung, der Psychologie und die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung empfehlen in einer gemeinsamen Leitlinie, dass Kinder frühestens ab 9 oder besser frühestens ab 12 ein eigenes Smartphone bekommen sollen und dann auch nur mit eingeschränktem Internetzugang. 12- bis 16-Jährige sollten demnach maximal 1-2 Stunden Bildschirmzeit pro Tag haben, ebenfalls mit beschränktem Internetzugang. Dies stärkt denen den Rücken, die sich für ein Handyverbot zumindest an Grundschulen und für abgestufte Regelungen nach Alter aussprechen.
Klaus Zierer und Tobias Böttger vom Lehrstuhl für Schulpädagogik an der Universität Augsburg kommen in einer im vergangenen Jahr veröffentlichten Studie zu dem Schluss, dass Verbote in Schulen einen messbaren Effekt auf das soziale Wohlbefinden von Schülerinnen und Schülern haben. Dafür wurden Untersuchungen aus Norwegen, Spanien, Tschechien, England und Schweden ausgewertet. Smartphones verschlechterten das soziale Klima in Schulen, indem sie zwischenmenschliche Konflikte befeuerten, sagte Böttger.
Schulen, die eine „Das Handy bleibt in der Tasche“-Politik verfolgen, dürften sich durch eine Studie der Universität Paderborn von 2023 bestätigt fühlen. Demnach lenken Smartphones auch ab, wenn sie nur ausgeschaltet auf dem Tisch liegen. Zudem gebe es einen negativen Einfluss auf die Arbeitsgeschwindigkeit und die kognitive Leistungsfähigkeit.
Die Industriestaatenorganisation OECD rät zu einem verantwortungsbewussten Umgang mit digitalen Geräten wie Mobiltelefonen im Unterricht. OECD-Bildungsdirektor Andreas Schleicher betonte Anfang des Jahres, ein korrekter Einsatz könne das individuelle Lernen verbessern und es spannender und effektiver machen. Es müsse aber sichergestellt sein, dass die Technik als bereicherndes Hilfsmittel genutzt werde und nicht zur Ablenkung.
Matthias Begenat vom Center for Advanced Internet Studies in Bochum machte in einer Anhörung zum Einfluss von Medien auf die Gesundheit von Kindern im nordrhein-westfälischen Landtag auch auf positive Effekte von Gaming und Social Media aufmerksam. Er nannte eine „potenzielle Stärkung des logischen Denkvermögens, die Fähigkeit zur Problemlösung oder auch die Entwicklung von sozialen Kompetenzen wie Teamwork und Empathie“.
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